Die Nacht war kurz und ich hatte kaum geschlafen. Das Gepäck war schnell gepackt und das Taxi stand pünktlich vor der Tür. Am Flughafen war schon jede Menge los. Anscheinend waren viele Pilger schon so früh auf dem Heimweg. Da der Check Inn noch nicht geöffnet hatte machten wir ein gemeinsames Frühstück und gaben anschließend unser Gepäck auf. Im Warteraum trafen mittlerweile auch einige bekannte Gesichter ein. Unter ihnen auch Martin. Die Zeit verging relativ schnell und schon saß man im Flieger. Am frühen vormittag landeten wir am Flughafen und checkten aus. Werner verabschiedete sich schnell und emotionslos von mir und hatte es eilig. Schon etwas seltsam, waren wir doch eine ziemlich lange Zeit miteinender unterwegs. Aber ich denke Werner ist nicht der emotionale Typ. Die Eltern von Dominik warteten schon auf uns. Besonders seine Mutter war froh ihren Sohn wieder zu haben. Kurzentschlossen nahmen sie neben mir auch noch Martin mit nach Würzburg. Martin kam aus Bad Kissingen. Es war zwar zu fünft etwas eng im Auto aber wir waren froh so schnell nach Hause zu kommen. In Würzburg bedankte ich mich bei Dominik und seinen Eltern für das mitnehmen. Wir verabschiedeten uns voneinander mit dem Versprechen in Kontakt zu bleiben. In Würzburg buchte ich eine Fahrkarte nach Kronach. Am späten Nachmittag kam ich in Kronach an. Heike holte mich vom Bahnhof ab und wir freuten uns einander wieder zu sehen. Dankbar umarmten wir uns. Ich hatte so viel zu erzählen. Ich wollte die Reise so schnell wie möglich erzählen und überschlug mich fast dabei. Der Alltag hatte einen schnell wieder im Griff. Ich brauchte aber fast 2 Wochen um in diesem wieder an zu kommen. Dankbar und mit vielen Erinnerungen und Begegnungen im Herzen endete mein Camino Frances. So Gott will und ich gesund bleibe, wird mein Camino eines Tages weitergehen. Ein weiteres Rendezvous mit der Seele des Camino wartet dann wieder auf mich. Nichts ist Zufall.
Auch heute suchte ich noch einmal in aller frühe die Kathedrale auf um diese durch die heilige Pforte zu betreten. Natürlich führte mich der Weg an das Grab des Apostels um dort in Stille und Gebet etwas zu verweilen. Danach besuchte ich noch einmal die deutsche Pilgermesse in San Fiz. Heute war es noch krasser und ich war regelrecht erschrocken. Es hatten sich gerade 3 deutschsprachige Pilger zur Messe eingefunden. War das zur Normalität geworden? Die Pilgerleitung bestätigte mir dies. Wahnsinn, so viele deutschsprachige Pilger hier in Santiago und in der Messe nur 3 Pilger. Aber auch wo nur 2 oder 3 in seinem Namen versammelt sind ist er mitten unter uns. Ich war froh das ich nochmal dort sein konnte. Leider gab es für die abreisenden Pilger keinen Pilgersegen. Zusammen mit dem Pfarrer machte ich mich auf den Weg zurück in die Herberge um dort zu frühstücken. Claudia aus Darmstadt, die ich einige Etappen vor Santiago kennenlernte, setzte sich zu uns und wir hatten noch eine schöne Unterhaltung. Danach kaufte ich noch einige Geschenke im Klosterladen für die daheimgebliebenen. Hier gab es reichlich Auswahl. Jetzt hies es auch schon das Zimmer räumen und auszuchecken. Den Rucksack konnte man im Gepäckraum noch deponieren. Die Mittagsmesse in der Kathedrale sollte den kirchlichen Abschluss meiner Pilgerreise bilden. Noch einmal die Athmosphäre aufsaugen, in die Gesichter der Pilger zu blicken. Das große Weihrauchfass noch mal über den Kopf schwenken lassen. Immer wieder ein besonderes Erlebnis, auch wenn ich jetzt schon mittlerweile 4 mal in Santiago angekommen bin. Dankbar und voller Erinnerungen verließ ich die Kathedrale mit voller Vorfreude auf daheim. Ich war ja mittlerweile mehr als 6 Wochen unterwegs. Martin war auch in der Kathedrale und erzählte mir das er den gleichen Flug wie ich gebucht hatte. Auch Dominik aus Würzburg hatte den gleichen Flug wie ich nach Frankfurt/Hahn gebucht. Da sein Vater und seine Mutter ihn am Flughafen abholen wollten, bot er mir an, das ich bis Würzburg mitfahren könnte. Am Tag vorher hatte ich mit ihm vereinbart, das wir uns ein Zimmer in der Nähe des Flughafens nehmen würden, da unser Flug bereits früh um 6.00 Uhr ging. Er war heute noch nicht in Santiago und verbrachte die Nacht in Finisterre. Wir wollten uns später am Busbahnhof treffen um gemeinsam zur Übernachtung in der Nähe des Flughafens zu fahren. Werner hatte zwischenzeitlich auch den Flug nach Frankfurt/Hahn gebucht und wollte sich uns anschließen. Auch buchte er noch die gleiche Übernachtung wie wir. Am späten Nachmittag holten wir unsere Rucksäcke aus der Gepäckaufbewahrung ab und gingen nochmals zur Kathedrale um Abschied zu nehmen. Es kam schon etwas Wehmut auf. Wird man irgendwann zurückkehren nach Santiago? Da wir noch etwas Zeit hatten bis Dominik mit dem Bus aus Finisterre kam setzten wir uns in eine Bar in der Nähe des Busbahnhofes und beobachteten die vorbeilaufenden Pilger. Nachdem Dominik ankam fuhren wir gemeinsam mit dem Bus nach Lavacollo zu einer kleinen Pilgerherberge. Von dort hatten wir eigentlich vor zu Fuß am frühen morgen zum Flughafen zu laufen. Aber irgendwie hatte keiner von uns Lust zu laufen und wir beschlossen ein Taxi zu ordern. Die Hospitalera bestellte für uns das Taxi auf den nächsten morgen. Nach dem einchecken hatten wir ordentlich Hunger. In der Herberge gab es leider nichts und so mussten wir eine ganz schön lange Strecke zu Fuß zurücklegen zu einer kleinen Bar. Irgendwie hatte man das Gefühl, man wollte nicht mehr laufen seid man kein Pilger mehr war. Lange saßen wir noch zusammen um auf den Weg zurück zu blicken. Müde gingen wir schlafen.
Auch heute konnte man nicht ausschlafen. Werner und ich hatten uns für eine Busfahrt nach Muxia und Finisterre angemeldet. Diesmal wollte ich nicht zu Fuß dorthin. Der Pilgerweg endet ja an der Kathedrale in Santiago. Ab da ist man Tourist bzw. Wanderer. Ich war ja zusammen mit Edgar 2017 zu Fuß nach Muxia und Finisterre gegangen. Einmal muss man das mal gemacht haben. Werner der ja zum ersten mal auf dem Jakobsweg war hätte ja die Zeit gehabt, aber er wollte es auch nicht. Nach einem ausgiebigen Frühstück suchten wir die Bushaltestelle. Dort hatten sich schon sehr viele Leute für diesen ganztägigen Ausflug eingefunden. Viele gingen anscheinend nicht zu Fuß dorthin. Nach einigen Zwischenstopps kamen wir schließlich in Muxia an. 2017 war dort an der Kirche Maria de Barca noch ein idyllischer Ort. Wir konnten damals alleine auf den Felsen sitzen etwas Essen und dabei Wein trinken. Heute 5 Jahre später war dort geschäftiges Treiben. Souvenirstände und viele Bustouristen bevölkerten diesen Ort. Der Ort hatte dadurch sein Flair von damals verloren. Der Aufenthalt dort war auch nicht sehr lange und anschließend ging die Fahrt weite nach Finisterre. Dort konnte man in einer der Restaurants Mittagessen. Natürlich musste man hier am Meer Fisch essen. Danach wurden wir mit dem Bus bis oben an den Leuchtturm gefahren. Ab und an sah man am Straßenrand einzelne Pilger laufen. Oben am Kap angekommen war ich ziemlich erschrocken. Alles voll mit Touristen. Viele Souvenirläden und geschäftiges Treiben. Kein Vergleich mit dem Ort von 2007 und 2017. Da konnte man noch locker zum 0 Km Stein laufen, in Ruhe ein Foto machen und sich einen einsamen Platz auf den Felsen suchen. Daran war heute leider nicht zu denken. Doch irgendwie fand ich doch einen einsamen Platz auf den Felsen. Man musste nur etwas weiter auf den Felsen hinunter steigen, wohin sich viel nicht trauten. Beim Blick auf das Meer kamen viele Erinnerungen an den Weg. Das Wetter konnte nicht besser sein. Sonne und blauer Himmel. Bislang war ich noch nie bei schlechten Wetter am Ende der Welt. Leider konnte man nicht allzu lange hier bleiben, denn der Zeitplan war relativ eng gestrickt. Auf dem Rückweg zum Bus machte Werner noch ein Foto von mir an der gleichen Stelle mit der gleichen Pose wie vor 5 Jahren. Beim Vergleich der beiden Fotos war aber diesmal ein erheblicher Unterschied zu sehen. Es ist halt doch ein Unterschied ob man zu Fuß oder mit dem Bus dorthin geht. Am 0 Km Stein stellten wir uns etwas an um ein Foto von uns mit dem Pilgerpass zu machen. Gleich waren wir von Touristen umringt die meinen umfangreichen Pilgerpass bewunderten. Eine Frau wollte ein Foto davon machen. Zuerst dachte ich sie will mit mir und dem Pilgerpass ein Foto machen, aber sie wollte nur meinem Pilgerpass um ihn für sich als Fotomotiv zu verwenden. Der Kommerz hatte hier wieder mal voll zugeschlagen. Nach einem weiteren Zwischenstopp ging es die Küste entlang zurück nach Santiago. Dort kamen wir am späten Nachmittag an. Ich schrieb Petra und Oliver und fragte, ob wir uns noch auf einen Kaffee treffen wollen. Leider waren sie bereits in Düsseldorf am Flughafen. Schade, mit ihnen hätte ich mich gerne nochmal unterhalten. Irgendwie hatte es die letzten Tage einfach nicht geklappt. Terri und Scott hatten mittlerweile geschrieben, das sie am nächsten Tag ihre Heimreise in die USA antreten. Wir verabredeten uns zum Abendessen im San Martin Pinario. Ein emotionaler Abschied. Wir hatten einander in diesen Wochen auf dem Camino ins Herz geschlossen und versprachen trotz der Entfernung in Kontakt zu bleiben. Nach dem Essen machte ich noch einen Spaziergang durch die Gassen von Santiago um das Flair an diesem herrlichen Herbstabend noch etwas zu genießen. Mit einem Eis ließ ich den Abend ausklingen.
Heute hieß es früh aufstehen, denn um 8.00 Uhr war die deutsche Pilgermesse wie jeden Tag in der kleinen Kirche San Fiz. Hier wollte ich natürlich dabei sein und war schon gespannt wie viele deutschsprachige Pilger diesmal an der Messe teilnehmen würden. Die deutsche Pilgerseelsorge macht ja jeden Tag vor der Messe am Mittag in der Kathedrale Werbung für ihre Angebote. Da ist die Messe am Morgen, die Begegnung für die neu ankommenden im Pilgerzentrum und auch die Führung am Abend rund um die Kathedrale. Zuvor ging ich aber schon um 7.00 Uhr zur Kathedrale an die Heilige Pforte um so früh wie möglich hinein zu gehen. Ich musste sogar noch etwas warten bis der Securitymitarbeiter auf machte. Ein besonderer Moment für mich, ich war der erste Pilger, der an diesem Morgen die Kathedrale betrat. So konnte ich in Ruhe am Grab des Apostels verweilen. Nun noch zur Messe nach San Fiz. Man brauchte dorthin ca. 10 Minuten. Dort hatten sich an diesem Tag um die 15 Pilger eingefunden um die Messe zu feiern. Für mich immer wieder ein besonderes Erlebnis. Aber eigentlich eine enttäuschende Anzahl, denn man muss bedenken das jeden Tag eine große Menge deutschsprachige Pilger hier ankommt. Der Besuch der Messe ist vielen leider nicht mehr wichtig. Nach der Messe gingen wir zusammen mit den beiden Betreuerinnen und dem Pfarrer ins San Martin Pinario zum frühstücken. Die Betreuer und der Pfarrer wohnen während ihrer Zeit dort. Im Gegensatz zu den einfachen Zimmern für die Pilger wohnen sie etwas bequemer in den Touristenzimmern. Das Frühstücksbuffet ließ keine Wünsche offen und war zudem im Preis für das Pilgerzimmer beinhaltet. Wir saßen ziemlich lange beim Frühstück, unterhielten uns ausgiebig über das Pilgern und die sehr wenigen Besucher der deutschen Pilgermesse. Anschließend führte der Weg mich zum Pilgerbüro, denn heute war es auch Zeit für mich die Pilgerurkunde zu holen. Am Pilgerbüro war kaum etwas los und so hatte ich innerhalb von 30 Minuten die Urkunde. Im Garten war auch eine Betreuerin der Pilgerseelsorge und machte dankenswerterweise ein Foto im Garten. Vor dem Pilgerbüro traf ich Lelia und ihre Mutter. Für sie war es der letzte Tag heute vor ihrem Rückflug. Wir verabredeten uns auf einen letzten Kaffee zum Abschied. Das Wetter war wie gestern ein Traum. Sonne und blauer Himmel und gar nicht so passend zum Abschied nehmen. Für Lelia, meinem Caminoengel hatte ich ein kleines Geschenk vorbereitet. Ein Freundschaftsband mit dem Aufdruck von Muschel und Pfeil. Dazu nochmal eine Spruchkarte als Geschenk. Es war eine Freundschaft entstanden in der Hoffnung miteinander in Kontakt zu bleiben. Dies ist nur auf dem Camino möglich. In der Stadt traf man immer mal wieder bekannte Pilgergesichter. Man begrüßte sich und freute sich, das man sich wieder getroffen hatte. Manchmal hatte man sich schon ein paar Wochen nicht mehr getroffen. So war es auch bei Uschi. Sie hatte ich das letzte mal bei Estella gesehen. Sie war auch ziemlich schnellen Schrittes unterwegs. Aber hier in Santiago trafen wir uns wieder. Es war ein herzliches wiedersehen und wir verabredeten uns für den Nachmittag auf einen Kaffee. So schön sie wieder zu treffen. Irgendwie lagen wir auf der gleichen Wellenlänge. So schade, das sie so schnell unterwegs war und wir uns dadurch erst wieder hier in Santiago trafen. Leider machte sie sich auch heute auf den Weg nach Hause. Aber wir tauschten unsere Telefonnummern aus um in Kontakt zu bleiben. Mittlerweile hatte ich richtig Hunger und beschloss im San Martin Pinario zu Essen. Hier gab es nicht nur für die Gäste des Hauses Mittag und Abendessen. Es war immer ein üppiges und sehr gutes 3 Gänge Menü. Dazu gab es immer eine Flasche Wein. Da ich diesmal alleine Essen war hatte ich ganz schön zu kämpfen mit dem Wein. Auf diesem Camino trank ich kaum Rotwein. Irgendwie mochte ich keinen Rotwein mehr und bevorzugte mittlerweile Weißwein. Wahrscheinlich hatte ich mein Lebenskontigent an Rotwein im Laufe der Caminos schon verbraucht. Der Tag verging im Fluge und es stand ja noch der Rundgang der deutschen Pilgerseelsorge rund um die Kathedrale an. Hier hatten sich schon viele Pilger eingefunden um allerhand wissenswertes von den Betreuern zu erfahren. Ich war schon das dritte mal dabei, aber immer wieder gibt es neues zu entdecken und erfahren. Im Anschluß besuchten wir noch die Pilgermesse die mittlerweile nicht nur um 12.00 Uhr statt findet sondern auch um 10.00 Uhr und 19.00 Uhr. Allerdings war Abends der Andrang nicht ganz so groß wie Mittags, dennoch musste man auch schon etwas ehr da sein, wenn man einen Sitzplatz haben wollte. Den Tag ließ ich auf dem Obreidero ausklingen. An einer der Ecken rund um die Kathedrale spielte eine Band und es war schön ihnen zuzuhören. Es war alles auch nicht so aufdringlich wie 2019, als noch sehr viele Gaukler rund um die Kathedrale diesen Heiligen Ort in ein Tollhaus verwandelten. Dies wurde anscheinend von der Kirche unterbunden. Santiago sollte nicht der christliche Ballermann werden. Ein langer und ereignisreicher Tag ging zu Ende. Müde und zufrieden fiel man ins Bett.
Nach einer ruhigen Nacht stand ich um 5.00 Uhr auf und packte in der Dunkelheit meine Sachen zusammen um mich draußen im Flur anzuziehen, denn die anderen Pilger schliefen noch. Werner wollte sich eigentlich nicht in der Dunkelheit auf den Weg machen, da er Santiago bei Tageslicht sehen wollte. Aber er stand dann trotzdem mit mir auf um mit mir zusammen nach Santiago zu gehen. Wir waren ja einen großen Teil des Weges zusammen unterwegs. Mit der Taschenlampe suchten wir nach den Pfeilen. Wir waren nicht die einzigen die zu dieser Uhrzeit unterwegs waren. Von weiten sah man schon die Lichter der Stadt. Es waren ja nur wenige Kilometer von Monte de Gozo nach Santiago. Nach kurzer Zeit erreichten wir bereits den Stadtrand wo dieser berühmte Schriftzug steht. Nach einer Weile kommt dann ein weiteres Pilgerdenkmal. Dort trafen wir auf Lelia und ihre Mutter. Wir freuten uns einander zu sehen und schon waren die beiden weg. Sie waren wie immer schnell unterwegs. Teilweise fielen einem die Schritte schon schwer auf den unebenen Gehwegen der Stadt. Schritt für Schritt ging es dem Ziel entgegen. Kurz vor der Ankunft an der Kathedrale trafen wir auf eine Frau der deutschen Pilgerbetreuung die gerade auf dem Weg nach San Fiz zur deutschen Pilgermesse war. Sie wollte uns gleich mitnehmen aber unser Weg sollte uns erst zur Kathedrale führen. Unten am Obreidero, dem großen Platz vor der Kathedrale, angekommen erlebten wir eine große Überraschung. Terri und Scott, Dominik und Jana waren gekommen um uns an diesem Morgen hier zu empfangen. Auch Lelia, ihre Mutter und Magdalena die vor uns angekommen waren wurden von ihnen empfangen. Wahnsinn, sie wussten das wir ganz früh am Morgen ankommen würden und waren extra früh aufgestanden um uns hier zu empfangen. Mit Tränen in den Augen lagen wir uns alle in den Armen. Eine Pilgergemeinschaft die sich bereits in Orisson kennengelernt hatte kam gemeinsam am Ziel an. Mehr Emotionen geht nicht. Diesen Zusammenhalt nach so kurzer Zeit des Kennenlernens erlebt man nirgens so wie auf dem Camino. Ich war ja nun bereits zum vierten Mal hier auf dem Obreidero angekommen und jedes mal früh am Morgen. Es ist immer wieder eine emotionales Ereignis , wenn auch immer etwas verschieden, hier an diesem Platz nach einem langen Pilgerweg anzukommen. Eigentlich sollte der nächste Weg in die Kathedrale führen zum Grab des Apostels, aber leider darf man mit Rucksack nicht in die Kathedrale. Zum Glück hatte ich ja das Zimmer im benachbarten Seminario San Martin Pinario gebucht. Dort konnte man seinen Rucksack abgeben und auf schnellsten Weg zurück. Viele Pilger stellten sich bereits am hinteren Eingang der Kathedrale an was in diesem Jahr komplett falsch war. Denn die Heilige Pforte war in diesem Jahr geöffnet, da das Heilige Jahr, das immer gefeiert wird wenn der Gedenktag des Heiligen Jakobus auf einen Sonntag fällt. Das Heilige Jahr das eigentlich 2021 stattfinden sollte wurde aufgrund von Corona um ein Jahr verlängert. Und immer wenn diese Pforte geöffnet ist sollte man die Kathedrale durch diesn Eingang betreten. Offensichtlich wussten das viele nicht, denn an der Heiligen Pforte die um die Ecke lag waren nur sehr wenige Pilger. Zum Glück war es noch früh am Morgen und es waren noch kaum Touristen da. So konnte man fast alleine sein am Grab des Apostels das unter der Krypta liegt. Hier konnte man seinen Gefühlen freien Lauf lassen, Beten und Dankbar sein für sein Leben und für diesen Weg den man gehen durfte. Es wird immer etwas besonderes sein hier nach einer langen Pilgerreise anzukommen. Nach und nach füllte sich nun die Kathedrale mit Pilgern und noch mehr Touristen. Dann gibt es kaum noch die Möglichkeit in Ruhe am Grab des Apostels zu sein. Im Seminario San Martin Pinario konnten Werner und ich nun einchecken. Unser Pilgerzimmer war sehr einfach, ohne Luxus und unter dem Dach. Aber es reicht für einen Pilger, denn die Lage ist einfach genial. Anschließend machten wir uns auf den Weg um irgendwo etwas zu frühstücken. Es trafen immer mehr bekannte Pilger ein und man umarmte sich wenn man einander in der Stadt traf. Mit Dominik gingen wir dann frühstücken. Die Zeit verging wirklich schnell und um 12 Uhr sollte ja wie jeden Tag die Pilgermesse sein. Dazu musste man wenigstens eine Stunde vorher dort sein um einen Sitzplatz zu haben. Man sah viele bekannte Gesichter und man grüßte einander mit einem Nicken oder einen Winken. Die Messe war wie immer beeindruckend. Viele warteten auf das Weihrauchfass was auch an diesem Tag geschwenkt wurde. Nach der Messe traf ich auch auf wieder auf Martin. Ihn hatte ich einige Tage schon nicht mehr gesehen und wir freuten uns einander wieder zu sehen. In der Unterkunft gab es ein großes Restaurant, wo man zu annehmbaren Preisen lecker speisen konnte. Dazu gab es jedes mal eine Flasche Rotwein. Hier saßen Werner und ich lange zusammen und erinnerten uns zusammen an viele Momente auf dem Weg. Am späten Nachmittag gingen wir dann in Richtung Pilgerbüro. Werner war schon ganz scharf auf die Compostela im Gegensatz zu mir. Ich hatte ja schon 3 Stück und für mich ist sie immer noch ein Stück Papier. Werner hatte ja noch keine und für ihn war sie sehr wichtig. Wir suchten uns eine Bar in der Nähe des Pilgerbüros von der man aus die ankommenden Pilger beobachten konnte. Für mich war es irgendwie komisch, das der erste Weg der Pilger nach dem ankommen auf dem Obreidero, erst ins Pilgerbüro führt um ein Stück Papier abzuholen auf dem bestätigt wurde, das man den Weg gepilgert ist, anstatt in die Kathedrale zum Grab des Apostels, dem Ziel des Jakobsweges. Lelia zeigte uns wie wir an den Barcode für die Registrierung kommen, den man braucht um die Compostela zu bekommen. Werner stellte sich derweil an für die Urkunde und ich setzte mich in die Sonne auf eine Mauer neben dem Obreidero. Hier konnte man das ankommen der Pilger beobachten und ab und zu traf man wieder auf bekannte Gesichter. Auch konnte man die letzten 37 Tage nochmal an einem vorbeiziehen lassen. Anschließend ging ich ins Pilgerzentrum um an der Gesprächsrunde dort teilzunehmen. Leider waren nicht viele Pilger gekommen um sich auszutauschen. Abends hatte ich mir vorgenommen zum internationalen Friedensgebet ins Franziskanerkloster zu gehen, aber leider gab es dies nicht mehr. Schade, die einzigartige Atmosphäre hatte mich 2019 nach dem Camino Portugues beeindruckt. Ein langer Tag ging so langsam zu Ende. Man war schon etwas müde geworden und war froh im Bett zu liegen.
Die Nacht in der Herberge war ruhig und schon früh am Morgen begannen alle ihre Sachen zu packen. Die nassen Sachen waren über Nacht leider nicht getrocknet und man musste alles so einpacken. Es war noch etwas dunkel als wir losgingen. Lelia und ihre Mutter waren nach kurzer Zeit nicht mehr zu sehen, da beide recht schnell unterwegs waren. Aber aufgrund der überschaubaren Strecke konnte man sich etwas Zeit nehmen und dem Ziel Monte de Gozo entgegen gehen. Über St. Irene ging es Richtung Pedrouzo und bald sah man schon den Flughafen von Santiago. Um diesen musste man eine ganze Weile herum laufen. Hier am Wegesrand hatten sich auch schon fliegende Händler platziert. Einer bot einen besonderen handgemachten Stempel an. Gerne gab man ihm dafür eine kleine Spende. Nach einer Weile kam man dann nach Labacollo wo der Weg über einen kleinen Steg zum Fluß führt. Hier stoppte ich. Im Wasser saßen einige Pilger auf Steinen und kühlten ihre Füße. Werner fragte auch warum wir hier eine kleine Rast einlegen. Hier im Fluß wuschen sich die Pilger des Mittelalters bevor sie nach Santiago gingen um dort sauber und gewaschen an zu kommen. Sie hatten ja nicht die Annehmlichkeiten der heutigen Pilger. Als heutiger Pilger wäscht man sich an dieser Stelle symbolisch. Aber anscheinend ist dieses Ritual nicht mehr vielen bekannt, fragten mich doch die Pilger die auf den Steinen im Fluß saßen, warum ich mir hier mein Gesicht und die Arme und Hände waschen würde. Ich erklärte ihnen dieses alte Pilgerritual von dem sie noch nicht gehört hatten. Manches geht aufgrund des Massenpilgerns halt verloren. Nach einigen Kilometern kommt man dann an der großen Rundfunkstation an, von der es nicht mehr weit zum Monte de Gozo ist. Dort trifft man als erstes auf die kleine Kapelle und man muss unweigerlich dort einfach inne halten. Es stand auch ein kleines Schild an der Kapelle, das heute abend um 18.00 Uhr Pilgermesse sei. Neben der Kapelle war einstens das große Pilgerdenkmal zu ehren von Papst Johannes Paul II. Es wurde aber aufgrund von Bauschäden in den vergangenen Jahren abgerissen und die Tafeln wurden auf dem Boden nebenan angeordnet. Heute war recht klares Wetter und man konnte von hier oben die Türme der Kathedrale erkenne. Monte de Goz – Der Berg der Freude, weil man von hier schon das Ziel erkennen kann. Nach ein paar Fotos ging es von dort hinunter zur polnischen Pilgerherberge in der Edgar und ich 2017 übernachteten. Leider war diese geschlossen und wir mussten uns einen Schlafplatz in der großen anonymen Pilgerherberge suchen. Dies gestaltete sich etwas schwierig. Ich kannte zwar dieses Pilgerzentrum noch von 2007. Damals übernachteten wir auch dort. Schade, denn damals war es sehr spirituell in der nebenan gelegenen Kirche. Aber heute ist alles anders organisiert. Es gibt eine zentrale Gaststätte mit kleinen Geschäften nebenan. Dort fragten wir auch nach einem Schlafplatz und man schickte uns hinunter ans Ende des Gebäudekomplexes. Dort gab es eine Anmeldung. Hier sagte man uns, das die ganzen Gebäude privat wären und nur der Gebäudekomplex ganz oben die öffentliche Herberge sei. Man hätte sich auch in der privaten Herberge einmieten können, aber das wollte ich nicht. Mir sind richtige Herbergen lieber und besonders heute wollte ich in die Herberge oben. Also wieder den Berg hoch nach ganz oben. Es war schon etwas beschwerlich dieses ganze hin und her. Oben angekommen waren kaum Pilger da und es gab noch genügend Platz in der Herberge. Wir bekamen unsere Betten in einem der vielen Zimmer zugewiesen. Mit uns kamen gleichzeitig Jennifer und ihre Freundin Su aus Neuseeland dort an. Sie erzählte mir, das sie eine Zeit lang mit einem Deutschen namens Werner unterwegs war. Ich sagte nur, das ich ihn kenne. Wir machten ein Bild und schickten es Werner. Werner hatte ja seinen Weg leider abgebrochen. Da das Wetter heute wieder sonnig war nutzte ich die Gelegenheit die noch klammen Sachen zu trocknen. Unten im zentralen Gebäude gab es ja eine größere Bar die auch etwas zu Essen anbot. Nach und nach trafen hier Pilger ein, die teilweise heute noch nach Santiago wollten. Auch Dominik kam zusammen mit Jana vorbei. Die beiden aßen etwas und hatten in Santiago schon eine Unterkunft, gebucht. Wir verabschiedeten die beiden mit Worten, sie sollten den Apostel von uns grüßen. Wir würden morgen zu ihm kommen. Plötzlich stand Magdalena aus Polen vor mir. Sie blieb auch heute hier oben am Monte de Gozo. Wir umarmten uns und freuten uns einander wieder zu sehen. Sie weinte vor Glück. Sie hatte mir ja erzählt, das sie als junges Mädchen am Weltjugendtag mit dem polnischen Papst Johannes Paul II damals teilnahm. Und heute kehrt sie als Pilgerin zurück an diesen besonderen Ort. Eine der schönsten Geschichten die der Camino in diesem Jahr schrieb. Wir freuten uns zusammen auf den morgigen Tag und das ankommen am Ziel. Mittlerweile war auch Lelia und ihre Mutter gekommen und alle bestellten etwas zum Essen. Ich schaute auf die Uhr und es war kurz vor 18.00 Uhr. Oben an der Kapelle sollte ja die Pilgermesse sein und ich dachte mir das es schon etwas besonderes wäre am Vorabend des ankommens eine Pilgermesse hier am Berg der Freude mit zu feiern. Ich verabschiedete mich und sagte ich komme später wieder. Ich merkte sie waren alle etwas irritiert. Mit schnellen Schritten ging ich hoch auf den Berg zur Kapelle. Ich ging hinein, aber keiner war da. Der Pfarrer kam gerade und schaute sich um. Ich dachte bei mir, die fällt bestimmt jetzt aus, da kein einziger Pilger außer mir da war. Aber weit gefehlt. Der spanische Pfarrer bat mich das Evangelium in meiner Sprache zu lesen. Auf dem Smartphone hatte ich ja die Seite „Evangelium Tag für Tag“ gleich parat. Er freute sich darüber und wir feierten zusammen diese Messe. So etwas hatte ich auch noch nicht erlebt. Er gab mir am Ende noch den Pilgersegen – Gänsehaut pur. Ein wundervoller Moment der sich unter der Rubrik „Nicht ist Zufall“ einordnen lässt. Anschließend ging ich wieder zurück zum Pilgerzentrum um etwas zu Essen. Alle anderen hatten schon gegessen, aber es war nebensächlich nach diesem Erlebnis an der Kapelle. Auf dem Rückweg genehmigte ich mir noch ein Eis und ging voller Vorfreude auf den morgigen Tag zurück zur Herberge.
Die Nacht im Schlafsaal war etwas unruhig. Es gab eigentlich keinen Grund dafür, aber es war so. Vielleicht lag es ja auch daran, das man so langsam das Ende der Pilgerreise kommen sah. Recht früh machte ich mich mit Werner auf den Weg. In der Ortsmitte von Boente war eine Bar bereits geöffnet und man konnte dort frühstücken. Petra und Oliver waren auch bereits so früh unterwegs. Auch heute war das Wetter nicht besser geworden. Dunkle Regenwolken bereits am frühen Morgen und man musste sich auf den ein oder anderen Schauer einstellen. Auch waren heute wieder viele Pilger auf der Strecke. Es war aber unterschiedlich je nach Wetterlage. Wenn ein größerer Schauer drohte waren alle plötzlich verschwunden. Wenn die Sonne sich wieder zeigte waren alle wieder wie durch Zauberhand da. Meist werden diese Pilger bei Regen von den Unternehmen die ihre Reisen organisieren dann mit einem Kleinbus abgeholt. Aber für Pilger wie mich ist das Wetter egal. Vor Arzua ging dann ein heftiger Wolkenbruch herunter. Zum Glück hatte ich meinen Poncho und die Gammaschen griffbereit und konnte mich einigermaßen vom Regen schützen. In den tief eingeschnittenen Wegen schoss das Wasser nur so entlang. Werner hatte keinen Poncho und war dementsprechend durchgeweicht. In Arzua gab es die kleine Kirche direkt am Weg und beim hinausgehen sah ich die Gemeindeherberge von Arzua. Gleich war meine Erinnerung präsent. 2007 kamen wir damals auch ganz durchnässt dort an. Die Herberge war aber noch nicht offen, so das man keinen Blick rein werfen konnte. Es hätte mich schon interessiert ob es noch so aussah. Damals hatten wir nur ein Matrazenlager auf dem Boden. Am frühen Nachmittag kamen wir in Salceda an. Dies sollte das heutige Etappenziel sein. Die letzten Tage vor Santiago wollten etwas geplant sein. Ich wollte ja als letzte Unterkunft vor Santiago wieder oben am Monte de Gozo sein. Da die Strecke von Salceda nach Monte de Gozo nicht all zu lange war bot sich Salceda als Übernachtungspunkt an. Lelia und ihre Mutter hatten sich eine private Herberge etwas abseits vom Weg ausgesucht und fragten Werner und mich, ob wir auch dorthin kommen würden. Dort angekommen bekamen wir unsere Betten bei Lelia und ihrer Mutter zugewiesen. Es war eine modern eingerichtete Herberge. Leider gab es aber keine Gelegenheit die nassen Sache zu trocknen. Heute war alles aufgrund des Regens ziemlich klamm. Nach der üblichen Pilgerroutine versuchte ich die Sachen draußen in der Sonne zu trocknen. Aber es war heute ein unmögliches Unterfangen denn das Wetter war wechselte ständig. Einmal schien die Sonne und gleich darauf wieder ein Schauer mit teilweise extremen Wind. Auch war es kältere geworden. Irgendwann gab ich auf und hängte die Sachen einfach in den Vorraum in der Hoffnung, das sie am nächsten Tag trocken wären. In der nebenan gelegenen Bar die zur Herberge gehörte, konnte man den Rest des Nachmittag verbringen. Man unterhielt sich schon in Vorfreude auf das Ende der Pilgerreise und es kam jede Menge Wehmut auf. Jeder hatte so seine eigenen Vorstellungen wann und wie er in Santiago ankommen wollte. Für mich stand immer fest so früh wie möglich am Morgen dort an zu kommen. Auch Lelia und ihre Mutter dachten so. Werner wollte sich sowieso anschließen. Ein gutes Abendessen in der Bar rundete den Tag ab. Recht früh gingen wir heute schlafen.
Die Nacht war ruhig, da es ja nur sehr wenige Pilger im Schlafsaal waren. Recht früh machte ich mich heute auf den Weg. Es sollte ein richtig regnerischer Tag werden. Das hatte aber auch sein gutes, denn die Pilgertouris waren bei diesem Wetter nicht gerade in großer Zahl unterwegs. Das Wetter sollte mich an diesem Tag ganz schön ärgern. Poncho an, Poncho aus. Es war ganz schön lästig. Nach richtigen wolkenbruchartigen Regen folgte wieder etwas Sonnenschein, Dafür lernte ich wunderbare Pilger kennen. Petra und Oliver aus Münster. Wir gingen heute einen großenteil der Strecke miteinander. Mein heutiges Tagesziel sollte Boente sein. Mit diesem Ort verband mich auch wieder eine besondere Geschichte. 2007 kamen wir 5 Pilger aus dem Frankenwald an der Kirche von Boente vorbei. Der Pfarrer stand auf der Straße und geleitete die Pilger in seine Kirche. Dort durften wir mit ihm die Marienrufe von Lourdes mit ihm singen. Eine sehr schöne Erinnerung an Boente. In die Herberge von Boente wollte ich heute unbedingt, da diese El Aleman hieß und von einem deutschen geführt wurde. Auf dem Weg dorthin kamen wir auch durch Melide. Dort soll es den besten Pulpo auf dem Camino geben. Gemeinsam mit Werner, Petra und Oliver gingen wir in einer der vielen Pulperias Mittagessen. Die Unterhaltung und auch das gemeinsame Essen dort in Melide wird mir immer in Erinnerung bleiben. Bei wechselhaften Wetter ging es recht ereignislos zusammen mit Werner, Petrra und Oliver Richtung Boente. Durch das ausgedehnte Mittagessen kam ich erst am späten Nachmittag an der dortigen Herberge an die am Ortseingang von Boente lag. Durch den ständigen Regen war man etwas durchnässt, von oben der Regen und unter dem Poncho schwitzt man trotzdem. Petra und Oliver hatten in der Ortsmitte von Boente eine Herberge gebucht und wir verabschiedeten uns voneinander. Nun hieß es erstmal anmelden. An der Theke schimpfte der Hospitalero unüberhörbar. Gerade hatten telefonisch 7 Pilger abgesagt die sich gestern die Betten für den heutigen Tag hatten reservieren lassen. Eine Unart die es mittlerweile zu hauf auf dem Camino gab. Die Hospitaleros schicken dadurch Pilger weiter, da sie der Annahme nach ausgebucht sind. Dann aber stornieren wieder welche und sie hätten doch Platz gehabt. Aber so ist das eben. Wenn kommerzionelle Herbergen die Möglichkeiten der Reservierung auch über Booking anbieten, müssen sie auch mit Stornierungen rechnen. Aber es ist gegenüber den anderen Mitpilgern einfach unfair sich ein Bett zu sichern und dann nicht zu erscheinen bzw. zu stornieren. Es war durch den Regen sehr kühl geworden. Die Wäsche konnte man heute nicht an der Luft trocknen und so hing im Schlafsaal alles voll von Wäsche, was eine sehr hohe Luftfeuchte zu Folge hatte. Beim Blick aus dem Fenster sah ich unten unter der Überdachung Lelia und ihre Mutter sitzen. Sie legten gerade ein Pause ein und gingen noch einen Ort weiter. Wir tranken etwas zusammen und unterhielten uns noch eine ganze Weile. In der Bar der Herberge wurde auch etwas zum Essen angeboten. Beim Essen lernte ich noch Claudia aus Saarbrücken kennen. Mit ihr hatte ich noch eine schöne Unterhaltung über den Camino und das Leben. Recht früh ging ich heute schlafen.
Da wir nicht mehr einschlafen konnten beschlossen wir um 5.00 Uhr unsere Sachen zu packen und in der Dunkelheit mit Taschenlampe los zu gehen und diesen negativen Ort des Camino zu verlassen. In den Gassen der Stadt war zu dieser Zeit noch keiner unterwegs. Plötzlich stand Carsten aus Dänemark vor uns und suchte den Weg aus der Stadt. Gemeinsam gingen wir hinunter Richtung Stausee wo wir die gelben Pfeile wieder fanden. Jetzt mussten wir nur die Pfeile in der Dunkelheit suchen, was manchmal gar nicht so einfach war. Heute ging es relativ ereignislos dem heutigen Etappenziel Pals de Rei entgegen. Auch wieder ein Ort an dem ich schon einmal übernachtet hatte. Am frühen Nachmittag kamen wir an den Ortseingang von Pals de Rei an. Dort gab es sogar eine kleine Station an der den Pilgern die Übernachtungsmöglichkeiten in Pals de Rei gezeigt wurden. Gleich neben der Station war die gemeindliche Herberge. Ich erkannte sie gleich wieder. Diese war 2007 nagelneu und ich entschloss mich diesmal wieder dort zu übernachten. Werner und ich waren die ersten Pilger in dieser riesigen Herberge. Auch sollten im Laufe des Tages und Abends nur noch 5 Pilger dazu kommen. So viel zum Thema, man solle vor buchen und die Betten sind knapp. Meiner Meinung nach betrifft dies nur private Herbergen und Hostels, aber nicht gemeindliche und kirchliche Herbergen, die man sowieso nicht vor buchen kann. Nach dem Duschen und Waschen der Wäsche ging ich Richtung Zentrum von Pals de Rei. Zunächst kam ich an der Kirche von Pals de Rei vorbei. Sie ist innen sehr einladend für die Pilger. Es läuft meditative Musik und man kann dort zur Ruhe kommen. Für mich war es wie ein heimkommen, hatte ich doch schon 2017 in dieser Kirche eine sehr emotionale Zeit verbracht als ich mit Edgar unterwegs war. Auch 2007 war diese Kirche bereits ein besonderer Ort. An dieser Kirche hatten wir damals deutschen Gesang gehört als wir damals vorbeikamen und mit der Pilgergruppe gemeinsam Gottesdienst gefeiert. Es war die Pilgergruppe aus Willebadessen mit der wir noch eine besondere Begegnung in Finsterre am Ende der Welt haben sollten, was in meinem Pilgerblog von 2007 nach zu lesen ist. Abends sollte eine Pilgermesse stattfinden, an der ich auf jeden fall teilnehmen wollte. Im Zentrum war geschäftiges Treiben und alle Bars und Cafes waren voll. In einer der Nebenstraßen suchte ich mir eine kleine Pizzeria in der nur 2 Personen saßen. Ich rief Werner an und fragte, ob wir zusammen in der Pizzeria Essen wollen. Er war nicht weit von hier und kam gleich um die Ecke. Die Pizzeria sollte sich als Glücksgriff erweisen. Es gab riesige Portionen zu einem sehr günstigen Preis. Diese Kombination findet man meist in den Seitenstraßen der Hauptpilgerorte. Werner suchte sich anschließend eine Bar und wollte nicht mit zur Pilgermesse. Ich aber wollte in die Pilgermesse. Diese Pilgermesse war eine der wenigen die absolut gut besucht war. Keine übliche spanische Messe, sondern eine besondere Pilgermesse mit einem mexikanischen Pfarrer der Gitarre spielte und die Pilger mit seinem Gesang begeisterte. Am Ende der Messe fragte der Pfarrer wo die Pilger herkommen würden. Leider wurde nicht mehr nach Pilgern aus Deutschland gefragt, was mich etwas nachdenklich machte. Ich schaute mich auch unter den Pilgern um und suchte nach deutschsprachigen Pilgern. Es wird schon seinen Grund haben, warum man nicht mehr nach deutschen Pilger fragt. Nach meiner Erfahrung gehen auch nicht mehr sehr viele in die Pilgermessen. Nach dem Schlußsegen gab es vom Pfarrer noch das Angebot einen Einzelpilgersegen zu erhalten. Diese Gelegenheit nahm ich natürlich wahr. Es ist immer wieder schön und emotional auf dem Pilgerweg den Einzelsegen zu bekommen. Nach diesem für spanische Verhältnisse langen Gottesdienst machte ich mich auf den Rückweg zur Herberge. Vorbei an vielen Bars mit feiernten Pilgertouristen. Werner und die anderen Pilger waren schon da und lagen in den Betten. Das Licht im Schlafsaal war bereits aus und so kroch ich glücklich in meinem Schlafsack.
Trotz der recht unruhigen Nacht machte ich mich heute recht früh auf den Weg. Das was sich bereits gestern ankündigte sollte sich heute bestätigen. Eine Invasion an Pilgertouris. Alle mit kleinen Rucksäckchen unterwegs. Die Wege waren voll von Menschen. Man hatte manchmal das Gefühl das jeder der erste sein wollte. An einer kleinen Bar wollte ich zusammen mit Werner ein kleines Frühstück machen. Was man dort erlebte war jedoch der Wahnsinn. Schlangen von Menschen die sich für etwas zu Essen und zu trinken anstellten. Die gleichen langen Schlangen vor den WC. Und was das ganze noch toppen sollte, war eine lange Schlange vor einem Stempel, der auf einem Pfahl befestigt war. Hier war er also zu Ende, der Camino wie man ihn bis Sarria kannte. Eigentlich wollte man so schnell wie möglich das Etappenziel erreichen. Das heutige Ziel hiess Portomarin. Hier hatte ich bereits 2007 auf dem ersten Camino mit meinen Freunden übernachtet. Bevor man nach Portomarin kommt muss man einen steilen Abstieg hinunter an den Stausee bewältigen. Der Stausee war zu meinem erstaunen komplett leer. So hatte ich Portomarin noch nicht gesehen. Unter der großen Brücke, die über den Stausee führt konnte man noch Reststücke des Dorfes erkennen das geflutet wurde mit dem erbauen des Stausees. Am Fuße von Portomarin führt eine steile Treppe hinauf in die Stadt. Die gemeindliche Herberge lag ziemlich am Ende der Fußgängerzone von Portomarin. Bei der Ankunft am frühen Nachmittag waren dort noch genügend Betten vorhanden. Die Herberge hatte aber keinen Charme wie kirchliche Herbergen haben. Eine typische moderne Massenunterkunft. Nach der üblichen Pilgerroutine war erstmal relaxen angesagt. Gleich in der Nähe der Herberge gab es eine kleine nette Bar. Dort konnte man in Ruhe etwas trinken und das Treiben auf der Straße beobachten. Von Zeit zu Zeit kamen auch andere Pilger hinzu wie Jaques, ein Franzose. Er sprach etwas deutsch und so konnte man sich etwas verständigen. Werner kam auch dazu, er konnte sich natürlich etwas besser mit ihm unterhalten, da er französisch sprach. Hier in der Bar gab es auch die Möglichkeit Pizza zu Essen, was wir auch gleich nutzten. Nach einem Glas Wein ging es dann zurück zur Herberge. Der Schlafsaal war mittlerweile gut gefüllt und kaum noch nicht belegte Betten. Werner und ich hatten die Betten nebeneinander und beide die unteren Betten. Es ist halt etwas bequemer unten zu liegen wenn man schon älter ist. In der Nacht wurde ich wach als der Pilger kam der über mir im Bett war kam und sich schlafen legte. Es roch schon weiten nach Alkohol und plötzlich fing er an extrem zu husten. Zuerst dachte ich er hat eine Erkältung und muss deshalb husten. Das Husten wurde immer stärker und plötzlich schrie Werner unten neben mir auf. Der Mann über mir musste erbrechen und das schräg herunter direkt auf Werner. Einfach ekelig solche sogenannten Pilger. Im Schlafsaal entstand dadurch natürlich eine Unruhe. Viele Pilger mahnten zur Ruhe an. Aber ehrlich gesagt, da ruhig zu bleiben ist nicht ganz einfach. Ich wurde zwar nicht getroffen, aber kurzerhand packten Werner und ich unsere Sachen zusammen und gingen aus dem Schlafsaal. Da man alles nicht auf einmal mitnehmen konnte musste man mehrmals mit der Taschenlampe zurück in den Schlafsaal. Der Pilger lag oben auf dem Bett in seinem erbrochen und machte keine Anstalten sich um seine angerichtete „Schweinerei“ zu kümmern. Unten in der Küche richteten wir uns auf Stühlen unser Nachtlager um dort den Rest der Nacht zu verbringen. Ich ging nochmal hoch in den Schlafsaal um mein Handy zu holen, das ich in einer Steckdose in der Nähe des Bettes zum aufladen gesteckt hatte. Was ich dann sah, war an dreistigkeit nicht zu überbieten. Irgendwann hatte er wohl gemerkt, das er in seinem erbrochen lag und verlegte seinen Schlafplatz dann kurzerhand in mein Bett. Was für asoziale Pilger gab es mittlerweile auf dem Camino. Die wären besser am Ballermann aufgehoben als hier auf dem Camino. Eines der schrecklichsten, wenn nicht das schrecklichste Erlebnis auf allen meinen Caminos. Werner tat mir unendlich leid. Er musste einiges an seiner Kleidung waschen und den Geruch hatte man noch einige Zeit in der Nase. Auch die Hospitaleros der Herberge die am nächsten Tag alles wieder sauber machen müssen taten einen Leid, den es war sicher nicht zu erwarten das dieser sogenannte Pilger alles wieder in Ordnung brinegn würde. Auf den Stühlen war es recht unbequem und man konnte nicht mehr einschlafen.