72. Etappe von Air sur L Adour nach Arzacq-Arraziguet

Nach einer ruhigen Nacht im Zimmer, wir hatten Daniel noch bei uns, standen wir relativ früh auf.
Man hatte eine richtige Unruhe an sich, um endlich wieder loslaufen zu können. Zunächst aber war Frühstück angesagt. Wir waren wieder mal die ersten. Alejandro und seine Frau hatten schon alles vorbereitet. Nach einem Jahr gab es wieder ein französisches Frühstück. Den Milchkaffee aus Müslischalen, Weißbrot und Marmelade in allen Variationen. Nach und nach kamen auch die anderen Pilger zum Frühstück. Einige hatten bereits alles verpackt und gingen ohne Frühstück los. Mit den anderen, die da blieben tauschte man sich so gut es ging aus. Zum Glück war Marlene noch da zum Übersetzen. Nach einer Stange Weißbrot konnte es mit vollen Magen losgehen. Man merkte an diesen ersten Tag noch das Gewicht des Rucksackes, obwohl man sich wirklich nach all den Jahren auf dem Weg nur auf das nötigste beschränkt. Der Rucksack hatte mit den Wasserproviant doch seine 11 Kg und daran musste man sich erst wieder gewöhnen. Aber das kennt man ja aus den Jahren zuvor. Das Wetter konnte an diesem Morgen nicht besser sein. Sonnig und trotzdem kühl, genau richtig für den ersten Tag. Daniel ging auch mit uns los, leider sprach er nur französisch und so war es schwer eine Unterhaltung zu führen. Nach einigen Kilometern trafen wir auf 2 Französinnen, Isabelle und Giselle, sie waren Freundinnen und kamen aus der Nähe von Le Puy. Beide konnten ein paar Worte Englisch und so konnte man sich einigermassen unterhalten. Es war recht lustig das Sprachengewirr mit dem wir uns unterhielten, und man war sich nicht immer sicher ob der andere alles so verstanden hatte wie es gesagt und gemeint war. Die beiden waren aber ganz lustig und versuchten uns französisch beizubringen. Bei einigen Worten gelang es, bei einigen nicht. Beide sangen uns zum Abschied noch einen Chanson von Michele Sartou. Einfach genial solche Menschen zu treffen. Gegen Mittag legten wir nochmals eine Pause ein, zum einen um etwas zu Essen und zum anderen, um unseren Angelus, den „Engel des Herrn“ in einer kleinen Kirche zu singen. Einige Gebetsimpulse hatten wir natürlich auch in diesem Jahr im Gepäck. Diese hatten wir dankenswerter Weise von Dieter Jung, unseren ehmaligen Praktikanten, Diakon und Pfarrer erhalten. Er geht ja seit einigen Jahren auch in Etappen den Jakobsweg mit einigen Freunden. So gibt es auch hier noch eine Verbindung zu einem „alten“ Freund. Am Nachmittag erreichten wir Arzacq-Arraziguet und gingen zur Kommunalen Herberge. Diese war sehr zentral gelegen und richtig gut ausgestattet, die Zimmer hatten alle Ländernamen. Wir bekamen ein 2 Bettzimmer mit dem Namen „Italie“. Nach und nach trafen die Pilger ein, auch Daniel, Marlene, Soleen und Clemence waren gekommen. Beim Abendessen im großen Speisesaal lernten wir dann Roger kennen, er wollte bis St. Jean piet de Port gehen und von dort zum Camino de Norte. Er war aus Hennebont, dies ist die Partnerstadt von Kronach. Er hatte einen Blog im Internet und schrieb täglich seine Erlebnisse mit Bildern dort hinein. Auch lernten wir hier Florian, einen jungen Mann aus Grenoble kennen. Er lebte mit seinen Eltern berufsbedingt schon einige Jahre in Afrika und auch in Singapur. Trotz seiner Jugend konnte er aufgrund seiner Erfahrungen im Ausland schon einiges einschätzen. Den Camino verglich er mit seinen Erlebnissen in Afrika und Singapur. In Afrika hatten die Menschen nichts und liesen es ruhig angehen, dabei waren sie trotzdem fröhlich, wie wir auf dem Camino. Wir konnten hier auch mit sehr wenig auskommen und brauchten nicht den Luxus von zu Hause. Dagegen liefen die Menschen in Singapur, die alles hatten, nur gehetzt und mit griesgrämigen Gesichtern durch die Gegend. Wir saßen noch lange im Aufenthaltsraum zusammen, und es wurde, wie fast immer ein richtig netter Abend mit teilweise tiefgründigen Gesprächen und man ging zufrieden mit sich und der Welt ins Bett.

Bonjour und Buen Camino