74. Etappe von Arthez-de-Bearn nach Navarrenx

DSC00574~1In der Nacht hatte es so heftig zu regnen angefangen, das man davon wach wurde. Ich stand auf und holte erstmal meine Schuhe herein die draußen im freien in einem Regal standen. Florian hatte sein Zelt aufgrund des Regens abgebaut und machte es sich auf der Couch der Herberge gemütlich. Bei diesem Wetter macht es wahrlich keinen Spaß im freien zu Übernachten. Auch nach dem Frühstück regnete es noch heftig, so das man gezwungen war die Regenkleidung und den Poncho anzuziehen. Auch war heftiger Wind aufgekommen und die Temperaturen empfindlich gesunken. Es sollte heute den ganzen Tag nicht besser werden. Aber das kennen wir ja schon und auch der Weg muss bei Regen weitergehen. Die 31 km lange Strecke versuchten wir so zügig und mit so wenig Pausen wie möglich zurückzulegen. Eine Rast am Wegesrand war heute aufgrund der Witterung unmöglich. Am späten Nachmittag kamen wir in Navarrenx an. Heute waren wir in der Herberge Alchimiste untergebracht. Es war eine sehr orginell eingerichtete Unterkunft. Der Betreiber nannte sich „Der Alchimist“ und schon bei der Begrüßung wurde einem ein warmer Tee mit Honig zubereitet. Einfach fürsorglich wie man mit den Pilgern umgeht. Roger und Florian kamen auch kurze Zeit später an. Dazu kam noch Lucien ein Pilger aus Hannover, mit ihm war die Konversation deutlich leichter. Jean Pierre ein Franzose aus Marseille kam ebenso noch dazu, mehr Plätze gab es nicht. In der Kirche von Navarrenx gab es dann am Abend eine kurze Pilgerandacht zu der wir alle hingingen. Sie war sehr spirituell gestaltet und wer wollte konnte einen Beitrag dazu leisten. Edgar und ich sangen unseren Angelus „Den Engel des Herrn“. Verständlicherweise kannte von den anderen natürlich keiner dieses Lied, aber es gefiel allen. Florian fragte nach und wir sagten dies sei ein „Song for Maria“. Im Anschluss wurden wir vom Gemeindereferenten, der diese Andacht gestaltet hatte noch in den Gemeindesaal eingeladen zu einem kleinen Umtrunk mit einem Glas Wein und einen Snack. Hier fühlte man sich richtig aufgehoben mit all den anderen Pilger die dabei waren. Auch Roger, Florian und Jean Pierre waren dabei. Danach ging es zurück zum „Alchimisten“. Dieser hatte schon das Abendessen vorbereitet. Es wurde richtig zelebriert. Der Alchimist machte das offene Feuer am Kamin an was richtig gut tat, den es war noch richtig kalt nach diesem Regentag. Mit einigen Gläsern Wein und netten Gesprächen am offenen Feuer des Kamins ging ein schöner Pilgertag zu Ende.

Bonjour und Buen Camino

73. Etappe von Arzacq-Arraziguet nach Arthez-de-Bearn

DSC00526~1Auch heute ging es recht früh los, wir hatten wie bereits gestern wieder mehr als 30 km vor uns, und die müssen erstmal gelaufen werden, zumal man sich ja noch in der Gewöhnungsphase am zweiten Tag des Weges befindet. Das Frühstück war schon vorbereitet, man musste nur noch die Sachen aus dem Kühlschrank nehmen und Kaffee machen. Alle waren fast gleichzeitig gekommen und so war es beim Frühstück schon wieder so harmonisch wie am gestrigen Abend. Man tauschte sich aus und erzählte wie weit man heute gehen will. Das Wetter war an diesem Tag ganz hervorragend, die Sonne schien kräftig und man merkte ihre Kraft hier im Süden von Frankreich schon in diesen Frühlingstagen bereits Ende April. Auch ist die Vegetation hier im Süden schon um einiges weiter als bei uns in Deutschland. Unterwegs war es heute recht ereignislos, es ging mal rauf und runter, über Feldwege und Dörfer. Ab und zu traf man sich wieder. Zuerst trafen wir Daniel und Marlene. Dann Roger und Florian, und mit allen hält man dann halt ein schwätzchen und so vergeht die Zeit wie im Fluge. Jedes Jahr verlaufen wir uns mal auf dem Weg, entweder man achtet vor lauter reden nicht auf die Zeichen oder die Zeichen sind nicht klar erkennbar. Heute war wieder der Tag gekommen an dem wir uns verlaufen sollten. Wir hatten uns so richtig in ein kirchliches Thema reindiskutiert und achteten nicht auf die Zeichen. So liefen wir in die falsche Richtung. Zum Glück sah uns ein Bauer am Wegesrand laufen und machte uns darauf aufmerksam das wir falsch sind. Wir waren fast 2 km vom Weg schon weg, und so mussten wir zwangsläufig wieder zurück. Auch das gehört zum Weg dazu. Wie im Leben auch ist man halt mal auf dem falschen Weg. Dann muss man halt in den sauren Apfel beißen und wieder zurücklaufen, auch wenn es weh tut. Kleine Sünden bestraft der Herr halt gleich sofort, wahrscheinlich hatten wir zu heftig über diese kirchliche Thema diskutiert. Das nächste mal passt man dann wieder aufmerksamer auf die Zeichen auf. Am späten Nachmittag kamen wir dann in Arthez de Bearn an. Hier trafen wir in dem örtlichen Cafe auf Florian und Roger und tranken zusammen einen Cafe au lait. Roger hatte sich bereits ein Quartier gesucht und Florian wollte zelten. Er schlief nur ab und zu in Herbergen wenn es sich mit dem Zelt nicht ergab. Die Kommunale Herberge in der wir reserviert hatten, fanden wir auch gleich auf Anhieb. Die Herberge war zwar offen aber keiner war zu sehen. Nur ein Pilger kam uns auf der Straße entgegen. Er erklärte uns, das unsere Namen auf einer Liste stehen, wir hatten diese wieder mal übersehen, darauf war auch unser Zimmer eingetragen und so konnten wir uns schon mal einquartieren. Der Pilger war Raffael, er kam aus der Schweiz und wollte bis Santiago gehen. Er war wie alle Pilger nett, leider sprach er nur wenig Englisch und auch kein Deutsch, aber die Verständigung klappte ja trotzdem. Nach und nach trafen die Pilger ein. Daniel und Marlene kamen und zu unserer Überraschung auch Florian, er wollte im Garten der Herberge zelten. Heute wurde hier nicht für uns gekocht, und so machten wir uns auf den Weg in den Supermarkt um einzukaufen. Dort waren auch Rafael, Florian, Marlene und Daniel. Sie fragten ob wir nicht zusammen was machen wollten und so kauften wir gemeinsam Lebensmittel und Wein ein fürs Abendessen. Beim Essen kam auch noch Allen dazu. Florian kannte ihn schon seit einigen Tagen und er war einer der interessantesten Pilger die man treffen konnte. Allen kam aus Neuseeland, hatte einen grünkarierten Schottenrock an mit dem er auch tagsüber pilgerte, damit fiel er natürlich auf und zudem war er 76 Jahre alt. Er nötigte uns allen höchsten Respekt ab, mit welchem Elan und welcher Demut er diesen, seinen persönlichen Weg ging. Es war kein einfacher Weg für ihn, den er hier nach vielen Schicksalsschlägen ging. Einer der Pilger, die man immer in Erinnerung behalten wird. Später kam noch ein Radpilger zu uns dazu. Es war Hans Christof aus Rügen, er war Mediziner und übertraf mit dem Alter heute noch Allen. Hans Christof war 80 Jahre alt und war mit seinem Fahrrad in Le Puy gestartet. Gegen die beiden waren wir heute in der Herberge alle junge Hüpfer. Trotz des Altersunterschiedes wurde es an diesem Abend wieder eine recht schöne Unterhaltung bei einigen Gläsern Wein.

Bonjour und Buen Camino

72. Etappe von Air sur L Adour nach Arzacq-Arraziguet

Nach einer ruhigen Nacht im Zimmer, wir hatten Daniel noch bei uns, standen wir relativ früh auf.
Man hatte eine richtige Unruhe an sich, um endlich wieder loslaufen zu können. Zunächst aber war Frühstück angesagt. Wir waren wieder mal die ersten. Alejandro und seine Frau hatten schon alles vorbereitet. Nach einem Jahr gab es wieder ein französisches Frühstück. Den Milchkaffee aus Müslischalen, Weißbrot und Marmelade in allen Variationen. Nach und nach kamen auch die anderen Pilger zum Frühstück. Einige hatten bereits alles verpackt und gingen ohne Frühstück los. Mit den anderen, die da blieben tauschte man sich so gut es ging aus. Zum Glück war Marlene noch da zum Übersetzen. Nach einer Stange Weißbrot konnte es mit vollen Magen losgehen. Man merkte an diesen ersten Tag noch das Gewicht des Rucksackes, obwohl man sich wirklich nach all den Jahren auf dem Weg nur auf das nötigste beschränkt. Der Rucksack hatte mit den Wasserproviant doch seine 11 Kg und daran musste man sich erst wieder gewöhnen. Aber das kennt man ja aus den Jahren zuvor. Das Wetter konnte an diesem Morgen nicht besser sein. Sonnig und trotzdem kühl, genau richtig für den ersten Tag. Daniel ging auch mit uns los, leider sprach er nur französisch und so war es schwer eine Unterhaltung zu führen. Nach einigen Kilometern trafen wir auf 2 Französinnen, Isabelle und Giselle, sie waren Freundinnen und kamen aus der Nähe von Le Puy. Beide konnten ein paar Worte Englisch und so konnte man sich einigermassen unterhalten. Es war recht lustig das Sprachengewirr mit dem wir uns unterhielten, und man war sich nicht immer sicher ob der andere alles so verstanden hatte wie es gesagt und gemeint war. Die beiden waren aber ganz lustig und versuchten uns französisch beizubringen. Bei einigen Worten gelang es, bei einigen nicht. Beide sangen uns zum Abschied noch einen Chanson von Michele Sartou. Einfach genial solche Menschen zu treffen. Gegen Mittag legten wir nochmals eine Pause ein, zum einen um etwas zu Essen und zum anderen, um unseren Angelus, den „Engel des Herrn“ in einer kleinen Kirche zu singen. Einige Gebetsimpulse hatten wir natürlich auch in diesem Jahr im Gepäck. Diese hatten wir dankenswerter Weise von Dieter Jung, unseren ehmaligen Praktikanten, Diakon und Pfarrer erhalten. Er geht ja seit einigen Jahren auch in Etappen den Jakobsweg mit einigen Freunden. So gibt es auch hier noch eine Verbindung zu einem „alten“ Freund. Am Nachmittag erreichten wir Arzacq-Arraziguet und gingen zur Kommunalen Herberge. Diese war sehr zentral gelegen und richtig gut ausgestattet, die Zimmer hatten alle Ländernamen. Wir bekamen ein 2 Bettzimmer mit dem Namen „Italie“. Nach und nach trafen die Pilger ein, auch Daniel, Marlene, Soleen und Clemence waren gekommen. Beim Abendessen im großen Speisesaal lernten wir dann Roger kennen, er wollte bis St. Jean piet de Port gehen und von dort zum Camino de Norte. Er war aus Hennebont, dies ist die Partnerstadt von Kronach. Er hatte einen Blog im Internet und schrieb täglich seine Erlebnisse mit Bildern dort hinein. Auch lernten wir hier Florian, einen jungen Mann aus Grenoble kennen. Er lebte mit seinen Eltern berufsbedingt schon einige Jahre in Afrika und auch in Singapur. Trotz seiner Jugend konnte er aufgrund seiner Erfahrungen im Ausland schon einiges einschätzen. Den Camino verglich er mit seinen Erlebnissen in Afrika und Singapur. In Afrika hatten die Menschen nichts und liesen es ruhig angehen, dabei waren sie trotzdem fröhlich, wie wir auf dem Camino. Wir konnten hier auch mit sehr wenig auskommen und brauchten nicht den Luxus von zu Hause. Dagegen liefen die Menschen in Singapur, die alles hatten, nur gehetzt und mit griesgrämigen Gesichtern durch die Gegend. Wir saßen noch lange im Aufenthaltsraum zusammen, und es wurde, wie fast immer ein richtig netter Abend mit teilweise tiefgründigen Gesprächen und man ging zufrieden mit sich und der Welt ins Bett.

Bonjour und Buen Camino

Pilgersegen und Anreise

Auch in diesem Jahr wollen wir nicht auf den Pilgersegen verzichten, und so baten wir unseren neuen Pfarrer Sven Raube uns diesen zu spenden. Er sagte spontan zu und gab uns den Pilgersegen am Ende eines Gottesdienstes in der letzten Woche. Für die Anreise in diesem Jahr war schon eine gewisse Logistik erforderlich. Früh um 4 Uhr machten wir uns mit dem Auto auf den Weg zum Flughafen nach Dresden. Unser Billigflug ging von dort mit einen Zwischenstopp in Hamburg nach Toulouse. Nach den Terroranschlägen von Paris, waren die Kontrollen an den Flughäfen wieder relativ umfangreich. Am frühen Nachmittag landeten wir pünktlich in Toulouse und schon beim warten auf unseren Rucksack am Gepäckband trafen wir einen Jakobspilger, was ja unschwer an seiner Muschel zu erkennen war. Gleich kamen wir ins Gespräch, es war ein Deutscher, Andreas aus Hamburg. Er wollte zum Somportpass und von dort aus den Weg nach Santiago gehen. Er hatte sich eine Ausszeit von seiner Firma genommen um sich diesen Traum erfüllen zu können. Mit dem Bus mussten wir zunächst vom Flughafen zum Bahnhof Matabiau. Zusammen schafften wir es trotz der obligatorischen Sprachprobleme den richtigen Bus zu finden. Am Bahnhof hatten wir jetzt viel Zeit, den unser Zug nach Auch sollte erst in 3 Stunden gehen. Auch Andreas hatte noch fast 2 Stunden, bis sein Zug zum Somport gehen sollte. So genehmigten wir uns die ersten Bierchen in Frankreich und erzählten von unseren Erlebnissen auf dem Weg. Anschließend gingen wir noch bei herrlichen Frühsommerwetter in die Stadt und verbrachten einige Zeit im Park. Dort konnte man herrlich in der Sonne sitzen und die Leute bei ihren treiben beobachten. Mit dem Zug ging es dann nach Auch und von dort mit dem Bus zu unseren Startpunkt des diesjährigen Weges nach Air sur l Adour. Gegen 20.00 Uhr kamen dort an, wo wir im letzten Jahr aufgehört hatten. Die Anreise klappte in diesem Jahr reibungslos, allerdings haben wir im nachhinein erfahren, das die Busfahrer einen Tag vorher gestreikt hätten. So gesehen wurden wir dieses Jahr vom Streik knapp berschont. Jetzt mussten wir uns erstmal die Herberge suchen, die wir vorher sicherheitshalber bereits von zuhause aus gebucht hatten. Leider war die Herberge, in der wir im vergangen Jahr übernachtet hatten geschlossen. Der Betreiber musste sie aus gesundheitlichen Gründen leider schließen. Nach mehrmaligen nachfragen fanden wir in der Herberge Le Maison de Pelerin und wurden schon erwartet. Wir wurden von Alejandro, ein Spanier herzlich begrüßt, die anderen Pilger waren gerade beim Abendessen und es war wie heimkommen. Man ist da und spürt gleich die herzlichkeit unter den Pilgern und es ist wie wenn man sich schon lange kennt. Dabei hat man sich gerade zum erstenmal getroffen und kennengelernt. Schnell kamen wir mit allen ins Gespräch, auch wenn man nicht die gleiche Sprache spricht. Wir waren an diesem ersten Abend ein bunt gemischter Pilgerhaufen. Die Pilger Clemence, Soleen und Daniel waren aus Frankreich. Marlene, eine Pilgerin aus der Schweiz war die einzige, die deutsch und französisch sprach, so konnte man sich gut verständigen. Wir bekamen sogar noch eine Suppe zum Abendessen. Es wurde gleich ein herrlich lustiger Abend mit netten Pilgern bei einer obligatorischen Flasche Rotwein.

Bonjour und Buen Camino