Rückreise nach Grümpel

Weit nach Mitternacht kam ich mit dem Bus am Flughafen an. Mein Flug ging aber erst um 6.30 Uhr und so musste ich mich die Nacht am Flughafen um die Ohren schlagen. Ich suchte mir eine Bank um wenigstens etwas Schlaf zu bekommen. Aber wie sich jeder denken kann ist an richtigen Schlaf auf einer ungemütlichen Bank nicht zu denken. Man döst halt so vor sich hin. Um mich herum waren alle Bänke mit mehr oder weniger schlafenden belegt. Die Idee auf dem Flughafen zu übernachten hatten offensichtlich noch mehr Menschen. Nach der Gepäckaufgabe und der Sicherheitskontrolle öffnete endlich eine Kaffebar in der man Frühstücken konnte. Ein Cafe con Letche um diese Zeit tat richtig gut. Pünktlich ging es dann mit dem Flieger nach Madrid. Dort musste ich umsteigen, wusste aber nicht ganz genau wo das Gate war. Die Umsteigezeit war sehr knapp mit 20 Minuten. Als ich herausgefunden hatte, das ich zum Gate 96 musste, kam schon etwas Hektik auf, lag dieses doch am Ende der Halle und Madrid ist weißgott kein kleiner Flughafen. Aber schließlich war ich doch pünktlich am Gate. Pünktlich landete schließlich der Flieger in Frankfurt. Aber leider kam am Gepäckband mein Rucksack und die Stöcke nicht mit an. Auch anderen Pilger erging es ebenso. Die Frau am Schalter nahm meine Verlustmeldung auf und meinte, das wohl die kurze Umsteigezeit daran Schuld sei und das Gepäck mit dem nächsten Flieger aus Madrid kommen würde. Ich würde es dann am nächsten Tag mit DPD bekommen. Zum Glück passierte das auf der Heimreise und nicht auf dem Hinflug. Allerdings hatte ich alles im Rucksack, sogar mein Ladekabel. Den Zugfahrschein hatte ich allerdings vorsichtshalber in der Tasche. Der Ladezustand meines Handys wurde immer geringer und ich musste sehr sparsam damit umgehen. Ich musste ja noch telefonieren damit ich vom Zug abgeholt werden konnte. Mit dem Zug ging es dann ab Frankfurt nach Würzburg, aber hier hatte der ICE 10 Minuten Verspätung und dadurch waren alle Anschlußzüge weg. Aber zum Glück verkehrten ja noch etwas später Züge die mich in die Heimat bringen konnten. Nach einer Verspätung von 1,5 Stunden kam ich schließlich in Kronach an, wo ich mich vor fast 2 Wochen auf den Weg machte. Meine Frau Heike wartete schon am Bahnsteig und wir fielen uns in die Arme. Es war schon eine lange Zeit in der ich wieder weg war und sie alles daheim alleine managen musste, während ich mir den Traum vom Camino Portugues erfüllen konnnte. Dafür bin ich unendlich dankbar, das sie mir dies ermöglichte. Man hatte unendlich viel zu erzählen und wusste gar nicht womit man anfangen sollte. Am Samstag besuchte uns Jens, seine Frau Carolin und seine Mutter, sie hatten in unserer Kinderzeit bei uns in der Grümpel immer ihre Ferien verbracht. Wir trafen uns nach mehr als 30 Jahren mal wieder und feierten das entsprechend. Am späten Nachmittag kam dann ein Auto mit spanischen Kennzeichen auf den Hof gefahren und zu meiner Überraschung stand Javier Perez und sein Frau Ines vor mir. Sie brachten einen Wein aus ihrer Heimat Leon in Kastillien und machten gerade mal wieder Urlaub in Wilhelmsthal und in der Grümpel. Bei der Geschichte mit Javier muss man etwas länger ausholen, so unglaublich erscheint sie einen. Einordnen muss man sie dennoch unter „Nichts ist Zufall“. Mein Nachbar Steffen rief mich eines Abends im Februar 2017 an, ich solle doch mal beim ehemaligen Haus vom „Mühl Hans“, das nach seinem Tod verkauft wurde, bei uns in der Grümpel vorbeischauen um diverse Schreinerarbeiten dort auszuführen. Das Haus hatte ein Spanier gekauft, den ich bis dahin noch nicht kennengelernt hatte, obwohl er ja nicht weit von mir entfernt wohnt. Beim Gespräch fragte ich ihn, woher er denn in Spanien käme, und die Antwort haute mich fast um. Er wohnt mit seiner Familie in der Nähe der Kathedrale von Leon – konnte das Zufall sein? Wir besuchten ihn und seine Frau Ines bereits 2017 in Leon auf unseren Camino Frances. Sie waren mittlerweile Freunde von uns geworden. Hier schließt sich wieder ein Kreis und „Nichts ist Zufall“. Dankbar und mit vielen Erinnerungen und Begegnungen im Herzen endete mein Camino Portugues. So Gott will und ich gesund bleibe, wird mein Camino eines Tages weitergehen. Ein weiteres Rendezvous mit der Seele des Camino wartet dann wieder auf mich. Nichts ist Zufall.

Ultreia und Buen Camino

Segen vom Kloster Herbon:
Liebe sei dir das Licht der Hoffnung auf deinem Weg.
In deinem Herzen herrsche Frieden.
Güte sei das Siegel deines Lebens.
Der Glaube stärke dich angesichts des Geheimnisses des Lebens.
Und wenn das Ziel erreicht ist, umarme dich die Liebe allezeit.
Sei Glücklich und mache deine Mitmenschen glücklich.

Aufenthalt in Santiago de Compostela

Auch diese Nacht konnte ich gut schlafen und mein erster Weg führte mich in die Pilgermesse. Inga kam fast zeitgleich an und auch Daniel und Jacqueline waren gekommen. Auch heute waren wir wieder nur zu dreizehnt. Wie am Abendmahl Jesus und seine 12 Jünger. Ich durfte die Lesung vortragen und da heute das Fest Maria Königin war, wurden einige bekannte Marienlieder gesungen. Ein sehr festlicher Gottesdienst der auch heute wieder mit dem Einzelpilgersegen zu Ende ging. Vor der Kirche teilte ich noch einige Karten mit den Segenswünschen die ich dabei hatte aus. Alle freuten sich sichtlich darüber. Daniel fragte mich anschließend, ob ich denn Pilgerhard sei, was ich bejahte. Er sagte, das er 2 Pilgerinnen getroffen hatte, die ihm erzählten, das ein Pilgerhard einen sehr schönen Text ins Gästebuch des Klosters Herbon geschrieben hatte. Er wusste ja, das ich Gerhard heiße und folgerte daraus, das ich Pilgerhard sein müsste. Verückt oder! Da es ja noch früh am Morgen war führte uns der Weg gleich in die Kathedrale. Hier waren noch realtiv wenige Pilger und so konnten wir uns in die kurze Schlange stellen um hoch zum Jakobus zu gehen, damit wir ihn umarmen konnten. Auch war noch genügend Zeit um an das Grab des Apostels zu gehen. Beim verlassen der Kathedrale waren draußen schon wieder große Menschenmassen zu sehen die in die Kathdrale drängten. Kein schöner Anblick. Der nächste Weg führten Inga und mich ins Gebäude wo es die Compostela gibt, um eine Nummer zu ziehen. Auch hier hatte sich etwas verändert. Man musste also jetzt eine Nummer ziehen um seine Compostela zu bekommen. Der Vorteil war dabei, das man nicht mehr anstehen musste, sondern man konnte einen Barcode einscannen, und mit dem konnte man ungefähr abschätzen wann man dran war. Derweil setzten wir uns in ein Cafe und machten gemütlich zusammen Frühstück. Dieses lag strategisch günstig und wir konnten alle beobachten die zum Gebäude gingen um die Compostela abzuholen. Wir amüsierten uns teilweise köstlich wer sich so alles auf den Weg dorthin machte. Unter anderem kamen 3 Frauen mittleren Alters mit exakt den gleichen Rucksäcken und ich sagte zu Inga, das müssen die Dienstagsfrauen auf dem Jakobsweg sein. Inga kannte den gleichnamigen Film nicht, suchte aber gleich danach. Nach fast 2 Stunden warten war ich endlich dran, um die Compostela abzuholen. Ich hatte diesmal realtiv wenige Stempel. Mir war es diesmal irgendwie zu lästig in jeder Bar nach Stempeln zu fragen. Der Mann am Schalter schaute irgendwie kritisch auf meine wenigen Stempel und fragte ob ich denn wirklich von Porto aus zu Fuß gepilgert sei, was ich bestätigte. Natürlich bekam ich auch die Urkunde, trotz der wenigen Stempel. Man soll ja auf den letzten 100 km mindestens 2 Stempel pro Tag haben, was ich definitv nicht hatte. Ich rollte die Urkunde zusammen und steckte sie in die seitliche Hosentasche. Für mich war sie nicht wirklich wichtig, ein Stück Papier. Das was wirklich wichtig ist auf dem Camino, trägt man sowieso im Herzen. Um 12.00 Uhr besuchte ich nochmal die Pilgermesse und im Anschluss war Shoppen angesagt. Einige Muscheln und Andenken mussten natürlich sein, auch wenn es in den Andenkenläden sehr viel unnützes gab. In einer der Läden traf ich dann auf 2 Italiener die mein grünes Armband wiedererkannten. Das hatten wir gestern beim Friedensgebet bekommen und die beiden hatten auch eines. Ich konnte mich noch an sie erinnern. Später hatte ich mich wieder mit Inga verabredet. Sie packte zwischenzeitlich, denn am späten Nachmittag ging ihr Bus nach Porto. In unserer Stammkneipe verbrachten wir die restliche Zeit, die viel zu schnell verging. Wir hätten noch so viel erzählen und philosophieren können, aber leider mussten wir uns nun voneinander verabschieden. Für den Abend war ich dann mit Dieter und Sabine verabredet. Sie waren ja heute in Finisterre gewesen. Ich versuchte Dieter anzurufen, konnte ihn aber nicht erreichen. Aber wir trafen uns dann trotzdem wieder „zufällig“ auf dem Obradeiro. Auch mit ihnen gingen ich zu unserer Stammkneipe. Sie hatten noch eine Begleiterin dabei, Gielian. Ein ausgeprochen ungewöhnlicher Name, sie war Professorin und schon einige Tage mit Sabine und Dieter unterwegs. Als sie sah, das ich die Pilgerurkunde einfach zusammengerollt und schon etwas zerknittert in der Seitentasche trug, meinte sie, das dies etwas arogant und respektlos von mir sei. Aber für mich war es einfach nur ein Stück Papier. Dieter und ich hatten uns natürlich viel zu erzählen. Dieter sprach mich natürlich wieder auf die 92. Etappe an. Bei dieser Etappe auf dem Camino Frances hatte ich berichtet wie wir Dieter damals kennenlernten und dazu geschrieben, das Dieter mehr fragt als er antwortet. Er hatte mir daraufhin geschrieben ob noch etwas offen sei. Wir mussten nach 2 Jahren darüber immer noch lachen. Und auch hier verging die Zeit viel zu schnell und es hieß dann Abschied nehmen. Wir sagten das wir uns sicherlich wieder mal hier in Santiago treffen werden und jeder durfte noch einen Karte mit den Segenswünschen ziehen. Nichts ist ja Zufall. Zwischenzeitlich hatte Katharina angerufen und wollte sich auch von mir verabschieden. Sie wusste ja das ich morgen abreisen musste. Sabine und Dieter waren gerade gegangen, da stand auch schon Katharina vor mir. Wir tranken noch zusammen ein Glas Weißwein und es war schon etwas wehmut dabei, wusste ich doch, das ich jetzt gehen musste. Auch Katharina durfte nochmal eine Karte mit den Segenswünschen ziehen und sie freute sich sehr darüber. Nun musste ich mich aber auf den Weg zur Herberge machen, um meinen Rucksack abzuholen. Anschließend noch ein letzter Blick auf die Kathedrale und nun ging ich zu Fuß zum Busbahnhof. Von dort ging um 23.20 Uhr ein Bus zum Flughafen. So endete schließlich der letzte Tag meines Camino Portugues in Santiago.

Gracias und Buen Camino

Aufenthalt in Santiago de Compostela und Ausflug Finisterre

Die Nacht im Seminario Menor war ruhig und ich konnte tief und fest schlafen. Da es gestern doch etwas später geworden ist, war die Nacht entsprechend kurz, wollte ich doch um 8.00 Uhr zur deutschen Pilgermesse. Diese fand in St. Fiz an den Markthallen statt und lag auf direkten Weg vom Seminario Menor zur Kathedrale. Benedikt, Daria und Hans der Diakon waren auch gekommen, Sonst kannte ich keine weiteren Pilger. Aufgrund der überschaubaren Pilgerzahl saßen wir alle zusammen im Altarraum. Plötzlich steht ein Pilger vor mir uns sagt: Gerhard, was machst du denn hier? Ich schaute zunächst verdutzt und musste mich erst mal sammeln. Dann fielen wir uns in die Arme. Es war Dieter aus dem Schwabenland. Ihn hatten Edgar und ich vor 2 Jahren auf dem Camino Frances immer wieder mal über einen längern Zeitraum getroffen. Auch waren wir damals zusammen in Santiago des öfteren unterwegs. Und jetzt treffen wir uns hier nach 2 Jahren in der deutschen Pilgermesse. Nichts ist Zufall! Die anderen anwesenden konnten dies kaum glauben und schüttelten des öfteren den Kopf. Er erzählte mir, als er hinten in der Kirche stand und mich an meiner blauen Jacke erkannte, die ich bereits vor 2 Jahren trug, konnte er es selbst kaum glauben und sagte zu seiner Frau. „Da ist der Gerhard“. Sie verstand nicht was er meinte, wie auch, so etwas erwartet man ja nicht. Dieter war zusammen mit seiner Frau unterwegs. Die beiden waren in Leon gestartet. Wir hatten uns natürlich viel zu erzählen, mussten uns aber erstmal gedulden, denn jetzt war Pilgermesse. Der Pilgerpfarrer und der zuständige Diakon gestalteten diesen Gottesdienst ganz hervorragend. Besonders die Predigt war gelungen. Eigentlich schade das wir hier nur zu dreizehnt waren, inklusive Pfarrer, Diakon und einer Helferin. 9 deutschsprachige Pilger, bei der Menge von Pilgern die jeden Tag Santiago erreichen, sehr bedenklich für mich, handelt es sich doch immer noch um einen Pilgerweg und am Ende sollte doch auch eine Pilgermesse dazu gehören. Zumal diese sehr ansprechend war. Am Ende der Messe gab der Pfarrer noch jeden einzeln den Pilgersegen. Jetzt war Zeit sich zu unterhalten, was wir natürlich ausgiebig taten. Wir verabreteten uns für den morgigen Abend, denn heute hatten Dieter und seine Frau schon andere Verabredungen getroffen. Auch ich wollte heute nach Finisterre, aber nicht zu Fuß wie das letzte mal, sondern mit dem Bus. Zunächst musste ich erstmal zum Busbahnhof der ca, 20 Minuten entfernt war. Dort angekommen fragte ich mich durch und kaufte einen Fahrschein. Inga, die Pilgerin aus dem Pilgetreffen hatte mir gestern noch ihre Telefonnummer gegeben damit wir uns für die Fahrt nach Finisterre verabreden können.. Ich rief sie an und sie war schon auf dem Weg zum Busbahnhof. So fuhren wir zusammen zum Kap. Nach fast 2 Stunden Busfahrt machten wir zunächst ein kleines Frühstück, bevor wir uns getrennt auf dem Weg zum Ende der Welt machten. Auf dem Weg dahin sprach mich ein Pilger aus Kulmbach an. Er hatte mich im Bus fränkisch reden hören, was ja nicht zu verleugnen ist. An der alten Kirche von Finisterre war ich erstaunt, war sie doch diesmal offen, Vor 12 Jahren feierten wir eine Messe hier mit einer deutschen Reisegruppe und vor 2 Jahren war sie geschlossen. Ich nutzte natürlich diese einmalige Gelegenheit um dieser einen Besuch abzustatten. Es war ergreifend hier wieder nach 12 Jahren zu sitzen. Am Km Stein Null angekommen war alles überfüllt mit Autos und Menschen. Auch hier hatte sich einiges seit 2 Jahren verändert. Irgendwie war es natürlich anders als zu Fuß hier her zu kommen. Trotzdem war es wieder ein emotionaler Hochgenuss eine längere Zeit auf dem Felsen am Meer zu sitzen und sich unsere Endlichkeit bewußt zu machen. Man konnte trotzdem alleine sein, wenn man sich weit genug hinunter wagte, denn viele hatten etwas Angst dabei. Dann kam Inga dazu und wir saßen teils schweigend teils unterhaltend noch etwas zusammen auf dem Felsen. Ich machte mich dann zurück auf den Weg nach Finisterre um am Meer Fisch zu Essen. Mittlerweile hatte ich ganz schön Hunger, hatte ich doch schon lange nichts mehr gegessen. Später traf ich mich mit Inga an der Bushaltestelle für die Rückfahrt. In Santiago musste ich mir erst mal ein Ladekabel für mein Handy besorgen, den mein altes funktionierte schon seit ein paar Tagen nicht mehr richtig. Danach trafen wir dann Daniel und Jacqueline die gerade in Santiago angekommen waren und auf der Suche nach ihrer Herberge waren. Wir umarmten uns vor Wiedersehensfreude. Die beiden hatte ich letzte Woche irgendwo auf dem Weg eine kurze Zeit getroffen und trotzdem freut man sich herzlich sich wieder zu treffen. So etwas gibt es nur hier auf dem Camino. Mein Freund Dieter, der Pfarrer, sagte mir das es am Abend ein internationales Friedensgebet im Kloster geben würde und ich entschloss mich es zu besuchen. Man sollte am Eingang warten und würde dann abgeholt. So war es auch dann auch. Es stand auch ein Deutscher mit Namen Robert dabei. Er fragte mich woher ich denn meine Muschel habe, die ich um den Hals trage? Ich sagte, das sie ein Geschenk meiner Frau sei. Er wollte sie mal genauer ansehen, denn auf der Rückseite würde sie ein Zeichen haben. Nachdem er sie begutachtete hatte sagte er, das er diese Muschel über das Internet verkauft hatte. Das Friedensgebet war bei Kerzenlicht sehr stimmig und spirituell gestaltet. Jeder durfte in seiner Sprache etwas beten und ein Friedenslicht anzünden. Allerdings war es hier wie bei der deutschen Pilgermesse am Morgen. Wir waren nur 14 Pilger aus Spanien, Italien. Polen und Deutschland. Es waren zwar einige wenige Pilger mehr, aber es handelte sich um das internationale Friedensgebet. Ich hätte auch hier mehr Pilger erwartet. Den Abend ließ ich dann zusammen mit Robert ausklingen. In einer kleinen Bar saßen wir darußen, denn es war noch richtig warm. Auch mit ihm konnte man sich gut unterhalten und wir lagen auf der gleichen Wellenlänge. Wolfgang, den ich in der Herberge in Padron getroffen hatte stand plötzlich vor mir. Fast hätte ich mich nicht mehr an ihn erinnert und musste sogar nachfragen. Es war mir etwas peinlich, hatte ich ihn doch erst vor ein paar Tagen getrofen. Aber bei den vielen Pilgern, die ich kennengelernt hatte kann das schon mal passieren. Gleich darauf begrüßten mich Salvo und Carla mit inniger Umarmung, sie hatte ich zuletzt in der Casa Fernanda getroffen. Hier konnte ich mich gleich erinnern. Wahnsinn alle hier nochmal zu treffen. Der Camino verliert niemanden und Pilger die sich verstehen treffen sich immer wieder. Nichts ist Zufall. Es war auch heute wieder spät geworden und zusammen mit Robert, der auch im Seminario Menor wohnte, machte ich mich auf den Rückweg. Von ihm musste ich mich auch gleich verabschieden, denn er reiste ganz früh am Morgen ab. Nach einem intensiven Tag ging ich zu Bett. Zwischenzeitlich war mein Handy ausgegangen und als ich es mit dem neuen Ladekabel wieder verbunden hatte, las ich, das Inga mit mir Essen gehen wollte. Schade, aber dafür war es jetzt leider zu spät. Wir verabredeten uns für den nächsten Tag in der deutschen Pilgermesse.

Gracias und Buen Camino

10. Etappe O Milladoiro nach Santiago de Compostela

Trotz der vielen Pilger im Schlafsaal war die Nacht ruhig und ich stand sehr früh auf. Ich hatte ja nur noch 7 km bis zum Ziel, der Kathedrale von Santiago de Compostela. Nach einem Kaffee aus dem Automaten machte ich mich noch in der Dunkelheit auf den Weg. Als die Sonne aufging konnte ich schon von weiten die Stadt sehen. Aber der Weg zog sich noch eine ganze Weile durch die Vorstädte von Santiago hin. Der Weg war relativ schlecht gekennzeichnet, aber man ging irgendwie instinktiv Richtung Kathedrale. Es waren nur ganz wenige Pilger unterwegs und gegen 8.30 Uhr war ich schon in der Nähe der Kathedrale. Die Entscheidung schon am Morgen anzukommen erwies sich als absolut richtig. Es waren kaum Pilger auf dem Obradeiro und man konnte ganz bewusst das ankommen genießen. Ich war schon gestern aufgeregt und zugleich gespannt wie es sein würde, nochmal hier anzukommen. Ich hatte es ja schon zu fünft und zu zweit erlebt. Wie würde es jetzt alleine sein? Eigentlich hatte ich keine großen Erwartungen und war ganz ruhig. Der rote Teppich und das Feuerwerk würden eh ausbleiben. Als ich ankam war es aber dann komplett anders. Irgendwie war es schon eigenartig, es schüttelte mich richtig durch und mir standen die Tränen in den Augen. Auch diesmal gab es diesen Augenblick, von dem es heißt: Irgendwann weinst du auf dem Weg. Das hatte ich nicht erwartet, das mich dieses Ankommen so berührt, war ich doch schon zwei mal an diesem Ort gepilgert. Jeder Weg hat eben seine eigene Geschichte, auch wenn er wieder das gleiche Ziel hat. Ich stand eine ganze Weile mitten auf dem Platz und genoss den Augenblick. Tausend Dinge gingen mir durch den Kopf bis ein Amerikaner kam und mir gratulierte. Danach wollte er wissen, wo hier der Weg nach Finisterre geht. Das wusste ich zwar noch vom letzten mal, musste mich aber trotzdem erstmal orientieren um ihm nichts falsches zu sagen. Jetzt wollte ich mich auf den Weg zum Seiteneingang der Kathedrale machen. Durch diesen soll der Pilger als Zeichen der Demut die Kathedrale betreten und nicht durch die Porta de Gloria. Ich hoffte das sie offen sei, denn in der Kathedrale war Baustelle. Ich war noch nicht ganz über den Platz gelaufen, da traute ich meinen Augen nicht. Vor mir stand mein Freund Dieter (Jung). Dieter kam 2009 als Praktikant in unsere Pfarrei nach Lahm als ich dort noch Pfarrgemeinderatsvorsitzender war. Wir begleiteten ihn dort auf seinen Weg zum Diakon und schließlich zum Pfarrer. In all den Jahren war er mir zum Freund geworden, Als ich ihn sah warf ich meine Wanderstöcke weg und wir fielen uns freudestrahlend in die Arme. Es war der Wahnsinn, das wir beide uns hier in Santiago treffen, obwohl wir zuvor nicht miteinander telefoniert hatten. Er sagte mir zwar beim Skapulierfest in Lahm, als wir uns das letzte mal trafen, das er den Camino Primitivo gehen will. Dabei stellten wir fest, das er fast zur gleichen Zeit wie ich ankommen würde, wussten aber nicht ob es funktionieren würde, den es war schwer abzuschätzen wann ich bzw, er ankommen würde. Es wird mir unvergesslich bleiben, ihn in Santiago am Ende unserer Caminos getroffen zu haben. So etwas kann man eigentlich nicht planen. Dieter und sein Freund Werner wollten an diesem Tag mit dem Bus nach Muxia und Finisterre. Wir verabredeten uns deshalb für den Abend um zusammen Essen zu gehen und unser Treffen in Santiago zu feiern. Ich ging zum Seiteneingang, aber leider war er verschlossen. Also zurück zur anderen Seite der Kathedrale mit dem anderen Seiteneingang. Dort gab es eine Andenkenladen, bei dem man seinen Rucksack deponieren konnte, denn damit darf man nicht in die Kathedrale. In der Kathedrale waren um die Zeit noch nicht all zu viele Leute, So konnte ich mich in Ruhe an das Grab des Apostels begeben und in Stille dort eine längere Zeit zu beten und zu verweilen. Danach wollte ich hoch zum Jakobus um ihn zu umarmen, aber was ich da sah war der Wahnsinn. Woher kamen jetzt all die Menschen? Eine riesig lange Schlange hatte sich gebildet und lies eine längere Wartezeit erwarten. Dies wollte ich mir heute nicht antun und entschloss das in den nächsten Tagen nachzuholen. Vor der Kathedrale hatten sich am Eingang auch bereits längere Schlangen gebildet. Einfach Wahnsinn. Ich entschloss mich wieder nach draußen auf den Platz zu gehen. Vor mir saß auf dem Boden Eike aus Nürnberg. Wir begrüßten und beglückwünschten uns herzlich, als wenn wir uns schon Jahre kennen würden. Jetzt kamen auch Christiane, Vivian, Johanna und Paulina an. Ich begrüßte sie herzlich, gratulierte zur Ankunft in Santiago und freute mich mit ihnen. Es war einfach schön, das strahlen in den Gesichtern zu sehen wenn das Ziel erreicht ist. So nach und nach füllte sich der Platz und das Gewimmel wurde immer größer. Es war also absolut die richtige Entscheidung ganz früh am Morgen anzukommen. Eike und ich entschlossen uns zusammen zur Pilgermesse um 12.00 Uhr zu gehen. Johanna und Paulina kamen dann auch noch dazu. Diese findet aufgrund der Renovierungsarbeiten in der Kathedrale in St. Franziskus statt. Im Vergleich zu den Messen in der Kathedrale waren aber deutlich weniger Menschen in der Mittagsmesse. Für viele gehört die Messe schon nicht mehr zum Ankommen in Santiago. Genauso konnte man beobachten was die Leute nach dem Ankommen auf dem Obradeiro machen. Normalerweise sollte man denken, der erste Weg wäre der zum Grab des Apostels, das ja schließlich das Ziel aller Jakobswege ist, aber weit gefehlt, für viele ist es oft wichtiger zuerst die Urkunde zu bekommen. Auch fuhr mittlerweile eine Bimmelbahn. Sollte der Pilger in Porto am Ende recht behalten, der ins dortige Gästebuch schrieb, Santiago ist mittlerweile wie Disneyland geworden. Jetzt musste ich erst mal eine Unterkunft in Santiago suchen. Was lag näher als zum Seminario Menor zu gehen, in dem wir schon 2017 waren. Es war eine riesengroße Herberge und da bekommt man mit großer Wahrscheinlichkeit ein Bett. So war es dann auch. Ich bezog mein Bett, schloß meinen Rucksack ein und ging zurück in die Stadt. Auf der Straße rief eine Stimme meinen Namen, ich drehte mich um und es waren Benedikt und Daria. Bei Benedikt musste ich eine Zeitlang überlegen woher ich ihn kannte. Er half mir dann dabei. Wir hatten uns in Porto beim Warten auf die Metro am Flughafen kennengelernt. Wahnsinn ihn hier wieder zu treffen und vor allem, das er sich noch an mich erinnern konnte. Auch Daria hatte ich seit unserer Begegnung in Barcelinho nicht mehr gesehen, aber sie erkannte ich gleich wieder. Pilger die sich finden sollen, finden sich auch wieder. Gleich danach rief wieder eine Stimme nach mir, diesmal aus einer Kaffebar, es war Paulho, der gerade mit Martina einen Espresso trank. Die beiden baten mich dazu. Die Herzlichkeit die beide ausstrahlten war einfach ansteckend. Pilger die einander verstehen finden sich immer wieder zusammen. Im Nu war eine Stunde vergangen und ich wollte ja noch zum Treffen der deutschsprachigen Pilger ins Pilgerzentrum. Zu diesen Treffen waren gerademal 4 Pilger gekommen, schon verückt wenn man bedenkt, wie viele an einem Tag ankommen. Es war trotzdem eine schöne Begegnung in einer ruhigen Atmosphäre und dort auch von den Erfahrungen der anderen Pilger auf dem Weg zu hören. Eine ganz junge Pilgerin erzählte, das sie in Portugal zwei mal belästigt wurde. In der Dunkelheit wurde sie am frühen Morgen von einem Mann mit Maske verfolgt der dabei onanierte. Sie rief daraufhin die Polizei, welche sich aber nicht darum kümmerte. Das andere mal wurde sie sogar angegriffen, sie konnte sich aber wehren, denn sie konnte Kampfsport. Von solchen Horrorgeschichten hatte ich bisher noch nicht gehört. Zum Glück hatte das Mädchen die Erlebnisse gut verarbeitet. Inga, eine Pilgerin aus Köln erzählte, das sie einmal keine Unterkunft fand, und eine Nacht zusammen mit einer anderen Pilgerin in einem Stundenhotel verbringen musste. Irgendwie auch eine eigenartige und skurile Erfahrung. Mit Hans, einem Diakon aus München unterhielt ich mich über die positiven aber auch negativen Seiten des Pilgerns und besonders über die Folgen hier in Santiago – Disneyland eben. Er war das erste mal hier und war nicht dieser Meinung. Aber bei jedem überwog trotz einiger negativer Erlebnisse am Ende die Freude am Camino und das Ankommen am Ziel. Später war dann am Abend die Führung um die Kathedrale. Hier wurden einige Stellen außen an der Kathedrale theologisch ausgelegt. Um die Kathedrale verteilen sich am Abend viele Gaukler und Künstler um ihre Darbietungen zu zeigen. Dabei wir es oft ganz schön laut. Ich sagte mit einem kleinen Seitenhieb zu Hans nur „Disneyland“ und er nickte nur. Schon skuril was aus diesem heiligen Ort gemacht wurde. Mittlerweile waren Dieter und sein Freund Werner aus Finisterre zurück und wir gingen jetzt in den Tapasbars Essen. In einer dieser Bars war ich gerade auf den Weg zur Theke und wurde mit frenetischen Umarmungen begrüßt. Es waren Juan Carlos und Dani, die ich in der Herberge und Bar in Padron getroffen hatte. Ich hatte sie seither nicht mehr gesehen und wir feierten unser wiedersehen wie wenn alte Freunde sich nach langer Zeit wieder treffen. Die Seele des Camino eben. In unserer Stammkneipe in der Nähe der Kathedrale saßen wir den Rest des Abends bei einem guten Wein zusammen und philosophierten über das Leben, den Glauben, den Camino und noch einige andere Dinge. Mein Pate Alois würde sagen: Den Abend leeres Stroh gedroschen, aber ganz so war es auch nicht. Der Abend verging einfach zu schnell und ich hätte mit Dieter sicherlich noch einige Stunden diskutiert. Aber er musste zurück in seine Herberge, Werner war schon eher gegangen, denn morgen mussten sie früh zurück nach Deutschland reisen. Wir verabschiedeten uns nach dieser unglaublichen Begegnung hier in Santiago mit dem Wunsch uns bald wieder mal zu treffen, so Gott will, vielleicht wieder auf dem Camino. Nichts ist ja Zufall. Und auch ich musste schnellstens in meine Herberge, die schloß ihre Tore um 0.30 Uhr. In der Dunkelheit und auch aufgrund von etwas zu viel Wein fand ich fast den Weg nicht und schaffte es gerade noch rechtzeitig. Ein vollgepackter Caminotag mit vielen Erlebnissen und Emotionen ging zu Ende und letzlich war ich froh im Bett zu sein.

Gracias und Buen Camino

9. Etappe Herbon nach O Milladoiro

Die Nacht war ruhig und ich konnte auch hier wieder gut schlafen. Heute konnten wir lange ausschlafen, war doch erst um 7.00 Uhr ein gemeinsames Frühstück geplant. So hatte man Zeit sich in Ruhe fertig zu machen. Bei Kaffee, Weißbrot, Butter und Marmelade konnte man sich nicht nur für den Tag stärken, sondern auch noch einige schöne Unterhaltungen führen. Nach dem Frühstück durfte man nicht vergessen sein Donativo die freiwillige Spende in die Box zu werfen. Auch freute man sich wenn man etwas in das Gästebuch schrieb. Mein Text: „An diesem wunderbaren Ort, an dem der Himmel die Erde berührt spürt man die Seele des Camino. Herzlichen Dank euch allen und Buen Camino. Pilgerhard“. Draußen machten wir noch ein gemeinsames Gruppenfoto als Erinnerung an den Aufenthalt hier in Herbon. Die Temperaturen waren am morgen doch recht kühl, aber eigentlich war es ideales Pilgerwetter. Zunächst ging es nach Padron, einem der bekanntesten und geschichtsträchtigsten Orte am Camino Portugues. Der Besuch der dortigen Jakobuskirche ist natürlich Pflicht. Bereits am frühen morgen waren relativ viele Pilger in der Kirche. Den weiteren Weg setzte ich dann zusammen mit Johanna und Paulina fort. Unterwegs trafen wir auf ein älteres Ehepaar aus Italien. Die beiden waren sehr langsam unterwegs aber immer fröhlich. Sie machten sich gerade am Wegesrand etwas zu Essen und boten uns etwas an. Wir nahmen die Einladung gerne an und liesen uns die Thunfischbrote schmecken. Eine Kapelle am Wegesrand lud zum verweilen ein. Davor saß eine ältere Frau und kümmerte sich um die Pilger die in die Kapelle wollten. Groß war der Andrang aber nicht. Es war ein besonderer Ort und man konnte bei meditativer Musik sich eine Zeit lang ausruhen. Johanna und Paulina waren zwischenzeitlich weitergelaufen so das ich jetzt wieder alleine unterwegs war. Wir hatten uns aber in der Herberge von Milladoiro verabredet. Ich genoss dieses allein sein bis ich gegen 14.00 Uhr in O Milladoiro ankam. Nach einem kurzen Stück durch die Stadt erreichte ich nach 24 km die Herberge von Milladoiro. Eine nagelneue und mit allem Komfort eingerichtete Herberge. Eigentlich zu schön für Pilger. Ich wurde von 2 freundlichen Brasilianerinnen, die als Hospitalero hier in Spanien tätig waren, sehr freundlich begrüßt. Johanna und Paulina waren noch nicht hier. Irgendwie muss ich sie mal überholt haben, waren sie doch eigentlich vor mir. Vor der Herberge gab es einige Sitzplätze und man konnte dort in Ruhe ein Bier genießen. Nach und nach trafen immer mehr Pilger ein, auch Johanna, Paulina, Christiane und Vivian waren dabei. Zwischenzeitlich hatte ich mich mit einem Italiener namens Paulho angefreundet. Auch seine Freundin Martina mit der er diesen Weg gepilgert hatte war sehr nett. Am Abend wollten wir dann in die Stadt um dort in einem Restaurant zu Abend zu Essen. Leider war an diesem Montagabend fast überall Ruhetag, so dass wir uns nach einigen Zusatzkilometern entschlossen zurück zur Herberge zu gehen. Nebenan gab es eine Bar und die boten auch etwas zu Essen an. Dort waren auch Paulho und Martina. Es war zwar nicht viel Platz im Lokal, aber wir fanden dann doch alle irgendwie einen Platz. Es wurde noch ein langer und fröhlicher Abend den wir gegen 23.00 Uhr beendeten. Das war also der letzte Abend vor Santiago. Wahsinn wie die Zeit verging.

Gracias und Buen Camino

8. Etappe Pordela nach Herbon

In der Nacht hatte es angefangen zu regnen und auch die Temperaturen waren um einiges kühler als in den vergangenen Tagen. Die Nacht war relativ ruhig im Schlafsaal mit 15 weitern Pilgern, wobei einige ziemlich schnarchten, was einem aber mittlerweile nichts mehr ausmachte. Da ich heute ins Kloster nach Herbon wollte, musste ich dafür eine Strecke von 34 km zurücklegen. Nach zwei mal 37 km an den vergangenen Tagen nochmal so eine Herausforderung. Aber ich war gut eingelaufen und hatte keinerlei körperliche Beschwerden außer der großen Schürfwunde am Knie, die nicht richtig abheilen wollte. Zunächst machte ich ein kleines Frühstück in der Herberge um mich etwas zu stärken für den Tag. Peter war auch schon auf, trank einen Kaffe und ging wieder ins Bett. Zuvor verabschiedeten wir uns voneinander. Leider sahen wir uns nicht mehr auf dem Weg, aber wir tauschten noch unsere Nummern aus um in Kontakt zu bleiben. Giulia aus Florenz war auch schon aufgestanden und frühstückte. Auch von ihr verabschiedete ich mich und sie sagte nur Ciao „My Hero“. Leider traf ich sie auch nicht mehr, schade. Draußen war es noch dunkel und es hatte gerade etwas aufgehört zu regnen. Ich suchte den Poncho um ihn griffbereit zu haben, wenn es wieder anfangen sollte zu regnen. In der Dunkelheit fand ich kaum den Weg, denn die Herberge lag ja etwas abseits des Weges und nach 5 Minuten begann es auch wieder stärker zu regnen, so das ich den Poncho überwerfen musste. Fast 2 Stunden lief ich im strömenden Regen, bis es langsam aufhörte und es auch endlich hell wurde. Nach und nach kam langsam die Wärme des Südens wieder zurück. Unterwegs traf ich auf eine dreiköpfige Männergruppe die Deuter Rucksäcke hatten, es mussten als Deutsche sein. Ich sprach sie an, aber mit ihnen kam ich überhaupt nicht ins Gespräch und sie waren nicht gerade sympathisch. Was sich kurze Zeit später nach einer Bar nochmals herausstellen sollte. Die drei wollten auf einen Kaffe in die nächstgelegene Bar, aber kurze Zeit später traf ich sie wieder und sprach sie darauf an. Sie sagten nur, in dieser Bar gab es keinen frischgebrühten Kaffee und das wäre ja das mindeste was sie erwarten könnten. Auch solche Pilger gibt es. Gegen Mittag war dann der Sommer zurück und ich entschloss mich eine Rast bei einem Cafe con Letche ein zu legen. Das Pilgeraufkommen war an diesem Tag wieder größer geworden. Unterwegs sprachen mich 2 deutsche Pilgerinnen an, die ich schon zuvor in der Bar gesehen hatte. Es waren Mutter und Tochter. Johanna, eine Deutsche die jetzt in den USA lebt und Paulina ihre Tochter die in Deutschland lebt. Sie hatte auch die mexikanische Staatsbürgerschaft. Wir gingen einige Stunden miteinander und hatten angregte und spannende Gespräche so daß die Zeit sehr schnell verging. Am frühen Nachmittag kamen wir an den Abzweig zum Kloster Herbon, was allerdings einen Umweg bedeutete. Johanna und Paulina hatten in einer Pension in Padron für diesen Tag vorgebucht. Wir machten noch ein gemeinsames Foto und wollten uns gerade verabschieden, da entschlossen sich die beiden kurzfristig mit zum Kloster zu laufen und wollten dann anschließend nach Padron. Gegen 15.00 Uhr kamen wir dort an und es standen schon einige Rucksäcke vor dem Eingang zur Herberge. Auf den Stufen der Treppe saßen zwei Deutsche Christiane und ihr Tochter Vivian aus dem Ruhrgebiet. Die Unterhaltung war als gesichert. Als Johanna und Paulina das Umfeld des Klosters sahen entschlossen sie sich kurzfristig auch hier zu bleiben und sagten ihre Unterkunft in Padron ab. Die Klosterkirche die dem Heiligen Antonius geweiht ist, wie passend zum Namen meines Enkels Anton, war geöffnet, so daß man dort an diesem Nachmittag zur Ruhe kommen konnte. Ich genoss es an diesem Ort sein und es war herrlich still dort. Um 16.00 Uhr pünktlich öffnete die Herberge und man wurde herein gebeten um sich anzumelden. Es gab 15 Abteile mit Doppelstockbetten und Vorhang. Es war alles sehr gepflegt und die beiden polnischen Hospitaleros hatten alles bestens im Griff. Zunächst war auch hier der übliche Ablauf gefragt, Duschen und Wäsche waschen. Es war ja wieder warm geworden und die Wäsche konnte trocknen. Danach konnte man die Ruhe des Klosters genießen. Um 18.00 Uhr wurde dann eine Klosterführung angeboten, die von einem Pater durchgeführt wurde. Er machte das richtig gut und mit einem entprechenden hintergründigen Humor erklärte er das Kloster. Im Anschluß wurde eine Pilgermesse angeboten, welche natürlich in spanisch war, aber man kennt ja den Ritus. Am Ende wurden die Pilger für den Pilgersegen nach vorne gerufen. In jeder Sprache wurde ein Segensgebet von verschiedenen Pilgern gebetet und der Pfarrer spendete allen den Segen. Jeder Pilger bekam noch eine Pilgerurkunde als Andenken an den Aufenthalt in Herbon. Eine wirklich wunderbare Stimmung war das hier und diese sollte sich beim gemeinsamen Abendessen fortsetzen. Dieses hatten die beiden Hospitaleros schon vorbereitet. Dazu gab es natürlich Wein und die Unterhaltungen an diesem Abend waren wieder mal unvergleichlich. Später saßen wir alle noch auf der Veranda um den Abend mit einem selbstgebrannten Mönchstrunk ausklingen zu lassen. Dieser leckere Trunk war aus Pimientos de Padrón. Der Ursprung der Pimientos ist nämlich genau hier im Kloster. Die Franziskaner holten die ersten Samen dieser kleinen Paprika aus Mexiko und adaptierten die Pflanzen an das Klima des Tales. Gegen Mitternacht gingen wir dann nach einem wunderbaren Tag schlafen. So spät war es bisher noch nie geworden.

Gracias und Buen Camino

7. Etappe Padron nach Pordela

Obwohl mein Bett direkt am offenen Fenster stand, das zur Bar hin gelegen war schlief ich tief und fest. Um 6.30 Uhr begann ich heute meinen Pilgertag. Es war noch dunkel als ich mich auf den Weg machte und an manchen Stellen schon unheimlich so allein in der Dunkelheit. Zumal man richtig aufpassen musste um die gelben Pfeile nicht zu übersehen. Es war heute auch wieder richtig heiß und über Redondela, Cesantes und Arcade ereichte ich gegen Mittag Pontevedra. An einem Abzweig, an dem es wieder mal eine Variante gab traf ich auf einen Deutschen. Mit ihm ging ich dann den Weg bis Pontevedra. Markus, er war Lehrer hatte schon einige Caminos hinter sich und wusste natürlich viel zu berichten. Trotzdem sprang zwischen uns der Funke nicht über und er war einer der wenigen Pilger mit dem ich irgendwie nicht auf einer Wellenlänge lag. Auch das kann es geben. Am Ortseingang von Pontevedra kamen wir gleich an der Gemeindeherberge vorbei. Und was ich da sah war erschreckend. Obwohl die Herberge erst um 14.00 Uhr öffnete saß schon eine ca. 60 m lange Menschenschlange auf dem Gehsteig und wartete darauf das die Herberge aufmachte. Das wollte ich mir nicht antun und suchte schnell das weite. In der Schlange saß auch Katharina, ich hatte sie ja schon eine zeitlang nicht mehr gesehen. Sie hatte jetzt richtig große Probleme mit ihrem Fuß. Er war richtig entzündet aufgrund der hohen Belastung und sie erzählte mir das sie deswegen auch im Krankenhaus war. Ein Stück war sie mit dem Bus gefahren und wollte hier in Pontevedra bleiben um sich etwas zu erholen. Markus, den Katharina auch kannte entschloss sich auch bei der Herberge zu bleiben. Ich wünschte beiden alles Gute und sagte, wir sehen uns in Santiago. Danach setzte ich meinen Weg durch die Stadt fort. Pontevedra war eine größere Stadt und in der Innenstadt war jede Menge los, an jeder Ecke spielte Musik. Ich machte kurz halt an der Kirche Virxe Peregrina die am Weg lag. Der Grundriß der Kirche ist einer Muschel nachempfunden. Auch hier war jede Menge los ist sie doch eine der schönsten Kirchen am Camino Portugues. Nach einiger Zeit hatte ich das bunte Treiben hinter mir gelassen und ereichte den Stadtrand wo es über eine große Brücke, die Ponte de Burgo ging. Auch heute hatte ich mir ein antizyklisches Ziel ausgesucht. Eine ganze Weile ging ich allein und sah weit und breit keinen Pilger. Man hatte den Eindruck, alle seien in Pontevedra geblieben. Später traf ich dann noch auf 2 Spanier, Juan Carlos und Laura. Sie begannen ihren Weg nach Santiago in Pontevedra, es war ihr erster Pilgertag. Sie begannen erst jetzt am Nachmittag. Sie wollten heute noch bis Caldas de Reis was eine Strecke von 12 km bedeutete. Dort hatten sie eine Unterkunft gebucht. Die beiden kamen aus der Nähe von Madrid. Wir unterhielten uns eine lange Zeit über Fußball, er war großer Fan von Real Madrid, und natürlich über den König von Spanien, Juan Carlos dessen Namen er trug. Er fand es lustig wenn ich ihn mit King Juan Carlos ansprach. Dann kam der Abzweig zur Herberge von Portela, die etwas abseits des Weges lag. Dort verabschiedeten wir uns voneinander. Am späten Nachmittag kam ich dann nach 37 km in der Herberge an und fragte nach einem Bett. Jorge, der Betreiber der Herberge, ein Portugiese, sagte er hätte noch 3 Betten im Schlafsaal. Dazu hatte er noch in einem Nebengebäude ein Matrazenlager. Nach und nach trafen noch Pilger ein und suchten einen Schlafplatz. Die Herberge war recht urig und es dank Jorge herrschte eine gute Stimmung in der Herberge. Da ich recht spät ankam und das Wetter etwas kühler geworden war duschte ich zunächst und wusch meine Wäsche damit diese trocknen konnte. Peter und Rachel mit ihren Söhnen Samuel und Louis aus Frankreich waren auch schon da und wir freuten uns einander wieder zu sehen. Peter erzählte mir, das seine Söhne auf dem Weg das Tablet jeden Tag nur eine Stunde nutzen dürfen, ansonsten würden sie viel lesen. Dafür musste Peter viele Bücher im Rucksack mit schleppen. Aber schon erstaunlich das sie gerne lesen. Eike, ein Pilger aus Nürnberg und ich mussten dringend auf das WC, aber es war ständig besetzt. Wir warteten eine ganze Zeitlang, aber es tat sich nichts. Bis Rachel kam und auf französisch etwas unwirsches rief. Daraufhin öffnete sich die Tür und Samuel kam heraus mit dem Buch in der Hand. Überhaupt waren eine Menge sympathischer Pilger in der Herberge so wie Eike aus Nürnberg und Giulia aus Florenz. Mit den beiden hatte ich am Nachmittag eine angeregte Unterhaltung. Zusammen mit Peter und Rachel machten wir dann den Salat für das gemeinsame Abendessen. Wir saßen gemeinsam draußen an einem großen Tisch und genossen das Abendessen, dazu ein Wein und alles war gut. Einfach wieder genial so ein Abend. Besonders unterhielt ich mich mit Giulia aus Florenz. Nachdem ich ihr erzählt hatte, das ich den Camino über 9 Jahre von zu Hause aus gepilgert bin sagte sie immer, wenn sie mich sah „My Hero“, was mir natürlich schmeichelte. Draußen wurde es langsam kühl und es sah nach Regen aus. Gegen 22.00 Uhr ging ein langer Pilgertag zu Ende und wir gingen alle schlafen.

Gracias und Buen Camino

6. Etappe Valenca nach Padron

Obwohl es ein großer Schlafsaal war schlief ich darin sehr gut. Wahrscheinlich hatte ich gestern das Glück das ich mir das Bett aussuchen konnte. Es war an der Außenmauer mit einem Fenster und auch das WC und die Dusche waren gleich in der Nähe. Die Wege waren kurz und auch Nachts war es nicht stickig. Um 7.00 Uhr war ich eigentlich startklar aber Raffael fing gerade erst an sich sein Frühstück auf dem Ofen zu zubereiten. Dies konnte noch eine Weile dauern, und so entschloss ich mich schon mal los zu gehen. Leider sollten wir uns nicht wieder sehen. Es war noch dunkel und auch recht kühl. Zunächst musste man durch die Altstadt von Valenca was relativ schwierig war. Es waren kaum gelbe Pfeile zu sehen und die Dunkelheit tat ihr übriges. 2 Slowakische Pilgerinnen waren auch schon unterwegs und fanden wie ich auch den Weg nicht. Aufgrund der Dunkelheit sahen wir den Ausgang aus der Stadtmauer nicht. Wir dachten da wäre eine Nische in der Mauer, dabei war es der Ausgang. Nur sahen wir ihn nicht wegen der Dunkelheit. Und so gingen wir einmal innerhalb der Stadtmauer ein Stück um die Stadt, was fast eine dreiviertel Stunde Umweg bedeutete. Die ersten Leute waren jetzt auch schon auf den Straßen zu sehen und so konnte man wenigstens nachfragen. Schließlich fand ich dann doch wieder zurück auf den Weg. Aber so ist das eben auf dem Camino. Manchmal verläuft man sich, aber man findet schließlich den Weg wieder. Der Camino verliert niemanden. Der Fluß Mino bildet die Grenze zwischen Portugal und Spanien. Nun hatte ich als mein geliebtes Portugal verlassen. Portugal hatte mich absolut positiv beeindruckt, vor allem die freundlichen und zufriedenen Menschen. Schade, aber vielleicht kehrt man ja mal wieder zurück. Jetzt in Spanien musste man die Uhr um 1 Stunde vorstellen. Der Weg durch Tui zog sich wie immer durch die Städte etwas lange hin. In den anschließenden Dörfern waren fast überall in diesen Tagen Fiestas im Gange. Jeden Tag wurde ein Heiliger in den Orten mit einem großen Fest begangen wie z.B. St. Roque oder St. Sebastian. Meist wurde schon am Morgen das Fest mit Böllerschüssen begonnen. Man hat dort, im Gegensatz zu uns hier in Deutschland, sich noch diese Tradition bewahrt. Unterwegs traf ich heute wieder das österreichische Ehepaar mit dem Mädchen und 2 junge deutsche, Jacqueline und Daniel. Die beiden überholte ich und sprach sie auf deutsch an, denn sie hatten Deuter Rucksäcke. Das war ein meist untrügliches Zeichen dafür, das man aus dem deutschsprachigen Raum kommt. Eine zeitlang unterhielten wir uns und dann trennten sich unsere Wege wieder. Über O Porrino und Mos erreichte ich nach 37 km mein heutiges Ziel Padron. Padron war ein kleiner Ort zwischen Mos und Redondela und hatte nichts mit dem berühmten Wallfahrtsort Padron am Jakobsweg zu tun. Da ab Tui sehr viele Pilger vom Küstenweg auf den Zentralweg treffen und auch viele Pilger wegen der Compostela die letzten 100 km beginnen, entschloss ich mich besonders ab hier antizyklisch zu den großen Orten zu übernachten, auch wenn ich dadurch manchmal, wie heute sehr lange Strecken gehen musste. Aber ich pilgere lieber lange Strecken, als mir den Stress der Bettensuche in den großen Orten anzutun. Besonders ab Tui waren viele Gruppen von Spaniern mit kleinen Rucksäcken unterwegs, immer auf der Jagd nach den Betten. Sie zogen manchmal in hohen Tempo an einem vorbei ohne zu grüßen. Ab hier hatte sich das Pilgern etwas verändert. Jeder fragte einem: Hast du für heute schon gebucht? Die meisten hatten richtig Panik, vor allem die deutschen. Und viele buchten um später wieder zu stornieren, wenn sie es sich dann doch anders überlegten. Da konnte es vorkommen, das manche die Betten blockierten und dann kurzfristig anriefen, sie kommen nicht. Ein absolut unmögliches Verhalten. Diese sogenannten Pilger sollten lieber ein Hotel buchen als in den Herbergen zu übernachten. Zur Herberge gehörte auch eine kleine Bar und ein schöner schattiger Biergarten. Betten hatte die Herberge bei meiner Ankunft um 15.30 Uhr noch genug. Aber nach und nach kamen noch einige Pilger an und so war der Schlafsaal am Abend fast voll. Zusätzlich hatte man noch 3 Doppelzimmer, die auch belegt waren. Nach den 37 km genehmigte ich mir erst mal 2 große Radler um den Durst zu löschen. Am Nachbartisch saß ein Pilger der deutsch aussah, ja man sieht es den meisten an, das sie aus Deutschland kommen. Ich sprach ihn an und es wurde eine schöne und kurzweilige Unterhaltung. Wolfgang, so hieß der Pilger kam aus der Nähe vom Starnberger See und war mit seinem Sohn unterwegs. Den Camino zusammen mit seinem Sohn hatte er von seinen Kindern zum 70. Geburtstag geschenkt bekommen. In der Bar wartete er auf seinen Sohn, der nach einer halben Stunde ankam. Die beiden wollten noch nach Redondela und übernachteten meist in Hotels. Es war wieder mal angenehm sich auf deutsch zu unterhalten. Englisch war für mich ztrotzdem recht anstrengend, aber je länger der Weg dauerte, desto besser wurde es. Heute bestellte ich mir mal ein Pilgermenü, denn ich hatte richtig Hunger. Mittlerweile saßen am Nebentisch 2 Dänen, Rene und Simone. Die beiden waren auch schon erfahrene Pilger und hatten den Camino Frances gepilgert. Sie sprachen etwas deutsch und so wurde es ein angenehmer und lustiger Abend. Die beiden gingen aber recht früh schlafen und ich setzte mich noch etwas an die Bar. An diesem Abend hatte ich richtig Durst. Im Innenraum der Bar kamen nach und nach die Einheimischen an und bestellten sich ihr Abendessen, dazu reichlich Wein in Schalen. Dabei schauten sie gemeinsam Fussball. Hier wird Dorfgemeinschaft noch gepflegt. Auch kam noch ein spanisches Paar das eines der Doppelzimmer hatte, an die Bar. Wir unterhielten uns kurz und waren uns sofort sympathisch. Die beiden waren Juan Carlos und Dani. Aber leider verloren wir uns aus den Augen. Schade, aber wir sollten uns wieder treffen – Nichts ist Zufall. Dazu später mehr. Gegen 22.30 Uhr ging ich dann müde und zufrieden nach einem herrlichen aber anstrengenden Pilgertag ins Bett.

Gracias und Buen Camino

5. Etappe Labruja nach Valenca

Nach diesem herrlichen Gesang der Vornacht hatte ich sehr gut geschlafen. Frühstück gab es heute auch in der Herberge. Die Betreiberin der Herberge hatte dieses schon am Vorabend vorbereitet, der Rest war Self Service. Aber das reichte auch aus um sich für den Tag zu stärken. Ich verabschiedete mich von Katharina. Sie hatte sich für heute eine kürzere Strecke vorgenommen, denn sie hatte Schmerzen in den Beinen und wollte deshalb kürzer treten. Nach einem etwas längeren und steileren Anstieg, was ja eher selten auf diesem Camino Portugues ist, kam ich am berühmten Cruz de Frances dem Franzosenkreuz an. Dieses Kreuz ist die Miniausführung vom Cruz de Ferro vom Camino Frances. Hier legen die Pilger einen Stein aus der Heimat, als Symbol für die Last, die sie tragen, ab. Ich legte natürlich auch einen Stein von daheim am Fuß des Kreuzes ab. Beim Gespräch mit anderen Pilger über dieses Kreuz stellte sich aber oft heraus, das viele diese Tradition überhaupt nicht mehr kennen. Eigentlich schade, das viele solcher Traditionen in Vergessenheit geraten. Für mich sind solche Orte am Weg jedenfalls immer ein Highlight. Nach einem weiteren Anstieg ging es dann wieder Talwärts und unterwegs traf ich dann auf Paulho und seinen Sohn Tiago die zusammen den Weg gingen. Sie kamen aus Barcelos, was ja nicht all zu weit entfernt liegt. Sie hatten also keinen allzu weiten Weg nach Santiago. Es war auffallend das hier in Portugal viele Väter mit Söhnen, Mütter mit Töchtern und auch Vater, Mutter Kind unterwegs waren. Dies lag vor allem daran, das dieser Weg relativ flach ist und keine so steilen Anstiege wie der Camino Frances oder der Camino de Norde hat. Ideal auch für Pilger die zum ersten mal einen Camino gehen wollen und Bedenken haben es überhaupt zu schaffen. Bei großer Hitze setzte ich meinen Weg fort und kam schließlich an einem Schild vorbei, das genau die Mitte des Weges von Porto nach Santiago war. Am Wegesrand traf ich dann nochmal Juliane, die ich zuletzt bei der Herberge von Fernanda gesehen hatte. Sie hatte heute ihren letzten Tag auf dem Camino und wollte morgen von Tui zurück nach Köln reisen. Kurz vor Valenca hatten einige Jugendliche eine Erfrischungsstation mit Getränken und Obst für die Pilger vorbereitet. 4 Junge Amerikaner aus Texas saßen bereits da und ich entschloss mich hier eine kleine Rast einzulegen. Wir unterhielten uns eine Zeitlang und nach ca. 28 km erreichte ich schließlich den Stadtanfang von Valenca. Valenca ist die Grenzstadt zu Spanien, und da ich noch eine letzte Nacht in Portugal verbringen wollte machte ich mich auf der Suche nach der Herberge. Die öffentliche Herberge sollte gleich in der Nähe sein, aber ich fand irgendwie den Weg nicht. Im Busbahnhof, der gleich vor mir war, bat ich einen Mann um Hilfe. Es war ein Portugiese und er beschrieb mir den Weg zur Herberge. Sie war nicht ganz so leicht zu finden aber schließlich fand ich sie doch noch. Diese war relativ groß und es gab 60 Betten in 2 Räumen. Sie war zwar spartanisch ausgestattet, aber man hatte alles was man brauchte. Sogar der Supermarkt war gleich in der Nähe und so war es ein leichtes sich selbst zu versorgen. Nach dem üblichen Duschen und Wäschewaschen machte ich mich auf zum Supermarkt um Verpflegung einzukaufen. Auf dem Rückweg sah ich das in der Ferne ein Wald brannte. Man hatte ja in den vergangenen Tagen des öfteren schon davon gehört, wenn auch in der Nähe von Lissabon. Das war ja weit weg, aber jetzt hatte man das hautnah hier. Man konnte nur Hoffen, das sie das Feuer bald im Griff haben. Im Garten der Herberge konnte man herrlich sitzen und ich machte mir dort erstmal etwas zu Essen. Dabei lernte ich Thomas aus Frankreich kennen. Er war mit seiner Frau und den 2 Söhnen unterwegs. Mit einem jüngeren Mann aus Polen kam ich dann auch noch ins Gespräch. Es war Raffael aus der Nähe von Warschau und wir beschlossen den Abend zusammen zu verbringen. Er war ein junger Mann und mit ihm konnte man sich gut unterhalten. Wir verabredeten uns für morgen gegen 7.00 Uhr zusammen los zu laufen. Gegen 22.00 Uhr gingen wir schließlich in den Schlafsaal.

Obrigado und Bom Caminho

4. Etappe Navio nach Labruja

Die Nacht war sehr ruhig im Schlafsaal, keine lästige Fliege, kein Schnarchen, nur draußen das zirben der Grillen. Ich habe so gut wie schon lange nicht mehr geschlafen. Da wir alle gemeinsam bei Fernanda um 7.30 Uhr Frühstück machen wollten, konnte man heute richtig Zeit lassen. Frühstück machte Fernanadas Mann und leider war Fernanda nicht zu sehen. Ich hatte schon Bedenken, das wir sie heute nicht mehr sehen. Wir alle hofften das sie noch kommen würde, damit wir uns von ihr verabschieden konnten. Die Herberge war auf Spendenbasis und man gab gerne großzügig, denn jeder wusste ja selbst was er gegessen und vor allem an Wein getrunken hatte. Als wir unsere Stempel abgeholt und auch das Donativo gezahlt hatten kam Fernanada zum Abschied nehmen. Heute ging ich wieder alleine los. Ich war der erste, der die Herberge verließ und so hatte ich alle hinter mir. Da es bereits 8.30 Uhr war wollte ich heute nicht ganz so lange gehen und hatte mir als Ziel Labruje ausgesucht. Meine Etappenziele suchte ich meist antizyklisch zu den Zielen in den Pilgerführern. Wenn man zwischen den großen Etappenzielen übernachtet muss man wenigstens nicht vorbuchen. Das wollte ich auf keinen Fall machen. Dadurch musste ich aber auch mal länger Strecken in Kauf nehmen. Die Temeperaturen waren auch heute sehr hoch und ständig ging es über Kopfsteinpflaster, was ganz schön auf die Knochen ging. Über Vittori de Piaes kam ich gegen Mittag in Ponte de Lima an, einen der ältesten und schönsten Orte von Portugal. Hier herrschte ein reges Stadtleben. Auf dem Weg durch die Stadt sprach mich ein österreichisches Paar, das mit einem Kind unterwegs war, an. Die beiden kamen aus der Steiermark und ihre Tochter war erst 13 Jahre alt. Sie war total vom Weg begeistert und sammelte am liebsten Stempel. Man merkte ihr an, das sie bereits den Caminovirus hatte und das mit 13 Jahren. Nach der Brücke gab es eine kleine Kapelle, in der man etwas in Ruhe sitzen und seine Gedanken wieder ordnen konnte. Vor der Kapelle traf ich dann Katharina wieder und wir beschlossen zusammen einen Kaffee zu trinken. Als wir gerade losgingen, trafen wir auf einen Amerikaner, der mit seinem Sohn unterwegs war. Es stellte sich heraus, das sie erst morgen ihren Camino beginnen wollten und suchten schon heute mal nach dem Beginn des Weges in Ponte de Lima. Zusammen gingen wir mit den beiden ein kurzes Stück bis an den Stadtrand. Unterwegs machten wir noch kurz Rast an einer kleinen Bar. Katharina bestellte Nudeln und da die Betreiberin der Bar Italienerin war konnte sie diese ganz besonders gut zu bereiten. Ich bekam zum probieren auch etwas ab und freute mich darüber. Die Betreiberin der Bar schlug uns vor, das wir bei ihr in kleinen Zelten übernachten könnten, was wir aber ablehnten, obwohl es sicherlich eine ganz neue Erfahrung gewesen wäre. Ich ging vor Katharina los und relativ ereignislos ging es dann dem heutigen Etappenziel entgegen. Kurz vorher kam mir noch ein Pilger entgegen, was ja relativ seltsam ist oder wiederum auch nicht. Ist doch der umgekehrte Weg des Camino, der Pilgerweg von Santiago nach Fatima. Der Camino ist mit gelben Pfeilen gekennzeichnet, der Weg nach Fatima mit blauen Pfeilen. Der Pilger der mir entgegen kam war Antonio und er hatte auf seinem Rucksack eine brasilianische Fahne. Wahnsinn, aus Brasilien anzureisen um den Pilgerweg von Santiago nach Fatima zu pilgern. Wir unterhielten uns eine Weile und ich erzählte ihm das mein Enkel auch Anton heißt. Das freute ihm ganz besonders und wir wünschten einander alles Gute, und Buen Camino für unsere Wege. Nach einem kleinen Anstieg kam dann schon die Herberge von Labruja die ich nach ca. 26 km erreichte. Sie war relativ neu und hatte 2 Schlafräume mit je 4 Betten und saubere neue Sanitärräume. Kurz nach mir kam dann auch Katharina an und wir bezogen unsere Betten. Da ausser uns noch keiner da war konnte jeder ein Zimmer für sich in Beschlag nehmen. Später kamen dann noch Oleg, Luba und ihr 10 jähriger Sohn Demit aus Kasan in Russland dazu. Sie hatten aber ein seperates 3 Bettzimmer für sich gebucht. Russische Pilger hatte ich bisher auf den vielen Jakobswegen noch nicht getroffen. Beim gemeinsamen Abendessen konnten wir uns dann näher kennenlernen. Sie waren sehr nett und auch als Pilger im christlichen Sinn unterwegs. Sie waren auch Fußballfans und schenkten mir das Maskottchen der WM 2018 in Russland. Die WM dort ging ja bekanntlich nicht so gut für uns deutsche aus. Im Gegenzug durften sie sich einen Segensspruch ziehen. Natürlich musste Google Translate übersetzen. Katharina und ich genehmigten uns an diesem Abend eine Flasche Weißwein und gingen gegen 21.00 Uhr schlafen. Es war eine sternenklare Nacht und aus der Ferne hörten wir Musik und Gesang. Es stellte sich heraus, das am Vorabend zu Maria Himmelfahrt in vielen Kirchen mit Gebeten und Gesang dieser Feiertag begangen wurde. Es hörte sich einfach mystisch an den Gesang in die Nacht hinaus zu hören. So saß ich noch über eine Stunde auf dem Balkon und lauschte in die Nacht bis ich schließlich zu Bett ging.

Obrigado und Bom Caminho