In der Nacht hatte es angefangen zu regnen und auch die Temperaturen waren um einiges kühler als in den vergangenen Tagen. Die Nacht war relativ ruhig im Schlafsaal mit 15 weitern Pilgern, wobei einige ziemlich schnarchten, was einem aber mittlerweile nichts mehr ausmachte. Da ich heute ins Kloster nach Herbon wollte, musste ich dafür eine Strecke von 34 km zurücklegen. Nach zwei mal 37 km an den vergangenen Tagen nochmal so eine Herausforderung. Aber ich war gut eingelaufen und hatte keinerlei körperliche Beschwerden außer der großen Schürfwunde am Knie, die nicht richtig abheilen wollte. Zunächst machte ich ein kleines Frühstück in der Herberge um mich etwas zu stärken für den Tag. Peter war auch schon auf, trank einen Kaffe und ging wieder ins Bett. Zuvor verabschiedeten wir uns voneinander. Leider sahen wir uns nicht mehr auf dem Weg, aber wir tauschten noch unsere Nummern aus um in Kontakt zu bleiben. Giulia aus Florenz war auch schon aufgestanden und frühstückte. Auch von ihr verabschiedete ich mich und sie sagte nur Ciao „My Hero“. Leider traf ich sie auch nicht mehr, schade. Draußen war es noch dunkel und es hatte gerade etwas aufgehört zu regnen. Ich suchte den Poncho um ihn griffbereit zu haben, wenn es wieder anfangen sollte zu regnen. In der Dunkelheit fand ich kaum den Weg, denn die Herberge lag ja etwas abseits des Weges und nach 5 Minuten begann es auch wieder stärker zu regnen, so das ich den Poncho überwerfen musste. Fast 2 Stunden lief ich im strömenden Regen, bis es langsam aufhörte und es auch endlich hell wurde. Nach und nach kam langsam die Wärme des Südens wieder zurück. Unterwegs traf ich auf eine dreiköpfige Männergruppe die Deuter Rucksäcke hatten, es mussten als Deutsche sein. Ich sprach sie an, aber mit ihnen kam ich überhaupt nicht ins Gespräch und sie waren nicht gerade sympathisch. Was sich kurze Zeit später nach einer Bar nochmals herausstellen sollte. Die drei wollten auf einen Kaffe in die nächstgelegene Bar, aber kurze Zeit später traf ich sie wieder und sprach sie darauf an. Sie sagten nur, in dieser Bar gab es keinen frischgebrühten Kaffee und das wäre ja das mindeste was sie erwarten könnten. Auch solche Pilger gibt es. Gegen Mittag war dann der Sommer zurück und ich entschloss mich eine Rast bei einem Cafe con Letche ein zu legen. Das Pilgeraufkommen war an diesem Tag wieder größer geworden. Unterwegs sprachen mich 2 deutsche Pilgerinnen an, die ich schon zuvor in der Bar gesehen hatte. Es waren Mutter und Tochter. Johanna, eine Deutsche die jetzt in den USA lebt und Paulina ihre Tochter die in Deutschland lebt. Sie hatte auch die mexikanische Staatsbürgerschaft. Wir gingen einige Stunden miteinander und hatten angregte und spannende Gespräche so daß die Zeit sehr schnell verging. Am frühen Nachmittag kamen wir an den Abzweig zum Kloster Herbon, was allerdings einen Umweg bedeutete. Johanna und Paulina hatten in einer Pension in Padron für diesen Tag vorgebucht. Wir machten noch ein gemeinsames Foto und wollten uns gerade verabschieden, da entschlossen sich die beiden kurzfristig mit zum Kloster zu laufen und wollten dann anschließend nach Padron. Gegen 15.00 Uhr kamen wir dort an und es standen schon einige Rucksäcke vor dem Eingang zur Herberge. Auf den Stufen der Treppe saßen zwei Deutsche Christiane und ihr Tochter Vivian aus dem Ruhrgebiet. Die Unterhaltung war als gesichert. Als Johanna und Paulina das Umfeld des Klosters sahen entschlossen sie sich kurzfristig auch hier zu bleiben und sagten ihre Unterkunft in Padron ab. Die Klosterkirche die dem Heiligen Antonius geweiht ist, wie passend zum Namen meines Enkels Anton, war geöffnet, so daß man dort an diesem Nachmittag zur Ruhe kommen konnte. Ich genoss es an diesem Ort sein und es war herrlich still dort. Um 16.00 Uhr pünktlich öffnete die Herberge und man wurde herein gebeten um sich anzumelden. Es gab 15 Abteile mit Doppelstockbetten und Vorhang. Es war alles sehr gepflegt und die beiden polnischen Hospitaleros hatten alles bestens im Griff. Zunächst war auch hier der übliche Ablauf gefragt, Duschen und Wäsche waschen. Es war ja wieder warm geworden und die Wäsche konnte trocknen. Danach konnte man die Ruhe des Klosters genießen. Um 18.00 Uhr wurde dann eine Klosterführung angeboten, die von einem Pater durchgeführt wurde. Er machte das richtig gut und mit einem entprechenden hintergründigen Humor erklärte er das Kloster. Im Anschluß wurde eine Pilgermesse angeboten, welche natürlich in spanisch war, aber man kennt ja den Ritus. Am Ende wurden die Pilger für den Pilgersegen nach vorne gerufen. In jeder Sprache wurde ein Segensgebet von verschiedenen Pilgern gebetet und der Pfarrer spendete allen den Segen. Jeder Pilger bekam noch eine Pilgerurkunde als Andenken an den Aufenthalt in Herbon. Eine wirklich wunderbare Stimmung war das hier und diese sollte sich beim gemeinsamen Abendessen fortsetzen. Dieses hatten die beiden Hospitaleros schon vorbereitet. Dazu gab es natürlich Wein und die Unterhaltungen an diesem Abend waren wieder mal unvergleichlich. Später saßen wir alle noch auf der Veranda um den Abend mit einem selbstgebrannten Mönchstrunk ausklingen zu lassen. Dieser leckere Trunk war aus Pimientos de Padrón. Der Ursprung der Pimientos ist nämlich genau hier im Kloster. Die Franziskaner holten die ersten Samen dieser kleinen Paprika aus Mexiko und adaptierten die Pflanzen an das Klima des Tales. Gegen Mitternacht gingen wir dann nach einem wunderbaren Tag schlafen. So spät war es bisher noch nie geworden.
Gracias und Buen Camino