107. Etappe von Calzeda nach Monte de Gozo

Heute mussten wir uns wieder mal aus dem Schlafsaal schleichen um die anderen Pilger nicht zu wecken. Min und ihre Freundin aus Argentinien waren ebenfalls schon wach und gingen mit aus dem Schlafsaal. Ihre Angst gestern Abend zu verschlafen war unbegründet. Wir hatten uns als Ziel Monte de Gozo, den Berg der Freude vorgenommen. Von dort sind es nur noch 5 Km nach Santiago  und wir wollten es wie vor 10 Jahren machen und am Tag darauf früh in Santiago ankommen. Aber zunächst musste die Strecke von 27 Km bewältigt werden. Heute war es bereits am frühen Morgen warm und es war zu erwarten, das es gegen Mittag richtig heiß werden würde. Ein besonderer Ort am heutigen Weg an dem die meisten Pilger achtlos vorbeigehen war für uns Labacolla. Dort wuschen sich die Pilger des Mittelalters um gereinigt nach Santiago zu kommen. Wir vollzogen dieses Ritual mehr symbolisch in dem wir unser Gesicht und unsere Hände im Fluß wuschen. Der Weg um den Flughafen von Santiago zog sich etwas lang hin. Danach kam schon der große Pilgerstein von Santiago, ein beliebtes Fotomotiv, das viele Pilger nutzen um ein Erinnerungsfoto zu machen. Ansonsten war ein ziemlich ereignisloser Tag, man begegnete nicht sehr vielen Pilgern und so kamen wir schon gegen Mittag oben am „Berg der Freude“ an. Der erste Weg führte uns zur dortigen Kapelle. Dort blieben wir eine Weile um inne zu halten und um zur Ruhe zu kommen. Am großen Pilgerdenkmal das neben der Kapelle steht und zu Ehren des Besuches von Papst Johannes Paul II errichtet wurde, machten wir ebenfalls wieder einige Erinnerungsfotos. Hinter dem Pilgerdenkmal ging es über eine Wiese und nach dem überqueren der Straße stand man am großen überdimensionierten Pilgerzentrum des Monte de Gozo. Die dortige Pilgerherberge wurde von der polnischen Pilgergesellschaft betrieben. Beim einquartieren mussten wir aber zunächst etwas warten, denn ein Filmteam machte Aufnahmen mit Schauspielern. Sie spielten gerade die Ankunft von Pilgern in der Herberge. Anschließend machten sie noch Aufnahmen im Garten der Herberge. Es sah spannend aus. Einige andere Pilger hatten sie schon in den vergangenen Tagen am O Cebreiro gesehen. Heute waren wir in einem großen Schlafsaal untergebracht. Er war bereits gut belegt und wie sich später herausstellen sollte, waren sehr viele polnische Pilger in der Unterkunft. Die meisten waren schon einge Tage dort untergebracht. Sie gingen meist tagsüber runter nach Santiago und am Abend zum schlafen wieder hoch in die Herberge. Zugegeben ein sehr beschwerlicher Weg jeden Abend den Berg hoch. Im Schlafsaal traf ich nach dem duschen auf einen Holländer namens Engelbert. Er hatte schon ziemlich alle bekannten Caminos gepilgert und erzählte vom Wintercamino den er jetzt gehen wollte. Von solchen Caminos hatten wir bisher noch nie gehört. Aber zur Zeit streikten die Busfahrer in Spanien und so wusste er noch nicht wie er an den Startpunkt kommen würde. Er meinte nur, wenn es nicht klappen sollte, laufe er halt einen anderen Weg. Er hatte sein Zelt dabei und war dadurch sehr flexibel. Beneidenswert wenn man einfach kurzfristig entscheiden kann und so frei ist. Zum Pilgerzentrum gehörte auch eine größere Bar in der man Essen und Trinken konnte. Dort hielten sich die meisten Pilger auf, den es gab hier nichts anderes. Edgar überredete die Kellnerin das Confed Cup Fußballspiel am Fernseher einzuschalten. Nebenan war auch noch eine größere Kirche die sehr schön gestaltet war. Leider fand am Abend kein Gottesdienst statt, es wäre etwas besonderes am Vorabend vor der Ankunft in Santiago gewesen. In der Kirche hing ein großes Porträt von Johannes Paul II. Vermutlich wurde die Kirche und das Pilgerzentrum wie auch das große Pilgerdenkmal oben am Berg anläßlich des Besuches von Johannes Paul II gebaut. In der Kirche war es ruhig, nur eine Klosterschwester malte Bilder bei etwas zu lauter Musik. Dadurch konnte man leider nicht ganz so in Ruhe nur einfach „da sein“. Trotzdem fand man hier inneren Frieden für sich. Das Abendessen, ein Pilgermenü war sehr gut und reichlich wie eigentlich alle Pilgermenüs es waren. Obwohl viele Pilger in der Bar waren, hatte man heute irgendwie nicht den Drang nach Kommunikation mit anderen Pilger. Vielleicht lag es daran, das wir am nächsten Tag nach Santiago kommen würden und man hatte schon den ganzen Tag ein komisches Gefühl an sich.  Irgendwie war das Befinden nicht zu beschreiben, mal war es Vorfreude, mal Traurigkeit, mal irgendwie depressiv. Die letzten Tage waren auch schnell vergangen und so gingen wir mit vielen Gedanken im Kopf zu Bett. Ob man die letzte Nacht vor Santiago auch gut schläft?

Buen Camino

106. Etappe von Melide nach Calzeda

Nach einer ruhigen Nacht machten wir uns in der dunkelheit auf den Weg. Heute war es nicht ganz so nebelig und kalt wie gestern. Die nächste Bar sollte unser Ort für das Frühstück sein. Die Kolumbianer und auch Freya kamen ebenfalls in die Bar und schon war wieder eine herrliche Unterhaltung gewährleistet. Die Bar wurde von einem Deutschen betrieben. Er hatte bei den vielen Pilgern jede Menge zu tun, zumal eine größere Fahrradgruppe noch dazu kam. Zum Glück hatten wir bereits unseren Cafe con Letche, denn jetzt musste man sich auf eine längere Wartezeit einstellen. Allgemein waren jetzt wieder mehr Pilger auf dem Weg zu sehen. Kein Wunder, denn es war nicht mehr weit bis Santiago. Einer der besonderen Orte am Weg war Boente mit seiner kleinen Kirche. Dort sangen wir heute unser Lied „Reinste Jungfrau“. An diesen Ort hatten wir noch besondere Erinnerungen. Vor 10 Jahren stand der Pfarrer an der Kirchentür und bat die Pilger in seine Kirche zu kommen um dort mit ihm gemeinsam zu singen. Auf Nachfrage erfuhren wir, das es den Pfarrer wohl noch gab, er aber mittlerweile in einer anderen Gemeinde seinen Dienst versah. Schade, denn es war damals sehr schön gewesen und uns noch heute in guter Erinnerung. Unterwegs trafen wir auf einen Franzosen mit Namen Josef, er kam aus Biarritz und sprach hervorragendes deutsch. Sein ältester Sohn war bei der französischen Armee und der Leibarzt des neuen französischen Präsidenten Emmanuel Macron. Für die Strecke hatten wir viel Gesprächsstoff. Nach einer längeren Rast bei der Herberge von Heidi, einer Schweizerin, verabschiedeten wir uns von Josef der dort heute bleiben wollte. Die Herberge war sehr schön gelegen und reizte uns auch dort zu bleiben. Allerdings war es erst gerade halb zwölf und noch zu früh um den Lauftag zu beenden. Zwischenzeitlich war auch Schwester Gisela Maria dazu gekommen. Sie kannte Heidi, die Betreiberin der Herberge, aber ihr war es auch zu früh um den Pilgertag zu beenden. Gegen 15.00 Uhr kamen wir in Calzeda, einem kleineren Ort an. Hier gab es 2 Herbergen. Wir waren die ersten, die heute dort ankamen. Es war eine der besten Herbergen am Weg. Die Ausstattung, die sanitären Anlagen und auch alles andere war absolut neu. Der Eigentümer der Herberge betreute die Pilger mit absoluten Herzblut. Nach 27 km in den Beinen und  der Hitze waren wir extrem durstig. Er empfahl uns die Bar, die ca. 200 m von der Herberge entfernt am Ende des Ortes lag. Dort bestellten wir unser obligatorisches großes Bier. Der Wirt machte sich einen Spaß daraus und fragte ob wir wirklich ein großes wollen. Dazu zeigte er uns einen Maßkrug. Ein kurzes Überlegen und ich bestellte eine Maß Radler. Damit hatte er nicht gerechnet, den die meisten schrecken vor einer Maß zurück. Aber heute konnte man diese vertragen, zumal das Radler nicht allzu viel Alkohol hatte. Nach der Rückkehr nahmen wir die Gelegenheit war, um unsere Wäsche in der Waschmaschine zu waschen. Trocken wurde es an der Leine in kürzester Zeit, war es doch immer noch extrem heiß. Den restlichen Nachmittag verbrachten wir auf der gemütlichen Couch im Aufenthaltsraum. Dort lernten wir Ming kennen. Die gürtige Chinesin kam aus Stuttgart und sprach hervorragend deutsch. Sie arbeitete in der Autoindustrie und hatte den Camino del Norte gepilgert. In Melide trafen die beiden Wege ja dann zusammen, der Camino Frances und der Camino del Norte. Ming war mit eine jungen Argentinierin , die sie unterwegs kennengelernt hatte, schon eine länger Zeit unterwegs. Sie wollten nun beide zusammen nach Santigo gehen. Der restliche Nachmittag verging richtig schnell und auch zum Abendessen gingen wir wieder rüber zur Bar am Ortsende. Der Wirt freute sich uns wieder zu sehen und ich bestellte zu seiner verwunderung zum Essen wieder eine Maß Radler. Ich hatte an diesem Tag aufgrund der Hitze einen unbändigen Durst, der auch von noch weiteren 2 Radlermaßen nicht gelöscht werden konnte. Nach dem bezahlen wollte ich noch eine weitere Maß trinken, aber diesmal verweigerte der Wirt mir die 4. Maß Radler. Er glaubte wohl, das ich diese nicht mehr vertragen würde. Ich blieb am Tresen stehen aber ihm war es ziemlich egal. Der Wirt war Baske und Basken sind ja bekanntlich stur. So blieb nichts anderes übrig als den Rückweg anzutreten. Im Nachhinein gesehen wollte er wahrscheinlich mich vor zu viel Alkohol schützen und hatte damit vermutlich Recht, mir nichts mehr zu geben. Wahrscheinlich gibt es schon Pilger, die des öfteren beim Alkohol übertreiben. Von einem Rausch war ich an diesem Tag allerdings noch einiges entfernt. Gegen 22.00 Uhr gingen wir zurück zur Herberge. Min war auch noch auf und bat mich sie morgen früh zu wecken. Sie wollte ebenfalls früh los und hatte Angst zu verschlafen.

Buen Camino

105. Etappe von Ventas nach Melide

20170617_063707Kurz nach 6.00 Uhr verließen wir die Herberge. Heute mussten wir uns wieder mal aus dem Schlafsaal schleichen, da einige noch nicht aufstehen wollten. Frank war auch bereits wach und so liefen wir gemeinsam los. Es war an diesem Junimorgen richtig kalt und nebelig und man konnte die Hand kaum vor den Augen sehen. Irgendwie ungewöhnlich für diese Jahreszeit. Es waren noch nicht all zu viele Pilger unterwegs. Nach ca. 1 Stunde liefen wir an einer Herberge vorbei und aus dem Nebel hörten wir eine bekannte Stimme. Es war Marianne, sie hatte hier übernachtet und wollte auch gerade losgehen. Der Camino verliert wirklich niemanden. Wir hatten uns ja nicht verabredet oder miteinander telefoniert. Ich sagte wieder mal zu Marianne „Nichts ist Zufall“ und sie musste mir zustimmen, das dies wirklich kein Zufall war sondern eine Fügung. An der Bar stand übrigens ein Stein, auf dem in mehren Sprachen stand: Free Hugs, – Freie Umarmungen. Irgendwie ansprechend. Marianne berichtete uns von einer sehr angenehmen Atmosphäre und schönen Ritualen, die es in der Herberge gab. Schade, das wir die Nacht nicht dort verbrachten. Wir gingen gemeinsam bis zur nächsten Bar und genehmigten uns dort ein leckeres Frühstück. Nach und nach kamen immer mehr Pilger in die Bar, darunter auffällig viele Deutsche. Mit einigen kam man natürlich schnell ins Gespräch. Anscheinend hatten sich in den vergangenen Tagen vermehrt Deutsche auf den Weg gemacht. Der Hape Kerkeling Effekt lässt immer noch grüßen. Am späten Vormittag erreichten wir Palas de Rei. Am Ortseingang steht die Gemeindeherberge, in dieser hatten wir vor 10 Jahren schon übernachtet. Sie war damals gerade neu eröffnet worden. Die Kirche von Palas de Rei ist wirklich sehenswert und einen Besuch wert. Man gibt sich dort besonders Mühe die Pilger die kommen und etwas verweilen wollen spirituell anzusprechen. Bei meditativer Musik verweilten wir eine längere Zeit in der Kirche. Beim Gehen konnte jeder Pilger einen Bibelspruch in seiner Sprache aus einem Korb nehmen. Die Kirche von Palas de Rei, ein wirklich besonderer Ort am Weg. In der Ortsmitte saßen in einer Bar zwei junge Mädchen und riefen uns zu. Wir mussten kurz überlegen, bei den vielen Gesichtern die man mittlerweile kennengelernt hatte. Aber es dauerte nicht lange und wir erkannten sie schnell wieder. Es waren zwei von den Amerikanerinnen die wir in der Herberge Emaus in Burgos kennengelernt hatten. Sie freuten sich uns wieder zu sehen. Leider hatten wir uns nach Burgos aus den Augen verloren, aber der Camino verliert niemanden. Anschließend ging es durch richtige Kuhdörfer auf deren Straßen die Kühe noch frei umherlaufen. So mancher Pilger der nicht ländlich aufgewachsen ist hatte schon gehörigen Respekt vor den großen Tieren. Für Pilger wie uns, die auf einem Bauernhof aufgewachsen sind allerdings nichts ungewöhnliches. Eine lustige Begebenheit dazu gibt es allerdings zu berichten. Die Stühle und Tische einer Bar standen ziemlich nahe an einem Kuhstall und beim heraustreiben der Kühe mussten diese an den Tischen vorbei, dabei leckte eine Kuh bei Edgar von hinten um den Hals. Zumindest musste er sich heute den Hals nicht mehr waschen. Auch so etwas gehört manchmal zum Camino und sorgt für Heiterkeit unter den Pilgern. Eigentlich wollten wir ja nicht mehr in den größeren Orten übernachten sondern antizyklisch in kleineren Orten. Aber es ergab sich heute einfach aufgrund der weiteren Planungen für die nächsten Tage das wir heute Melide als Ziel ansteuerten. Der Weg vom Ortsanfang bis zum Zentrum war relativ lange und es war um die Mittagszeit wieder richtig heiß geworden. Kaum zu glauben, wenn man an den heutigen Morgen bei Kälte und Nebel denkt. Zum Übernachten wollten wir in die Gemeindeherberge die direkt im Zentrum neben der Kirche San Anton lag. Der Name San Anton – welch ein Zufall – oder Zufälle gibt es nicht sondern Fügungen. Meine schwangere Tochter Lisa hatte mir heute morgen geschrieben, das sie seid heute weis, das es ein Junge wird, und als Namen hatten sie sich Anton bereits ausgesucht, wenn es ein Junge werden sollte. Einen Mädchennamen hatten sie ja noch nicht, deshalb fragte ich ja die weiblichen Pilger immer nach ihren Namen, um vielleicht einen geeigneten zu finden. Dies konnte ich nun auch beenden. Zwar schade, denn es war immer lustig den Pilgerinnen zu erklären, warum ich ihren Namen wissen wollte. Viele freuten sich wenn ihr Name in die engere Auswahl von mir kam. „Nichts ist Zufall“ dachte ich nur und freute mich. In der Herberge standen schon viele Pilger an und wir wurden von ihnen mit Umarmung begrüsst. Es waren die Kolumbianer die uns so herzlich begrüßten und wir hatten einander mittlerweile ins Herz geschlossen. Besonders begrüßte mich Fernando. Durch unsere Begegnung im Kloster Samos waren wir so miteinander verbunden. Kurz darauf kam auch noch Catarina aus Italien dazu. Sie entschloss sich allerdings heute noch weiter zu gehen. In der Küche trafen wir auf einen Koreaner namens Lee, den wir in den vergangenen Tagen auch schon hin und wieder getroffen hatten. Irgendwie hießen sehr viele Koreaner Lee. Bei ihm saß seine ganze Familie, seine Frau und 3 Kinder. Sie waren heute aus Korea angereist um ihren Mann/Vater , der seinen Weg in St. Jean pied de Port begonnen hatte, für den Rest des Weges zu Fuß nach Santiago zu begleiten. Wahnsinn welche Strapazen, Entfernungen und Kosten Menschen auf sich nehmen um diesen einzigartigen Pilgerweg zu gehen. Auf dem Platz vor der Kirche gestalteten viele ehrenamtliche Mitarbeiter der dortigen Pfarrei Blumenteppiche für das Fronleichnamsfest, das man am morgigen Sonntag vormittag in Melide feierte. Am Abend wurde in der Kirche ein Pilgergottesdienst gefeiert, den wir selbstverständlich besuchten. Leider waren nicht sehr viele Pilger gekommen. Auch die Kolumbianer waren zu diesem Gottesdienst gekommen. Nach dem Gottesdienst setzten wir uns auf die Veranda der Herberge und tranken unseren obligatorischen Rotwein. Auch Freya, eine junge Frau aus Dänemark kam dazu. Sie erzählte uns ihre Geschichte, das sie 21 Jahre alt sei und einen Sohn von viereinhalb Jahren zu Hause hat. So lange sie auf dem Weg ist passt ihre Mutter auf den Sohn auf. Man merkte ihr an, das sie ihn unheimlich vermisste, war sie doch auch schon 4 Wochen unterwegs. Eine sehr junge Mutter die erstaunlich erwachsen wirkte. Wir wünschten ihr, das sie auf dem Weg das findet was sie sucht. Nachdenklich aber dankbar für die heutigen Erfahrungen und Begegnungen gingen wir schlafen.

Buen Camino

 

104. Etappe von Morgade nach Ventas

dav

Da wir alleine im Schlafsaal waren und uns heute nur eine kurze Strecke vorgenommen hatten konnten wir entspannt bis gegen 6.00 Uhr schlafen. Es war noch dunkel als wir uns auf den Weg machten. Zwei ältere Pilger die uns bereits in den vergangenen Tagen aufgefallen waren, rauschten in einem „Affenzahn“ an uns vorbei. Wir wussten nicht, sind die auf der Flucht oder hatten sie schon früh am Morgen Angst kein Bett zu bekommen. Aber es war immer wieder lustig die unteschiedlichsten Pilger zu treffen. Kurz nach Morgade in Rozas war schon eine Bar geöffnet. Hier konnte man gemütlich Frühstück machen. Nach und nach kamen immer mehr Pilger und hatten die gleiche Idee. Jens aus Mölln setzte sich zu uns an den Tresen. Wir hatten ihn schon in den letzten Tagen das ein oder andere Mal gesehen. Heute kamen wir endlich mal ins Gespräch mit ihm. Er war ein sehr netter Zeitgenosse und man merkte schnell, das er den Weg als christlichen Pilgerweg ansah. Wir gingen einige Zeit mit ihm und kamen an den berühmten 100 Km Stein. Dort machten wir ein Foto, um diesen Moment festzuhalten. Nach einiger Zeit kam wieder ein 100 Km Stein, es war der ursprüngliche, den es schon immer gab. Weshalb es zwei 100 Km Steine gibt, war nicht aufzuklären. Ziemlich ereignislos ging es Richtung Portomarin. Von einer Anhöhe aus ging es einen felsigen Hohlweg hinunter an den Staussee von Portomarin. Zum Glück war es trocken, bei nassen regnerischen Wetter wäre es auf diesen Wegen richtig gefährlich gewesen. Nach der berühmten Brücke über den Staussee entschlossen wir uns in den Ort zu gehen und die dortige Kirche auf zu suchen. Wir hatten ja Zeit und es war noch früh am Tag. Nach der Besichtung der Kirche setzten wir uns auf die Terasse einer Bar um Kaffee zu trinken und die ankommenden Pilger zu beobachten. Catarina aus Italien, die wir zuletzt in Foncebadon getroffen hatten begrüßte uns herzlich. Auch Gisela Maria, die Hospitalera aus La Faba machte eine kurze Pause in Portomarin. Neben uns am Tisch saß ein Pilger, der recht deutsch aussah. Mittlerweile hatte man einen Blick welche Pilger denn aus Deutschland kommen. Irgendwie hatte man das schon im Gefühl. Mal sah man es an der Ausrüstung wie den Deuter Rucksack und einandermal konnte man am äußeren schon den deutschen Pilger erkennen. Der Pilger am Nebentisch war Frank und kam aus der Lutherstadt Wittenberg. Auch heute suchten wir uns eine Herberge abseits des Mainstreams. In Ventas einen winzig kleinen Ort, der sicher weniger Einwohner hatte als Betten für Pilger, gab es zwei Herbergen. Wir entschieden uns für die am Ortseingang. Sie war richtig luxoriös ausgestattet. Es waren relativ viele „Kofferpilger“ in der Herberge untergebracht. Frank aus Wittenberg kam später auch noch dazu, und so hatten wir Gelegenheit uns kennen zu lernen. Er war ein sehr ruhiger Zeitgenosse und es war angenehm sich mit ihm zu unterhalten. Irgendwie kam man mit den anderen Pilgern die in der Herberge waren an diesem Tag nicht weiter ins Gespräch. Vielleicht lag es daran, das zwischen Pilgern die ihren Rucksack transportieren lassen und Pilgern die ihren Rucksack selber tragen eine andere Auffassung über das Pilgern herrscht. Das Pilgermenü und dazu ein Rotwein rundeten den Tag ab. Eigentlich hatten wir uns vor 8 Jahren beim Beginn unseres Weges vorgenommen, das wir ab Leon jeden Abend mindestens 1 – 2 Flaschen Rotwein trinken. Das wäre aber entschieden zu viel. Man muss trotzdem auf seine Ernährung und auch auf den Alkoholkonsum achten, denn man muss ja jeden Tag zwischen 20 und 40 km bewältigen können, und das über einen Zeitraum von über 4 Wochen. Wir waren jetzt schon über 3 Wochen unterwegs und hatten bisher keine körperlichen Probleme. Das dies nicht immer selbstverständlich ist, sahen wir bei vielen Pilgern die oft verschiedene körperliche Probleme hatten wie Blasen an den Füßen oder Gelenkentzündungen. Manche verbrachten sogar zwischendurch 1 – 2 Tage im Krankenhaus um danach ihren Weg weiter zu gehen. Vor solchen Pilgern muss man allerhöchsten Respekt haben, wenn sie trotz solcher Probleme nicht ihr Ziel aus den Augen verlieren. Das dieser Weg einem alles, körperlich und psychisch, abverlangen wird muss einem bei Beginn schon klar sein. Christian, der Hospitalero von La Faba sagte damals zu uns, das Statistiken aussagen würden, das nur 50% der Pilger die sich den Weg vornehmen auch das Ziel Santiago wirklich erreichen. Mit der Hoffnung dieses Ziel in wenigen Tagen zu erreichen gingen wir schlafen.

Buen Camino

 

103. Etappe von Samos (Triacastella) nach Morgade

DSC03298Die Nacht im großen Schlafsaal des Klosters war recht ruhig. Es war über Nacht kühl geworden und man musste schon seinen Schlafsack gut verschließen um nicht zu frieren. Recht ungewohnt nach der Hitze der vergangenen Tage. Heute konnte ich richtig lange ausschlafen, hatte ich doch einen Vorsprung von einigen Kilometern gegenüber Edgar. Nach und nach hatten alle die Herberge verlassen und ich war nur noch mit 2  Pilgern im Schlafsaal. Dies war recht ungewohnt, aber man hätte sich auch daran gewöhnen können jeden Tag etwas länger zu schlafen und so zu sagen antizyklisch auf den Weg zu gehen. In der Ortschaft Samos war es selbst um diese Zeit am Morgen absolut ruhig und man sah keinen Menschen auf der Straße. So begann der Weg wie er gestern endete. Der Weg ging entlang der Straße und nach dem Ortsende führte er nach rechts auf einen Waldweg. Auch hier war man ganz alleine unterwegs und sah weit und breit keinen Pilger. Es war kalt und nebelig geworden und man musste aufpassen das man die Wegweiser nicht verpasste. Irgendwann kam eine kleine Ortschaft und die örtliche Bar hatte auch schon geöffnet. Darin waren zu meiner Überraschung die Kolumbianer und Fernando begrüßte mich mit einer herzlichen Umarmung als hätten wir uns schon ewig nicht mehr gesehen. Er stellte mich seinen anderen Freunden mit Namen vor und wir machten von uns einige Erinnerungsfotos. Dank Lina, ebenfalls eine Kolumbianerin, die englisch sprach, konnten wir uns unterhalten. Wir alle hatten Zeit und frühstückten gemütlich in dieser kleinen Bar. Vom Bartresen aus konnte ich durchs Fenster auf die Straße blicken und sah das gerade Marianne und Edgar mit schnellen Schritten an der Bar vorbeigingen. Ich ging schnell nach draußen auf die Straße um nach ihnen zu rufen. Sie waren beide total überrascht, das wir uns hier zufällig trafen ohne miteinander vorher telefoniert oder einen Treffpunkt vereinbart zu haben. Eigentlich wollten wir uns ja erst in Sarria wieder treffen. Die Erkenntnis des Tages: Der Camino verliert niemanden und „Nichts ist Zufall“. Gemeinsam machten wir uns auf den Weg nach Sarria. Das Wetter hatte sich wieder gebessert und man hatte den spanischen Sommer wieder zurück. An der Kirche in Sarria sammelten sich schon sehr viele Pilger um sich ihren ersten Stempel im Pilgerpass für die letzten 100 Km zu holen. Eigentlich hatte man noch mehr Pilger dort erwartet. Sollte etwa der große Run auf den letzten 100 Km ausbleiben und es entspannt auf dem Camino weitergehen wie bisher. Auch Frank den Pastoralreferenten aus der Nähe von Aachen trafen wir hier nach einigen Tagen wieder. Unterwegs trafen wir dann auch wieder auf Denise die eine längere Strecke mit uns ging. Marianne war wie immer viel schneller als wir und vor uns, ansonsten war es recht einsam auf diesem Abschnitt nach Sarria. Komisch, eigentlich hatte man hier die Pilgerautobahn erwartet. Zwischenzeitlich machten wir in Ferreiros an einer Alberque mit Bar halt um noch ein Erfrischungsgetränk zu uns zu nehmen. Dabei sahen wir wie die Post und andere Transportunternehmen gerade jede Menge Rucksäcke von Pilgern brachten, die hier übernachten wollten. Auf diesem Abschnitt des Weges war es nichts mehr aussergewöhnliches das Pilger ihre Rucksäcke transportieren lassen. Ihre Tagestouren sind geplant und sie gehen meist nur einige Kilometer am Tag. Abends schlafen und Essen sie in besseren Unterkünften. Der Camino ist mittlerweile ein gutes Geschäft für die Transportunternehmen, die Orte und Geschäfte am Weg geworden. Die Nachfrage scheint immer noch nicht geringer zu werden. Viele wollen dem Trend folgen um sagen zu können – Ich bin den Jakobsweg gegangen. Ob diese Art und Weise den Weg zu pilgern allerdings die Richtige ist wird von vielen bezweifelt. Am Nachmittag entschlossen wir uns zur Herberge in der nähe von Morgade zu gehen. Es war eine alte umgebaute Mühle etwas abseits der Hauptorte die in den Pilgerführern stehen. Sie war richtig schön und stilgerecht umgebaut mit einem neuen Schlafsaal der Platz für 16 Pilger bot. Wir waren die ersten Pilger die an diesem Tag kamen und wir sollten es auch bleiben. So hatten wir den Schlafssal und die beiden Bäder und Toiletten für uns ganz alleine. Was für ein Luxus. Allerdings hatte dies auch den Nachteil, das man ausser der Inhaberin der Herberge, die zum Glück englisch sprach, keine Unterhaltung hatte. Trotzdem verging der Nachmittag relativ schnell. Man lag in der Sonne, und trank die Flasche Rotwein, die Edgar ausgeben musste wegen dem vergessenen Pilgerführer in Cebreiro. Das Abendessen gab es in einem Nebengebäude. Nach einer Flasche Rotwein gingen wir schlafen.

Bien Camino

102. Etappe von La Faba nach Samos (Triacastella)

20170614_165155Eine ruhige Nacht lag hinter uns trotz einiger nicht vermeidbarer Schnarcher. Wir schlichen uns wieder mal aus dem Schlafssal und machten ein kleines Frühstück im Gemeinschaftsraum. Shayenne, Eddy und Renate waren auch bereits früh auf den Beinen und frühstückten mit uns. Christian hatte Kaffee gemacht und dazu gabe es Weißbrot mit Marmelade. Mehr braucht man eigentlich nicht als Start in den Tag. Schwester Gisela Maria beendete heute ihr Zeit als Hospitalero in La Faba und war ab heute auch ein Pilger auf dem Jakobsweg. Sie wollte den Weg bis nach Santiago und weiter bis Finisterre pilgern. Unser Weg führte uns zunächst in die kleine Kirche wo wir den Tag mit unserem täglichen Lied begannen. Bei herrlichen Sommerwetter ging es schweißtreibend immer Bergauf Richtung des berühmten O Cebereiro. In der dortigen Pfarrkirche wird der Heilige Kelch von Galicien aufbewahrt. Vor den Bars saßen schon einige bekannte Gesichter. Die einen wie Michail hatten oben an diesem mittelalterlichen Ort übernachtet. Er freute sich herzlich uns wieder zu sehen. Wieder andere kamen wie wir aus La Faba. In einer Bar genehmigten wir uns einen Cafe con Letche. Edgar studierte wie immer bei dieser Gelegenheit seinen Pilgerführer. Edgar lies ihn auf dem Tresen liegen und ging noch zur Toilette. Beim Gehen vergaß er ihn und ich nahm ihn an mich ohne es ihm zu sagen. Ich wollte mal testen wann er es merken würde. Wir gingen ungefähr 3 km bis er merkte das er ihn vergessen hatte. Ich sagte aber vorerst nichts und machte mir einen Spaß daraus. Er legte seinen Rucksack an den Wegesrand und wollte zurücklaufen um ihn zu holen. Nachdem er einige Meter gegangen war sagte ich ihm das ich ihn eingesteckt hatte. Er war erleichtert und versprach als Belohnung eine Flasche Rotwein. Den Spaß aber war es wert. Nach einiger Zeit erreichten wir den Grenzstein zwischen Katsilien und Galacien. Ein Erinnerungsfoto dort war Pflicht. Anschließend ging es nochmals den Berg hoch zum Alto San Roque. Dort gibt es ein Pilgerdenkmal an dem wir kurz Rast machten. Bei extremer Hitze ging es recht ereignislos durch einige kleine Dörfer nach Triacastella. Auch solche Strecken auf denen man kaum jemanden trifft und die auch landschaftlich nicht gerade prickelnd sind gehören halt manchmal zum Pilgeralltag. Gegen14.30 erreichten wir dann Triacastella. Gleich am Ortseingang gibt es eine Pilgerherberge in der wir auch schon 2007 waren. Edgar beschloss dort hinein zu gehen. Ich hingegen machte den Vorschlag weiter nach Samos zum dortigen Kloster zu laufen. Ich fühlte mich noch trotz der Hitze fit genug nach bereits gelaufenen 28 km noch weitere 12 km zu gehen, zumal das dortige Kloster sehenswert ist und man auch dort übernachten konnte. Edgar war nicht zu überzeugen und so entschloss ich mich alleine weiter zu gehen. Es war das erstemal in 8 Jahren das wir uns auf unserem Camino trennten. Wir verabredeten das wir uns am nächsten Tag in Sarria wieder treffen. Zunächst musste ich erst für genügend Wasser sorgen, denn auf der Strecke nach Samos gab es keine Möglichkeit etwas zu kaufen und es war immer noch extrem heiß in der Nachmittagshitze. Marianne saß in einer Bar und sah mich alleine auf der Straße weiterlaufen. Sie lief mir hinterher und wollte wissen, warum ich alleine weiterlaufe. Aber irgendwie zog es mich zu diesem Kloster nach Samos. Zunächst ging es eine recht lange Strecke an der Straße entlang. Es war weit und breit kein Pilger zu sehen und man musste aufpassen nicht die Abzweigung von der Straße weg zu verpassen. Später ging es dann durch einsame Dörfer wo man ebenfalls keinen Menschen traf. Irgendwie war es total ungewohnt, hatte man doch immer Pilger getroffen und auf diesem Abschnitt traf ich keinen einzigen. In Samos auf der Anhöhe angekommen hatte man einen herrlichen Blick auf das Kloster das in der Nachmittagssonne vor einem lag. Auch in Samos waren nicht viele Pilger zu sehen. Diese Zusatzstrecke tun sich viele anscheinend nicht an. In der Klosterherberge war noch viel Platz und so quardierte ich mich dort ein. In der Bar nebenan konnte man seinen Durst löschen und auch Pilgermenüs gab es dort. Am Tresen neben mir saß noch ein freundlicher Pilger. Wir prosteten uns gegenseitig zu, leider sprach er weder englisch noch deutsch. Nach einer Verständigung mit Händen und Füßen wusste ich das er Fernando hieß und aus Kolumbien kam. Bei ihm saßen noch einige Landsleute von ihm. Es waren die Kolumbianer, die Edgar in Ponferrada nicht gerade nett behandelt hatte. Zum Glück wussten sie nicht das wir zusammen gehörten. Wir trafen uns auch später wieder in der Pilgermesse die leider nicht sehr gut besucht war. Fernando umarmte mich beim Abschied und irgendwie schien sich eine eine Art Freunschaft mit ihm zu entwickeln, obwohl wir keine Sprache hatten um uns zu verständigen. Um 22.00 Uhr schloss die Herberge und müde mit über 40 km in den Beinen ging ich schlafen.

Buen Camino

101. Etappe von Villafranca del Bierzo nach La Faba

Die Nacht in der Herberge war ruhig. Mittlerweile schlief ich in den Herbergen besser als daheim, was vor allem daran lag, das man schon einen großen Abstand zum Arbeitsalltag hatte. Hier merkt man doch das einem die Arbeit belasten kann. Unten in der Stadt angekommen ging es über eine Brücke und hier musste man sich entscheiden. Den Weg entlang der Straße gehen, der flach dahin geht oder den Berg hoch und den Camino Duro, den schweren Weg gehen. Wir entschieden uns für den landschaftlich schöneren Weg, den Camino Duro. Mit dieser Entscheidung waren wir an diesem Tag ziemlich alleine. Die meisten Pilger nahmen die einfache und leichtere Strecke an der Straße entlang. Der Weg war dadurch ziemlich einsam. Hinter uns waren nur zwei Dänen, die wir in den vergangenen Tagen schon des öfteren getroffen hatten. Der Weg war schweißtreibend, nicht nur alleine wegen des Berges, sondern auch weil es am frühen Morgen schwül und gewittrig war. Unterwegs trafen wir dann zu unserer Überraschung auf Marianne. Sie war noch früher als wir losgelaufen und machte gerade eine Rast. Plötzlich standen auch noch Waltraud und Heinz vor uns, und so waren wir wieder wie gestern Abend vereint. Hier oben hatte man einen herrlichen Blick hinunter ins Tal. Der Abstieg hinunter nach Trabadelo, wo man wieder auf den Hauptweg trifft war extrem beschwerlich und hart. Es ging schon ziemlich auf die Knochen und verlangte einem einiges ab, zumal der Aufstieg auch nicht gerade ein Spaziergang war. Edgar war nach dem Abstieg nicht gerade gut gelaunt und sprach von einer falschen Entscheidung die wir heute mit dem Camino Duro getroffen hatten. Alle anderen Pilger wären schlauer als wir gewesen in dem sie den Weg entlang der Straße genommen hatten. Aber manchmal muss man auch Leiden und Schmerzen ertragen können. Ich sah es jedenfalls nicht als falsche Entscheidung an, den Camino Duro zu gehen. Letztlich muss jeder selbst entscheiden wie er den Weg gehen will. Man kann sicherlich immer leichter und bequemer ans Ziel kommen. Aber ich denke es ist auf dem Camino wie im richtigen Leben, manchmal ist es beschwerlicher und manchmal geht alles ganz leicht. Man kann es sich meist nicht aussuchen und muss mit allen Widrigkeiten leben können. Wer das nicht kann und den Weg möglichst ohne Anstrengungen und mit möglichst maximalen Luxus gehen will ist meines erachtens hier am falschen Ort. Es war immer noch drückend heiß und von weitem sah man schon Blitze und auch das Donnern kam näher. Es begann leicht zu regnen, so das wir uns entschlossen den Regenponcho anzulegen. Kaum hatten wir das erledigt stand das Gewitter direkt über uns. Zum Glück waren wir nicht auf freien Feld sondern standen direkt vor einer Bar. Dies nutzen wir zu einem Cafe con Letche. Auch Marianne kam in die Bar um Schutz vor dem Gewitter zu suchen wie viele andere Pilger auch, die gerade an der Bar vorbei kamen. Nach einer halben Stunde hatte sich das gröbste vom Gewitter verzogen und wir konnten weitergehen. Nach einer längeren flachen Strecke kam noch der steile Anstieg hinauf nach La Faba. Es sollte noch richtig schweißtreibend sein diesen steilen Anstieg mit den felsigen Hohlwegen hoch zu gehen. Da es immer wieder mal regnete hatten wir auch noch die Ponchos an, was seinen zusätzlichen Effekt hatte. So Nassgeschwitz waren wir schon lange nicht mehr. Oben in La Faba angekommen war es irgendwie wie nach Hause zu kommen. Diese von Deutschen betreute Herberge hatte bereits vor 10 Jahren einen bleibenden Eindruck bei uns hinterlassen. Nach und nach trafen immer mehr bekannte Gesichter ein so unter anderem Dieter, Eddy und Renate und Choo der Koreaner. Marianne war schon da, wie immer war sie auch heute schneller als wir. Waltraud und Heinz kamen auch noch, wollten aber nicht bleiben, denn sie hatten oben am Cebreireo ein Zimmer gebucht. Wir wurden herzlich begrüßt von Schwester Gisela Maria und Uwe, der die Pilger zu ihren Betten begleitete und die Herberge erklärte. Die Formalitäten wurden durch Christian erledigt. Da er schon alle anderen abgewickelt hatte konnten wir uns etwas ausführlicher unterhalten. Mit Christian konnte man sich gut unterhalten. Er war schon ein erfahrener Hospitalero und kannte viele Geschichten vom Camino. Nach seiner Aussage hat sich das Pilgern in den letzten Jahren schon extrem verändert. Es wären sehr viele „Hapegrinos“, vor allem Deutsche, unterwegs. Diesen Begriff hatte ich bis heute noch nicht gehört, fand ihn aber lustig und irgendwie auch treffend. Von dieser Art Pilger hatten wir ja auch schon einige kennengelernt. Und je näher man an Santiago kam desto mehr nahm diese Spezies zu. Es war kühl geworden und man musste aufpassen, das man sich nicht erkältete. Da es hier eine Waschmaschine gab nutzen wir die Gelegneheit zusammen mit Marianne und Dieter unsere Wäsche zu waschen. Da der große Teil der Kleidung Nass oder Nassgeschwitzt war, war man froh noch etwas trockenes im Rucksack zu haben. Am späten Nachmittag wurde es wieder sonniger und wir machten einen Rundgang durch das Dorf. An einer Bar lud uns Marianne zu einem Bier ein und der restliche Nachmittag verging wie im Fluge. Wir beschlossen im Laden nebenan etwas zu kaufen und unser Abendessen in der Herberge zu kochen. Edgar kochte Nudeln und Tomatensoße. Wir hatten so viel übrig, das Christian noch von unseren Resten satt wurde. In der Kirche neben der Herberge war dann am Abend eine Pilgerandacht. Uwe erzählte zunächst von seinem Camino und wie er dazu kam Hospitalero in La Faba zu werden. Schwester Gisela Maria trug dann einige Texte vor, auch durften wieder einige Pilger etwas vortragen. Der Höhepunkt der Andacht war dann eine Fußwaschung. Dabei durfte jeder Pilger der dies wollte, einem anderen Pilger symbolisch die Füße waschen wie am Gründonnerstag Jesus seinen Aposten die Füße wusch. Dieser Abend mit der Fußwaschung hier in La Faba wird uns sicherlich für immer im Gedächtnis bleiben, zumal auch die Andacht vor 10 Jahren uns noch immer in Erinnerung ist. Mit einem guten Gefühl gingen wir in den Schlafsaal.

Buen Camino

100. Etappe von Ponferrada nach Villafranca del Bierzo

DSC03236Heute mussten wir uns nicht aus dem Schlafraum schleichen, denn Giselle und Stefan standen ebenso früh auf wie wir. Es ist doch deutlich entspannter wenn man nicht draußen auf dem Flur seine Sachen zusammenpacken muss. Die Gefahr etwas  zu vergessen ist zudem auch geringer. Und auch die Morgentoilette kann ruhiger gemacht werden. Edgar war wie immer recht früh im Waschraum und war über mehrere Kolumbianer, die gerade dort ihre Sachen ausgebreitet hatten, nicht sehr erfreut und wies sie zurecht. Zum Glück konnten sie ihn nicht verstehen. Für heute hatten wir uns keine allzu lange Strecke vorgenommen. Die Kultherberge Ave Fenix in Villafranca del Bierzo war unser heutiges Ziel. Wir waren schon gespannt ob es noch genauso orginell ist wie 2007. Damals waren wir vor der Herberge gestanden und von unseren damaligen Mitpilgern wollte eigentlich keiner aufgrund des äußerlichen Eindruckes rein. Wir fragten damals einen Pilger der herauskam, wie es da sei. Er sagte nur: Ich weis nicht wie ich es beschreiben soll, es ist halt orginell. Auf diese Aussage hin gingen wir damals hinein und es war eine der Herbergen, von der man heute noch erzählt. Deshalb wollten wir auch diesmal da hin. Gleich in Ponferrada traf ich Denise wieder und wir gingen eine ziemlich lange Zeit miteinander. Zwei mal haben wir uns beinahe aufgrund unseres Gespräches verlaufen. Zum Glück war Edgar vor uns und sah uns, das wir auf dem falschen Weg waren. Nach dem verlassen der Stadt ging es an diesem herrlichen Sommertag durch die wunderbare Gegend mit den Weinbergen des Bierzo. Es gab zwei Wegalternativen, wir entschieden uns für den klassischen Weg den es schon früher gab. Dabei trafen wir in einer kleinen Ortschaft wieder auf Waltraud und Heinz. Zusammen beschlossen wir in einer urigen Bar einen Cafe zu trinken. Da wir heute nur eine kurze Strecke hatten dehnten wir die Pause etwas aus und unterhielten uns über die Faszination des Camino und die vielen Pilger die man dort trifft. Am frühen Nachmittag kamen wir in Villafranca del Bierzo an, das man auch das kleine Santiago nennt. Früher als das Pilgern noch viel gefährlicher und anstrengender war als Heute, schafften es viele Pilger nicht bis Santiago sondern nur bis Villafranca del Bierzo. Davon zeugt noch ein Friedhof neben der Kirche. Gleich am Ortseingang ist die Kultherberge die von Jesus, einem Spanier gegründet wurde. Leider ist der Gründer der Herberge schon länger verstorben, die Herberge wird aber in seinem Sinne weitergeführt. Waltraud und Heinz gingen weiter, sie hatten ihre Herberge schon vorgebucht. Meist buchten sie ein 2 Bettzimmer in einem Hostel. Viele Pilger brauchen halt die Gewissheit abends einen Schlafplatz zu haben. Zum Glück brauchten wir in diesem Jahr bisher nicht vorbuchen, was einem schon eine gewisse Freiheit bringt. Man kann einfach spontan entscheiden wie weit man gehen will. Zu unserer Überraschung war Marianne schon in der Herberge. Sie hatte sich bereits einquardiert und war geduscht. Sie war wie immer in diesen Tagen schneller als wir unterwegs. Als wir uns gerade anmelden wollten kam sie zu den Hospitaleros und sagte sie wolle die Herberge wieder verlassen. Sie sagte nur in ihrem hanseatischen Hochdeutsch: „Das hier geht gar nicht“. Da wussten wir, das sich hier gegenüber vor 10 Jahren nicht viel verändert haben kann. Diese Kultherbergen werden leider immer weniger am Camino, da die Pilger vermehrt einen gewissen Standart vor allem im sanitären Bereich voraussetzen. Allerdings, so habe ich festgestellt, geht mit einem größeren Komfort auch immer etwas vom Spirit, der in diesen Kultherbergen zweifelsohne herrscht, mit verloren. Pilgern heisst auch, sich wieder auf das nötigste zu reduzieren, mit widrigkeiten zu recht zu kommen und mit einfachen Dingen zufrieden zu sein. Das heisst aber nicht, das ich Pilgern, die den Weg mit einem größeren Luxus gehen, den Sinn des Pilgerns absprechen will. Jeder soll seinen Weg gehen, so wie er es für richtig und sinnvoll hält. Diese Toleranz gegenüber allen Pilgern ist mir sehr wichtig auf dem Camino. Den Nachmittag verbrachten wir bei herrlichen Wetter im Garten der Herberge. Dort trafen wir auf Cecil und Niko, ein Ehepaar aus den Niederlanden. Sie waren schon sehr lange unterwegs und sich mit ihnen zu unterhalten war eine Freude. Die Herzlichkeit mit der sie jeden Pilger begegneten war einfach ansteckend. Für den Abend beschlossen wir Essen zu gehen. Dazu mussten wir runter in die Stadt laufen. Der Weg runter und auch wieder hinauf zur Herberge war schon ziemlich beschwerlich. Man musste zusätzlich zum Berg auch noch eine Baustelle umgehen. Am Marktplatz trafen wir dann auf viele bekannte Gesichter. Mit Waltraud, Heinz und Marianne saßen wir nach dem Essen noch einige Zeit zusammen und tranken zur Feier des Tages, wir hatten heute unsere 100. te Etappe seit 2009 hinter uns gebracht, unseren obligatorischen Rotwein. Gegen 21.00 Uhr traten wir den Rückweg zur Herberge an und gingen schlafen.

Buen Camino

 

99. Etappe von Foncebadon nach Ponferrada

Heute standen wir sehr, sehr früh auf, wollten wir doch bei Sonnenaufgang am Cruz de Ferro sein, das ungefähr 2 km von Foncebaton entfernt ist. Wir schlichen uns mit etwa 10 weiteren Pilgern aus dem Schlafsaal und machten mit ihnen zusammen Frühstück. Es war noch dunkel als wir losgingen und es waren schon Pilger unterwegs, die die gleiche Idee hatten wie wir. Nach einem Anstieg erreichten wir an diesem herrlichen Sommermorgen das Cruz de Ferro auf einer Höhe von 1517 m. Dort ist einer der symbolträchtigsten Punkte auf dem gesamten Camino. Auch für uns war dort ein Höhepunkt auf unserem Camino. Wir waren fast alleine, nur wenige Pilger waren schon dort und so beschlossen wir am Fuße des Eisenkreuzes den Engel des Herrn „Reinste Jungfrau“ zu singen. Im Anschluß legten wir unsere Steine, die wir aus der Heimat mitgebracht haben am Fuß des Kreuzes ab. Es war schon ein besonderer emotionaler Augenblick nochmal hier am Cruz de Ferro zu stehen und zu beten. Man sagt das einem der Weg mindestes einmal weinen lässt. Heute war es soweit an diesem besonderen Ort auf dem Camino. Auch der beginnende Sonnennaufgang tat sein übriges zur besonderen Stimmung an diesem Morgen. So langsam kamen immer mehr Pilger ans Kreuz und es war mit der Ruhe vorbei. Vom Cruz de Ferro ging es dann an den berühmten Wegweiser der in Majarin steht. Dort hat Tomas, ein selbst ernannter Tempelritter seine orginelle Pilgerherberge. Die meisten die vorbei kommen schauen auch mal bei ihm rein und essen oder trinken eine Kleinigkeit. Dies alles gegen Donativo – Spende. Hier ist noch vieles ursprünglich. Tomas ist einer der letzten Orginale die es noch gibt. Der Weg Richtung El Acebo geht dann stetig bergab, was mit der Zeit ganz schön auf die Knochen ging. In El Acebo wollten wir aus Nostalgiegründen in die gleiche Bar wie vor 10 Jahren. Also gingen wir an den offenen Bars am Ortseingang vorbei, leider war diese Bar dann geschlossen, so das wir an diesem Morgen keinen Cafe con Letche mehr bekamen. Der Abstieg nach Molineseca war noch steiler und felsiger als der bis El Acebo. Nach dem anstrengenden Abstieg machten wir zunächst Rast in Molineseca. Der anschließende Weg führte nun durch das nun beginnende Gebiet des Bierzo. In Ponferrada angekommen ging es eine zeitlang vom Stadtrand Richtung Innenstadt. Unser heutiges Ziel sollte die kirchliche Herberge „San Nicolas“ sein, auch aus Nostalgiegründen versteht sich. Zunächst hatten wir uns aber verlaufen und sahen keine Wegweiser mehr. Lee, der Koreaner kam auch dazu und wusste auch nicht wie es weiter zur Herberge geht. Wir fragten eine Spanierin nach dem Weg. Diese war sehr hilfsbereit und ging sogar ein Stück des Weges mit uns bis wir die Herberge schon von weitem sahen. Im Innenhof der Herberge mit seinem Brunnen warteten schon viele Pilger um eingelassen zu werden. Am Brunnen konnte man sich schon einstweilen erfrischen. Catarina aus Italien und Marianne waren auch schon da. Wir wurden mit 2 Franzosen in ein Zimmer im Erdgeschoss gelegt. Giselle und Stefan kamen aus der Nähe von Cahors und kannten Venasque und den Orden von Notre dame de Vie, dem unser ehemaliger Pfarrer und Freund Michael Dotzauer angehört. Die beiden konnten leider nur ein paar Wörter englisch, aber es reichte um sich zu unterhalten. Manchmal kann man sich auch mit dem Herzen unterhalten, wenn die Grenzen der Sprache erreicht sind. Später kam dann eine Frau mit ihrem Mann und den beiden Kindern in die Herberge. Sie kamen aus Modena in Italien und pilgerten den Weg zusammen als Familie. Auch die Kinder, ein Junge und ein Mädchen ca. 10 und 12 Jahre alt mussten ihre Rucksäcke selbst tragen. Die Disziplin mit der diese Familie unterwegs war ist schon bewundernswert. Man hörte von den Kindern überhaupt kein Klagen das sie ihr Gepäck tragen mussten, oder das sie in Herbergen mit vielen anderen Pilgern übernachten mussten. Es gibt sicherlich nicht sehr viele Kinder in diesem Alter die mit dem Caminovirus so infiziert sind. Nach der Körperpflege und dem waschen der Wäsche wollten wir in der Innenstadt was einkaufen fürs Abendessen. Vor dem Tor trafen wir Carla aus Argentinien. Sie suchte auch einen Supermarkt und so machten wir uns gemeinsam auf die Suche. Irgendwie war dann Carla verschwunden und wir waren plötzlich am Rathausplatz. Dort war es wahrscheinlich aufgrund der Hitze recht ruhig. Nach dem Besuch der Kirche suchten wir uns einen schattigen Platz in einer Bar. Marianne hatte anscheinend den gleichen Gedanken und kam mit zwei weiteren Pilgern die sie unterwegs kennengelernt hatte zu uns an den Tisch. Die beiden waren Waltraud und Heinz aus der Rhön. Wir hatten sie heute morgen schon mal kurz nach Foncebadon gesehen. Ich nannte sie unter uns immer Waltraud und Mariechen, so konnte ich mir das besser merken bei den vielen Pilgernamen. Sie laufen den Weg auch in Etappen. Bei einem kühlen Bier hatten wir eine kurzweilige Unterhaltung. Auf dem Rückweg kauften wir noch etwas für Abendessen. Es sollte heute mal nicht ganz so üppig ausfallen. Wir hatten beschlossen Suppe zu kochen. Die Küche in der Herberge war recht großzügig ausgestattet. Heute kochten auffällig viele Pilger. Auch Giselle und Stefan kochten selbst genauso wie die Koreaner. Ihr Essen sah wirklich lecker aus, die Asiaten waren richtige Gourmes und immer creativ beim kochen. Nach dem Abendessen war dann in der Kapelle eine Messe für die Pilger. Sie war im Gegensatz zu anderen Messen gut besucht. Leider gab es keine spezielle Pilgerandacht wie vor 10 Jahren. Nach einem anstrengenden Tag gingen wir schlafen.

Buen Camino

98. Etappe von Astorga nach Foncebadon

Heute schlichen wir uns alle ruhig aus unserem Zimmer, Michail schlief als einziger noch und man wollte ihn nicht all zu sehr stören. Auch das ist ein ungeschriebenes Gesetz auf dem Camino, das man früh nicht einfach das Licht anmacht und seine Sachen zusammenpackt wenn noch einige Pilger schlafen. Meist packt man schon schon am Abend seine Sachen im Rucksack zusammen um am morgen mit ein paar Handgriffen den Rucksack und den Rest seiner Habseligkeiten aus dem Zimmer zu bringen. Im Flur zieht man sich dann erst an und verstaut alles wieder im Rucksack. Mit der Zeit und mit längeren unterwegssein wird man darin immer geübter und routinierter. Es war noch dunkel als wir Richting Kathedrale gelaufen sind. Dort trafen wir schon auf jede Menge Pilger, die auch schon so früh unterwegs waren. Petra aus Bonn sprach mich an, und wir gingen eine ganze Weile miteinander. Wir waren uns schon gestern mal kurz in der Stadt begegnet. Es entwickelte sich eine rege Unterhaltung über das Pilgern. Man war gleich auf einer Wellenlinie und so war die Unterhaltung kurzweilig und intensiv. Man merkt sehr schnell ob sich jemand unterhalten will oder ob er lieber alleine gehen will. Jeder hat da so seine Vorlieben. Kurz nach Astorga kommt eine Kapelle namens „Ecce Homo“. Sie wurde gerade aufgesperrt und wir nahmen die Gelegenheit wahr dort in der leeren Kapelle unseren „Engel des Herrn“ zu singen. Es war nicht immer einfach einen ruhigen Ort für unser tägliches Lied zu finden. Meist sangen wir ihn auf freier Strecke früh am Morgen wenn gerade noch nicht so viele unterwegs waren. Die Strecke im Anschluss war relativ flach und das Pilgeraufkommen war an diesem Tag recht hoch. Wenn viele Pilger unterwegs sind lernt man natürlich auch wieder welche kennen, vorausgesetzt man ist immer offen für solche Begegnungen. Da wir meist mit etwas Abstand zu einander liefen konnte jeder seine eigenen Bekanntschaften machen. So lernte ich 2 Mädels kennen, die seit heute früh zusammen unterwegs waren. Denise kam aus Köln und Shayenne aus dem Münsterland. Es war eine wunderbare Unterhaltung mit diesen beiden jungen Frauen und es ist immer wieder spannend nachzufragen „Warum machst du diesen Weg?“. Die Beweggründe diesen Camino zu pilgern sind recht unterschiedlich, vor allem bei den jüngeren Pilgern. Ich bewundere all die jungen Pilger, die sich die Zeit nehmen können diesen Weg zu gehen und dabei unvergleichliche Erfahrungen zu machen. Shayenne war gerade mal Anfang 20 und suchte auf dem Weg eine Antwort für ihr weiteres Leben. Sie hatte einen neuen Ausbildungsplatz als Krankenschwester gefunden und war sich nicht ganz sicher ob es das richtige für sie ist. Hier erhoffte sie sich eine Antwort zu finden. Am frühen Vormittag erreichten wir dann El Ganso. El Ganso, das ist der Ort wo vor 10 Jahren mein Lieblingslandschaftsbild vom Camino entstand. Hier war das Pilgeraufkommen gerade sehr hoch. Die Cafe Bars waren alle besetzt mit Pilgern. Anscheinend hatte alle Lust auf Cafe con Letche. Hier traf man dann an den Bars viele bekannte Gesichter, so unter anderem auch Frank. Er ist Pastoralreferent und kommt aus der Nähe von Aachen. Ihn hatten wir bereits schon vor einigen Tagen mal kurz kennengelernt. Er war meist schneller als wir unterwegs, und so trafen wir uns meist nur mal in den Cafe Bars am Weg. Gegen Mittag waren wir dann in Rabanal, einer der markantesten Punkte auf dem Jakobsweg. Dort trafen wir Gunter aus Heidelberg unseren Zimmerkameraden der letzten Nacht wieder. Er hatte es sich bereits in seiner Herberge gemütlich gemacht. Wir unterhielten uns noch eine Weile mit ihm und anschließend besuchten wir die Kirche von Rabanal. Da es noch recht früh am Tag war beschlossen wir weiter nach Foncebadon zu gehen. Es war zwar ziemlich heiß und wir wussten das der Weg ca. 2,5 Stunden immer Bergauf ging. Aber es sollte sich lohnen die Strapazen auf sich zu nehmen. Unterwegs trafen wir auf Renate und Eddy. Zusammen machten wir eine längere Rast an einem der Brunnen. Schweißnass kamen wir dann in Foncebadon an. Der Ort hatte sich in den letzten Jahren erheblich verändert und man erkannte ihn fast nicht mehr. Es enstanden jede Menge Herbergen und Bars. Sogar eine Art Hotel für die Pilger ist geplant. Der Ort war voll mit Pilgern. Marianne war auch schon da und bereits frisch geduscht. Sie hatte sich zusammen mit Louis, einem jungen Kolumbianer, mit dem sie heute unterwegs war, eine Unterkunft gesucht. Wir beschlossen in die kirchliche Herberge Domus Dei am Ortsausgang zu gehen. Die Herberge befindet sich an einer Kirche angegliedert und war bereits gut gefüllt. Es standen draussen noch einige Pilger an. Auch Frank, Shayenne und Denis stellten sich hinter uns an, beschlossen aber wieder zu gehen, da ihnen die Herberge zu klein und unsauber erschien. Wir quardierten uns aber dort ein. Wir wurden recht herzlich von Jose Antonio dem Betreuer der Herberge empfangen. Es waren nur noch wenige Betten frei. Die Herberge war sehr einfach ausgestattet was vor allem die sanitären Anlagen betraf und auch im Schlafsaal war es recht eng. Edgar war mittlerweile mit der Herberge nicht mehr einverstanden und wollte am liebsten wieder gehen, da nach seiner Meinung andere Pilger besser untergekommen sind. Alles war irgendwie nicht passend für ihn an diesem Tag. Sollte er etwa unter die Luxuspilger gegangen sein die größeren Komfort brauchen? Vielleicht lag es auch daran, das wir schon so lange unterwegs waren,er die deutsche Ordentlichkeit vermisste und sich nicht mehr mit den Widrigkeiten einer einfachen Herberge abfinden wollte. Ich konnte es jedenfalls nicht verstehen, hatten wir doch solche Herbergen schon des öfteren. Hier musste man sich wieder mehr miteinander absprechen wenn man duschen oder waschen wollte. Das hat aber auch seine Vorteile, so lernt man dann wieder viele neue Pilger kennen wie Natascha aus Lörrach. Sie kommt ursprünglich aus Sibirien, war mit ihrer Mutter unterwegs und sprach 5 Sprachen. Zwischenzeitlich kam auch noch Jens aus Frankfurt und Carla aus Argentinien dazu. Mit ihr kam man auch wieder über den Fußball ins Gespräch. Nach ihre Herkunft gefragt sagte sie, sie kommt aus Rosario, der Heimatstadt von Lionell Messi. Den kennt ja die ganze Welt. Auch Catarina aus Italien kam noch an diesem Tag hinzu. Um noch etwas trinken zu gehen musste man allerdings vom Ortsausgang wieder zurück zur Dorfmitte laufen. Die Bars waren voll mit bekannten Gesichtern und es war an diesem Nachmittag einfach herrlich draußen vor der Tür zu sitzen, ein Bier zu trinken und sich mit all den Bekannten zu unterhalten. Auf der Straße liefen und schliefen die „Wilden Hunde von Foncebadon“ wie sie von Hape Kerkeling in seinem Buch beschrieben wurden. Auch ein Besuch der kleinen Kirche sollte sich lohnen. Sie ist zwar spärlich eingerichtet, hatte aber für mich eine besondere Anziehungskraft. Irgendwie war hier eine besondere Ruhe zu spüren. In der Herberge wurde heute gekocht. Jose ein  Spanier hatte sich bereiterklärt für alle Pilger Paellea zu machen. Die Vorspeisensalate machten wir alle gemeinsam. Die Zutaten für das Abendessen wurden vom Hospitalero besorgt. Choo und die beiden Lees, die drei kamen aus Südkorea, deckten mit mir zusammen den Tisch. So hatte jeder der Pilger eine Aufgabe übernommen. Mit einem gemeinsamen Tischgebet begannen wir mit dem Abendessen. Gerade hier in diesen einfachen Herbergen kommt ein unheimliches Gemeinschaftsgefühl auf, das man sonst nirgendwo so erleben kann. Auch die Herzlichkeit mit der man einander begegnet ist einzigartig, wenn man bedenkt, das man sich einander nur wenige Stunden kennt. Wir waren über eine Stunde mit dem Essen beschäftigt und genossen das Essen und die Unterhaltung. Wir saßen neben Choo und den beiden Lees. Die Asiaten waren sehr nett und zudem sprach Choo einige Worte deutsch. Wir hatten uns schon in den vergangenen Tagen immer wieder mal getroffen, waren aber nicht näher ins Gespräch gekommen. Heute war das etwas anders, die anfänglichen Berührungsängste verflogen und wir hatten einen netten Abend miteinander. Das notwendige abspülen des Geschirres übernahmen dann zwei Italiener. Anschließend saßen wir noch zusammen auf der Veranda und ließen den Abend ausklingen. Mit Vorfreude auf den nächsten Pilgertag gingen wir schlafen.

Buen Camino