Auch diese Nacht konnte ich gut schlafen und mein erster Weg führte mich in die Pilgermesse. Inga kam fast zeitgleich an und auch Daniel und Jacqueline waren gekommen. Auch heute waren wir wieder nur zu dreizehnt. Wie am Abendmahl Jesus und seine 12 Jünger. Ich durfte die Lesung vortragen und da heute das Fest Maria Königin war, wurden einige bekannte Marienlieder gesungen. Ein sehr festlicher Gottesdienst der auch heute wieder mit dem Einzelpilgersegen zu Ende ging. Vor der Kirche teilte ich noch einige Karten mit den Segenswünschen die ich dabei hatte aus. Alle freuten sich sichtlich darüber. Daniel fragte mich anschließend, ob ich denn Pilgerhard sei, was ich bejahte. Er sagte, das er 2 Pilgerinnen getroffen hatte, die ihm erzählten, das ein Pilgerhard einen sehr schönen Text ins Gästebuch des Klosters Herbon geschrieben hatte. Er wusste ja, das ich Gerhard heiße und folgerte daraus, das ich Pilgerhard sein müsste. Verückt oder! Da es ja noch früh am Morgen war führte uns der Weg gleich in die Kathedrale. Hier waren noch realtiv wenige Pilger und so konnten wir uns in die kurze Schlange stellen um hoch zum Jakobus zu gehen, damit wir ihn umarmen konnten. Auch war noch genügend Zeit um an das Grab des Apostels zu gehen. Beim verlassen der Kathedrale waren draußen schon wieder große Menschenmassen zu sehen die in die Kathdrale drängten. Kein schöner Anblick. Der nächste Weg führten Inga und mich ins Gebäude wo es die Compostela gibt, um eine Nummer zu ziehen. Auch hier hatte sich etwas verändert. Man musste also jetzt eine Nummer ziehen um seine Compostela zu bekommen. Der Vorteil war dabei, das man nicht mehr anstehen musste, sondern man konnte einen Barcode einscannen, und mit dem konnte man ungefähr abschätzen wann man dran war. Derweil setzten wir uns in ein Cafe und machten gemütlich zusammen Frühstück. Dieses lag strategisch günstig und wir konnten alle beobachten die zum Gebäude gingen um die Compostela abzuholen. Wir amüsierten uns teilweise köstlich wer sich so alles auf den Weg dorthin machte. Unter anderem kamen 3 Frauen mittleren Alters mit exakt den gleichen Rucksäcken und ich sagte zu Inga, das müssen die Dienstagsfrauen auf dem Jakobsweg sein. Inga kannte den gleichnamigen Film nicht, suchte aber gleich danach. Nach fast 2 Stunden warten war ich endlich dran, um die Compostela abzuholen. Ich hatte diesmal realtiv wenige Stempel. Mir war es diesmal irgendwie zu lästig in jeder Bar nach Stempeln zu fragen. Der Mann am Schalter schaute irgendwie kritisch auf meine wenigen Stempel und fragte ob ich denn wirklich von Porto aus zu Fuß gepilgert sei, was ich bestätigte. Natürlich bekam ich auch die Urkunde, trotz der wenigen Stempel. Man soll ja auf den letzten 100 km mindestens 2 Stempel pro Tag haben, was ich definitv nicht hatte. Ich rollte die Urkunde zusammen und steckte sie in die seitliche Hosentasche. Für mich war sie nicht wirklich wichtig, ein Stück Papier. Das was wirklich wichtig ist auf dem Camino, trägt man sowieso im Herzen. Um 12.00 Uhr besuchte ich nochmal die Pilgermesse und im Anschluss war Shoppen angesagt. Einige Muscheln und Andenken mussten natürlich sein, auch wenn es in den Andenkenläden sehr viel unnützes gab. In einer der Läden traf ich dann auf 2 Italiener die mein grünes Armband wiedererkannten. Das hatten wir gestern beim Friedensgebet bekommen und die beiden hatten auch eines. Ich konnte mich noch an sie erinnern. Später hatte ich mich wieder mit Inga verabredet. Sie packte zwischenzeitlich, denn am späten Nachmittag ging ihr Bus nach Porto. In unserer Stammkneipe verbrachten wir die restliche Zeit, die viel zu schnell verging. Wir hätten noch so viel erzählen und philosophieren können, aber leider mussten wir uns nun voneinander verabschieden. Für den Abend war ich dann mit Dieter und Sabine verabredet. Sie waren ja heute in Finisterre gewesen. Ich versuchte Dieter anzurufen, konnte ihn aber nicht erreichen. Aber wir trafen uns dann trotzdem wieder „zufällig“ auf dem Obradeiro. Auch mit ihnen gingen ich zu unserer Stammkneipe. Sie hatten noch eine Begleiterin dabei, Gielian. Ein ausgeprochen ungewöhnlicher Name, sie war Professorin und schon einige Tage mit Sabine und Dieter unterwegs. Als sie sah, das ich die Pilgerurkunde einfach zusammengerollt und schon etwas zerknittert in der Seitentasche trug, meinte sie, das dies etwas arogant und respektlos von mir sei. Aber für mich war es einfach nur ein Stück Papier. Dieter und ich hatten uns natürlich viel zu erzählen. Dieter sprach mich natürlich wieder auf die 92. Etappe an. Bei dieser Etappe auf dem Camino Frances hatte ich berichtet wie wir Dieter damals kennenlernten und dazu geschrieben, das Dieter mehr fragt als er antwortet. Er hatte mir daraufhin geschrieben ob noch etwas offen sei. Wir mussten nach 2 Jahren darüber immer noch lachen. Und auch hier verging die Zeit viel zu schnell und es hieß dann Abschied nehmen. Wir sagten das wir uns sicherlich wieder mal hier in Santiago treffen werden und jeder durfte noch einen Karte mit den Segenswünschen ziehen. Nichts ist ja Zufall. Zwischenzeitlich hatte Katharina angerufen und wollte sich auch von mir verabschieden. Sie wusste ja das ich morgen abreisen musste. Sabine und Dieter waren gerade gegangen, da stand auch schon Katharina vor mir. Wir tranken noch zusammen ein Glas Weißwein und es war schon etwas wehmut dabei, wusste ich doch, das ich jetzt gehen musste. Auch Katharina durfte nochmal eine Karte mit den Segenswünschen ziehen und sie freute sich sehr darüber. Nun musste ich mich aber auf den Weg zur Herberge machen, um meinen Rucksack abzuholen. Anschließend noch ein letzter Blick auf die Kathedrale und nun ging ich zu Fuß zum Busbahnhof. Von dort ging um 23.20 Uhr ein Bus zum Flughafen. So endete schließlich der letzte Tag meines Camino Portugues in Santiago.
Gracias und Buen Camino