97. Etappe von Villar de Mazarife nach Astorga

20170609_133357Auch heute waren wir zeitig dran. Es war wieder herrliches Wetter und es war richtig angenehm in der Morgenfrische loszulaufen. Zusammen mit Marianne machten wir uns auf den Weg. Zunächst musste man eine endlos lange Strecke an der Straße entlang laufen. Es war ziemlich eintönig und ereignislos. Auch waren nicht sehr viele Pilger auf dem Weg um diese Zeit. Irgendwie war dies auffällig an diesem Tag. Marianne hatte einen schnellen Schritt drauf und war deshalb weit vor uns unterwegs. Aber der Weg verliert niemanden. Auf dem Weg nach Hospital de Orbigo trafen wir heute ein italienisches Ehepaar, die zusammen mit ihren beiden Kinder den Jakobsweg pilgerten. Die beiden Kinder waren um die 12 – 13 Jahre alt und trugen selbst ihren Rucksack wie die Erwachsenen. Sie übernachteten auch in den Herbergen und begeisterten ihre Kinder vom Pilgern. Man hörte von den Kinder nie ein klagen, das es etwa zu heiß sei oder der Weg zu lang. Vor solchen Pilgern muss man allerhöchsten Respekt haben. In Hospital de Orbigo, dem Ort mit der berühmten Römerbrücke legten wir eine Pause ein und gönnten uns einen Cafe con Letche. Bereits am frühen Vormittag wurde es richtig warm an diesem Tag. Aber lieber bei Hitze laufen als im Regen. Kurz vor dem Kreuz Santo Toribo sammelten sich einige Pilger an einer Art Verpflegungsstation. Dort stand eine Hütte und es gab allerhand Obst, Getränke, Kaffe und sonstiges gegen ein „Donativo“, eine freiwillige Spende. Wir  nahmen das Angebot dankend an und stärkten uns mit Obst für den Rest des Weges nach Astorga.  Auch kam man hier wieder mit vielen Pilgern ins Gespräch und man erfuhr das die meisten Astorga als ihr heutiges Ziel auserkoren hatten. Nach  einer kurzen Strecke kam man dann an das markante Wegkreuz von Santo Toribio. Dort hatte man einen phantastischen Ausblick über die Berge im Norden und Westen und man sah schon von weitem die Türme der Kathedrale von Astorga. Hier standen wir schon 2007 und machten Erinnerungsfotos. Man glaubt, da man von dort schon die Türme der Kathedrale von Astorga sieht, der Weg sei nicht mehr all zu weit. Was aber gewaltig täuscht, denn von hier ist man noch eine ganze Weile unterwegs. Kurz vor Astorga  überholten wir dann einen Pilger und ich sprach ihn auf englisch an. Er antwortete auch auf englisch. Das ging noch eine Weile so bis ich merkte das er auch deutscher war und sich einen Spaß daraus machte wie ich mich mit meinem fränkischen Englisch a la Lothar Matthäus abmühte. Jens, so sein Name kam aus Frankfurt, sprach neben englisch noch hessisch und war Konditor. Zusammen liefen wir das Reststück nach Astorga. Aus Notsalgiegründen gingen wir wieder in die Herberge Siervas de Maria. Auch Jens schloss sich uns an. Dort waren Deutsche Hospitaleros und wir wurden herzlich begrüßt nachdem man erfahren hatte das wir Wiederholungstäter in Sachen Herberge waren. Die Herberge war relativ voll und auch unser Zimmer war komplett besetzt. Neben Jens war da auch noch Mario aus dem Münsterland, Marius aus Münster und Gunter aus Heidelberg. Die deutsche Fraktion war heute gut vertreten und so entwickelten sich intensive und ausführliche Gespräche über alle mögliche Themen, nicht nur rund um den Camino. Später kam dann auch noch Michail aus Rumänien dazu, den wir ja gestern in Villar de Mazarife kennengelernt hatten. Auch Marianne war in der Herberge in einem Zimmer nebenan. Für den Abend beschlossen wir nur eine Kleinigkeit im Supermarkt einzukaufen und auf der Terrasse der Herberge zu Essen. Dort zu sitzen war richtig angenehm und nach und nach kamen Mario, Marius und Marianne dazu. Wir genehmigten uns noch ein paar Gläser Rotwein, dabei philosophierten wir noch lange an diesem Abend über den Jakobsweg und das Leben.

Buen Camino

96. Etappe von Leon nach Villar de Mazarife

Die Nacht in der berühmten Herberge der Benediktinerinnen war ruhig, was man halt unter ruhig versteht in einem Schlafsaal mit ungefähr 70 Pilgern. Auch standen wir wieder früh auf. Edgar hatte es heute auffallend eilig und war bereits fertig zum gehen, da bin ich erst aufgestanden. Zunächst machten wir in der Herberge Frühstück. Man saß an einem großen Tisch mit den anderen Pilgern und der Hospitalero kochte Kaffee. Dazu gab es Brot, Butter und Marmelade, ein ganz einfach Frühstück. Aber das reicht, mehr braucht man eigentlich nicht und das besondere ist einfach dieses Gemeinschaftsgefühl unter den Pilgern. Man macht beim Kaffetrinken seine Pläne für den Tag und verabschiedet sich dann voneinander mit dem Wissen das man sich irgendwann wieder auf dem Weg begegnet oder auch vielleicht nie wieder trifft. Der spanische Sommer war richtig beständig und es wurde auch heute wieder richtig warm. An der Kathedrale machten wir noch einen kleinen Abstecher zum Haus unseres Freundes Javier und warfen noch einen Zettel mit Dankesworten in seinen Briefkasten. Der Weg aus der Stadt war dann endlos lang und wir versuchten uns zu erinnern, ob der Weg auch schon vor 10 Jahren so endlos war. Es hatte sich seitdem viel verändert. Wo damals Wiesen waren sind heute Wohnhäuser und Industriebauten. Kurz nach dem man Leon verlassen hatte gab es nun 2 Alternativen für den weiteren Weg. Wir entschieden uns natürlich für den traditionellen Weg nach Villar de Mazariffe. Irgendwie war es schon komisch nochmal auf dem gleichen Weg wie vor 10 Jahren unterwegs zu sein. Man versuchte sich ständig zu erinnern und parallelen zum damaligen Weg zu ziehen. Aber man kann nichts wiederholen, schon gar nicht schöne Erlebnisse und Ereignisse die man hatte. Der Weg damals, als wir zu fünft unterwegs waren, war einzigartig in seiner Art und Weise genauso wie es der Weg jetzt ist. Auf dem traditionellen Weg waren deutlich weniger Pilger unterwegs. Auch heute durften wir Freundschaft mit neuen Pilgern schließen. Mit schnellen Schritten kam eine blonde Frau hinter uns her und holte uns schließlich ein. Sie war richtig fit und hatte einen schnellen Schritt drauf. Wir kamen dann sehr schnell ins Gespräch. Ihr Name war Marianne und sie kam aus Hamburg. Sie hatte bereits im vergangenen Jahr an den Pyrinäen begonnen und war heute in Leon gestartet um den Weg fortzusetzen. Es war sehr angenehm sich mit ihr zu unterhalten, die Chemie stimmte zwischen uns und so verging die Zeit sehr schnell an diesem herrlichen Sommertag. Marianne hatte uns bereits gestern in Leon zusammen mit Javier gesehen. In einer Bar trafen wir wieder auf Renate und Eddy, auch sie genehmigten sich einen Cafe con letche. Natürlich erzählten wir Marianne von unserem damaligen Weg und den damaligen Herbergen. Heute wollten wir in die kultige Herberge von Jesus in Villar de Mazarife. Sie beschloss mit uns zu kommen. Die Herberge hatte sich nur geringfügig verändert, was nicht negativ gemeint sein soll. Bei der Anmeldung sagten wir, das wir schon vor 10 Jahren hier waren, was die Besitzerin sehr freute. Wir waren heute früh dran und es waren noch nicht sehr viele Pilger angekommen. So bekamen wir sogar das gleiche Zimmer wie damals. Nostalgie pur. An den Wänden sind immer noch die lustigen Sprüche und Graffitis von Pilgern aus aller Welt. Diese Herberge ist besonders bei vielen jungen Pilgern beliebt, spiegelt sie doch ein gewisses Lebensgefühle der jugendlichen auf dem Camino wieder. Tatsächlich trafen sich an diesem Tag sehr viele junge Pilger hier. Sie saßen am Nachmittag alle im Garten zusammen und genoßen das Leben. Einfach genial wenn man so jung ist, meist mehrere Sprachen spricht und die Zeit hat den Weg zu gehen. In diesem Alter machen diese jungen Leute Erfahrungen auf diesem Weg, die sie nirgends auf der Welt sammeln können. Mit der Zeit kamen immer noch mehr dazu. Einer hatte sogar seine Gitarre dabei, spielte und sang dazu. Ein anderer häkelte für die anderen Pilger Taschen für ihr Feuerzeug. Alle saßen friedlich zusammen. Auch wir verbrachten den Nachmittag bei herrlichen Sommerwetter im Garten und sahen dem bunten Treiben zu. Einige gingen einkaufen um am Abend zu kochen. Wir entschlossen uns zusammen mit Marianne ebenfalls heute in der Herbergsküche zu kochen. Zuvor mussten wir natürlich erst einkaufen gehen. Nach dem Einkauf besichtigten wir die Kirche und dann gings ans Kochen. In der Küche herrschte schon richtig Hochbetrieb. Auf engsten Raum musste man sich hier arangieren. Was nirgends auf so engen Raum funktionieren würde, auf dem Camino ist das möglich. Denn hier nimmt jeder auf den anderen Rücksicht. Für die jungen Pilger kochte Michail, ein junger Rumäne. Er war DJ und studierte in London. Er beherrschte die Kunst des Kochens. Die Salate machten einige Mädchen. Gemüse schnitten wieder einige andere. So hatte jeder seine Aufgabe. Edgar erklärte sich bereit für uns zu kochen. Es gab Spagetthi mit Tomatensoße und dazu natürlich den obligatorischen Rotwein. Beim Essen setzten sich dann noch Heidi und Günter aus Schopfheim zu uns und es wurde zusammen mit Marianne noch ein unterhaltsamer Abend. Gegen 22.00 gingen wir zufrieden ins Bett.

Buen Camino

95. Etappe von Relegios nach Leon

Nach diesem unvergesslichen Abend, der mich teilweise nachts nicht schlafen lies, machten wir uns  recht früh auf den Weg. Unser Ziel stand für heute schon fest. Es sollte Leon sein, der Ort von dem aus wir im Jahr 2007 unseren ersten Camino begonnen hatten. Ein bisschen Nostalgie schwang da schon mit. Die Meseta war nun zu Ende und der Weg Richtung Leon war recht ereignislos. Man traf hin und wieder mal bekannte aber auch neue Gesichter. Auch heute war es wieder recht heiß und die Entscheidung früh los zu laufen erwies sich als richtig. Schon am späten vormittag erreichten wir den Stadtrand von Leon. Von hier zog sich der Weg endlos hin bis zur Innenstadt. So ist es meist bei den größeren Städten. Es ist wie immer nicht ganz angenehm dort zu laufen. In Leon gab es eigentlich sehr viele Herbergen. Wir entschieden uns für die Herberge der Benediktinerinnen in der wir auch schon 2007 waren. Laut Pilgerführer war diese Herberge zwar etwas verufen, was uns aber nicht abhielt wieder dort hin zu gehen. Wir kannten sie ja schon und wollten sehen ob sich etwas verändert hat. Mittlerweile hatte man im großen Schlafssal einige Trennwände eingezogen um die Situation etwas besser zu gestalten. Aber so negativ wie die Herberge beschrieben wird, ist sie bei weiten nicht. Die Hospitaleros geben sich auch dort allergrößte Mühe mit den Pilgern. Wir hätten auch bei unseren Freund Javier eine Unterkunft direkt neben der Kathderale haben können, aber wir wollten ihm und seiner Frau nicht all zu viele umstände machen. Bei dieser Geschichte muss man etwas länger ausholen, so unglaublich erscheint sie einen. Einordnen muss man sie dennoch unter „Nichts ist Zufall“. Mein Nachbar Steffen rief mich eines Abends im Februar an, ich solle doch mal beim ehemaligen Haus vom „Mühl Hans“, das nach seinem Tod verkauft wurde, bei uns in der Grümpel vorbeischauen um diverse Schreinerarbeiten dort auszuführen. Das Haus hatte ein Spanier gekauft, den ich bis dahin noch nicht kennengelernt hatte, obwohl er ja nicht weit von mir entfernt wohnt. Beim Gespräch fragte ich ihn, woher er denn in Spanien käme, und die Antwort haute mich fast um. Er wohnt mit seiner Familie in der Nähe der Kathedrale von Leon – konnte das Zufall sein? Sein Freund kam aus Astorga. Als Javier meine Muschel um den Hals sah und hörte, das wir dieses Jahr nach Leon kommen würden war er sofort begeistert und lud uns spontan ein, ihn und seine Familie dort zu besuchen. Nun waren wir in Leon. Bereits gestern hatte ich per Whatsapp ihm geschrieben, das wir heute in Leon sein würden. Er lud uns ein, wir könnten bei ihm schlafen und auch zum Essen lud er uns ein. Seine Frau würde für uns kochen. Wir verabredeten als Treffpunkt den Platz vor der Kathderale. Auf dem Platz vor der Kathedrale trafen wir dann auch noch Jean Louis, er wartete ebenfalls auf einen spanischen Freund und wollte 2 Tage bei ihm bleiben. Javier war dann pünktlich zum verabredeten Zeitpunkt da, ich kannte ihn ja nur vom Termin im Februar. Wir begrüßten uns herzlich, und er ging mit uns zunächst in eine der typischen Bars in Leon. Dort gab es zum Bier immer auch etwas zum Essen. Eine Schale mit „Orellas“ Schweinsohren war unter anderen auch dabei. Da kam auch wieder die Erinnerung an 2007 – Ich aß diese ja auch schon damals mit vorliebe. Renate und Eddy kamen gerade in die Bar und wir erzählten den beiden natürlich die Geschichte. Die beiden staunten nicht schlecht ob dieser unglaublichen Geschichte. Nach dem Bier ging es zu Javier nach Hause, dort lernten wir seine Frau Ines, deren Bruder Miguel und seine beiden Kinder kennen. Der Junge heisst Santiago – wie passend. Dort genossen wir deren Gastfreundschaft bei einem hervorragenden Essen und ein paar Gläschen Wein. Danach machte Javier mit uns noch eine Stadtbesichtigung, bei der er uns an Orte führte, an die man als normaler Pilger eigentlich nicht kommt. Javier ist Schriftsteller und in Leon ist er natürlich bestens bewandert. Die Zeit verging leider viel zu schnell und wir verabschiedeten uns von Javier bei einem letzten Bier auf der Plaza vor dem Rathaus, denn wir mussten um 22.00 Uhr in der Herberge sein. Dieser Tag in Leon bei Javier und seiner Familie wird uns immer in Erinnerung bleiben. 2007 begannen wir hier unseren ersten Camino und nun nach 10 Jahren erleben wir hier einer unserer unglaublichen Erlebnisse. Solche Geschichten schreibt nur der Camino. Im August kommt Javier mit seiner Familie in die Grümpel und nach Wilhelmsthal und wir werden sie dann natürlich ebenso zu uns einladen.

Buen Camino

 

94. Etappe von San Antonio nach Relegios

Eine ruhige Nacht lag heute hinter uns. Jean Louis war ein ruhiger Zeitgenosse den man im Zimmer überhaupt nicht bemerkte. Wir beschlossen recht früh los zu gehen und irgendwann unterwegs etwas zu frühstücken. Man hatte sich auch daran gewöhnt nicht unbedingt etwas frühstücken zu müssen. Der Sommer war nun nach Spanien zurückgekehrt. Schon am Morgen war es richtig warm und im Laufe des Tages sollten die Temperaturen noch mächtig nach oben klettern. Eine kleine Meinungsverschiedenheit stellte sich kurz vor Sahagun ein. Edgar bestimmte ohne Absprache eine andere Route abseits des Jakobsweges nach Sahagun zu gehen. Das musste anschließend ausdiskutiert werden. Auch so etwas gehört manchmal zum Weg dazu und ist nicht ganz zu vermeiden wenn man so lange zusammen unterwegs ist. In Sahagun machten wir dann nach fast 2 Stunden in einer Bar Frühstück. Allison und Mark kamen auch vorbei und Frühstückten dort. Schön sie nochmal zu treffen. Sahagun ist keine besonders schöne Stadt. Wir wollten gestern unbedingt Sahagun als Etappenort vermeiden. Nach Sahagun war die Strecke heute richtig typisch für die Meseta. Es ging immer endlos geradeaus an einer Baumallee entlang. Irgendwann schritt ich den Abstand zwischen den Bäumen ab, er betrug ca. 10 Meter. Und wenn man bedenkt das man über 20 km an diesen Bäumen vorbei läuft, kann man sich leicht ausrechnen, wieviele Bäume da stehen. Eigentlich hauts dir dann irgendwann mal den Vogel raus. Diesen Satz hatte uns mal Brigitte, eine Pilgerin aus Pretzfeld, bei unseren Pilgerweg 2007 gesagt, als sie uns von der Meseta erzählte, Ich musste mich heute gerade daran erinnern. Man hatte heute den Eindruck, das nicht sehr viele Pilger unterwegs wären. Lag es etwa an den Temperaturen oder hatten einige wieder mal eine Pause eingelegt, oder hat sich alles aufgrund des Weges verlaufen. Zwischendurch waren dann doch wieder welche zu sehen. An einer Weggabelung bei einem Kreuz saß eine Japanerin und wir kamen etwas ins Gespräch, wenn man es so nennen kann aufgrund der Sprachbarriere. Sie hatte einen Notizblock auf dem sie die nötigste Konversation in verschiedenen Sprachen geschrieben hatte. Sie bat uns, wir sollten unsere Namen in ihr Notizbuch schreiben. Natürlich musste sie dann auch unsere Namen in unser Notizbuch in Japanischer Sprache schreiben. Auch der Satz „Nichts ist Zufall“ auf Japanisch durfte nicht fehlen. Wir trafen Saki, so war ihr Name, noch des öfteren auf dem Weg. Immer wenn wir sie trafen, begrüsste sie einen mit einer kleinen Verneigung. Diese Begrüßung wird mir immer in Erinnerung bleiben. Das laufen fiel uns an diesem Tag irgendwie besonders leicht. Man war in einem richtigen „Flow“ und so machten wir trotz der großen Hitze an diesem Tag an die 40 km. Unser heutiges Ziel war dann Religios ein relativ kleiner Ort in dem es einige schöne Herbergen gab. Wir gingen zur Herberge Alberge Ada. Von aussen sah das Haus nicht gerade einladent aus, aber der äußere Eindruck sollte täuschen. Innen war die Herberge wunderschön gestaltet. Der Inhaber der Herberge war Pedro, ein älterer Spanier der sich leidenschaftlich und mit herzlicher Hingabe um die Pilger kümmerte. Zu unserer Überraschung waren Allison und Mark auch schon da. Die beiden sind recht gut zu Fuß unterwegs und absolut fit, wenn man bedenkt das wir heute morgen fast gleichzeitig losgelaufen sind. Wir freuten uns die beiden wieder zu sehen. Für den Abend musste man sich fürs Pilgermenü anmelden. Pedro und seine Helfer kochten vegetarisch für die Pilger. Eine willkommene Abwechslung bei den Pilgermenüs die üblicherweise angeboten werden. Natürlich verabredeten wir uns für den Abend mit Allison und Mark. Es sollte einer der ganz besonderen Abende auf dem Camino werden. Nachdem wir gegessen hatten und uns dem Rotwein widmeten überraschten uns Allison und Mark mit etwas ganz besonderen. Wir bekamen von den beiden je ein Jerusalemkreuz geschenkt. Diese Kreuze hatten sie von ihren Referent zu Hause mitbekommen und sie sollten diese unterwegs Pilgern schenken, von denen sie meinten sie wären besondere Pilger. Wir waren absolut sprachlos und stolz das sie ausgerechnet uns dafür ausgewählt hatten. Im Gegenzug schenkte ich Ihnen ein Tau Kreuz. Dieses Tau Kreuz hatte ich unterwegs am Weg von einem der Händer gekauft, die immer wieder mal an Wegkreuzungen stehen. Wir bekommen ein Jerusalemkreuz und verschenken ein Tau Kreuz. Allison und Mark mögen Tau Kreuze ganz besonders, wie sie uns dies sagten. Dies alles konnte kein Zufall sein – es sind Fügungen wie es sie nur auf dem Camino gibt. Mit einem zufriedenen Gefühl gingen wir heute schlafen. Dieser Abend mit neu gewonnen Freunden wird uns immer unvergesslich bleiben und ich hoffe wir bleiben mit Allison und Mark auch nach dem Weg noch in Verbindung.

Buen Camino

93. Etappe von Carrion de los Condes nach San Antonio

An diesem Morgen gingen wir wieder mal etwas früher los. Es war noch dunkel als wir zusammen mit Dieter losgingen. Frühstück gab es keines in der Herberge aber die erste Bar in Carion de los Contes hatte schon geöffnet. Man war dort einfach darauf eingestellt das die Pilger ein Frühstück brauchten und machte die Bars recht früh auf. Am Ortsrand von Contes stand eine Skulptur. Sie zeigte die Geburt Christi und einen Pilger der in Demut vor dem neugeborenen Heiland kniet und ihn anbetet. Heute war es immer noch recht kalt und es war Meseta Pur angesagt. Es ging immer recht flach dahin bis nach Sahagun. Unterwegs trafen wir wieder die Brasilianerinnern Adriana und Amalia. Sie freuten sich uns wieder zu sehen und wir gingen eine Weile miteinander. Sie hatten sich vor Kälte wieder die Socken über ihre Hände gezogen. Was wir damals noch nicht wussten, es sollte das letzte mal sein, das wir uns getroffen haben. Schade, denn sie waren richtig nett auch wenn man nicht die gleiche Sprache spricht. Aber so ist es eben auf dem Camino. Manchmal trifft man sich und findet sich später wieder auf dem Weg und manchmal trifft man sich und verliert sich auf dem Weg. Im laufe des Tages wurde es dann immer wärmer. Irgendwann verloren wir Dieter auf dem Weg. Er war einfach weg. Da das laufen heute recht gut ging beschlossen wir bis San Antonio, einer kleinen Ortschaft zu laufen. Immerhin hatten wir an diesem Tag über 35 km in den Beinen, aber man war ja eingelaufen und keine gesundheitlichen Probleme hatten sich, Gott sei Dank, auch nicht eingestellt. Das war die bisher längste Etappe in diesem Jahr für uns. Wir gingen in der Ortsmitte neben der Kirche in die dortige Herberge. Es war eine richtig schöne Herberge und wir wurden herzlich aufgenommen. Nach dieser langen Strecke hatten wir uns eine kühle Cerveca verdient. Es waren nicht viele Pilger die in den kleinen Orten blieben und sich antizyklisch verhalten. Aber es ist oftmals schöner und familiärer in diesen kleinen Herbergen. Wir waren heute nur zu dritt im Zimmer. Unser Zimmergenosse war heute ein Franzose mit dem Namen Jean Louis, ein netter, freundlicher Pilger. Er sprach auch englisch und so war eine Unterhaltung möglich. Am Nachmittag war es einfach herrlich im Garten der Herberge zu sitzen und die Seele baumeln zu lassen. Am Nachbartisch hatte sich ein Amerikaner gesetzt und ich sprach ihn an. Mein Englisch ist leider auch ausbaufähig, aber es reichte trotzdem aus um sich zu verständigen. Ich sagte immer frei nach Lothar Matthäus: “ Sorry, my english is not so gut, but my german is not better“. Das sorgte immer mal für den ein oder anderen lacher. Der Amerikaner war ein sehr sympathischer Mann und es entwickelte sich ein recht intensives Gespräch trotz der sprachlichen defizite auf meiner Seite. Mark, so hies der Amerikaner sprach auch ein paar Worte deutsch. Er war beruflich schon des öfteren in Deutschland unterwegs gewesen. Wir erzählten uns von unseren Kindern und stellten erstaunliche Paralellen fest. So waren unter anderen unsere Töchter gleich alt. Mark fragte warum wir den Camino laufen und ich sagte, das wir als Pilger im christlichen Glauben unterwegs sind und diesen Weg als Pilgerweg sehen im Gegegnsatz zu vielen anderen die hier zum Wandern sind. Mark sagte, das er schon viele deutsche Pilger unterwegs getroffen hat seit er mit seiner Frau Allison in St. Jean pied de Port gestartet ist. Er fragte auch diese warum sie den Weg laufen, aber wir wären, nachdem er mehr als 350 km gelaufen ist, die ersten Deutschen die antworten sie würden den Weg aus spirituellen, christlichen Gründen pilgern. Er fand das schon recht erstaunlich bei den vielen Deutschen die sich auf dem Weg befinden, denn Deutschland ist ja ein überwiegend christlich geprägtes Land. Auch die beiden waren aus den gleichen Gründen wie wir auf dem Weg und das verband uns gleich miteinander, obwohl wir uns erst knapp eine Stunde kannten. Die Gründe warum Menschen auf diesem Weg unterwegs sind, sind natürlich so vielfältig wie die Menschen selbst. Aber es war schon auffällig, das nicht mehr die überwiegende Mehrheit der Pilger christlich geprägt ist, obwohl doch der Weg ein christlicher Pilgerweg ist. Man merkte es ja auch in den Pilgermessen die angeboten werden. Dort ist ja auch nur ein Bruchteil der Pilger zu sehen. Für viele, so hatte man den Eindruck, ist der Weg ein touristisches Abenteuer der gerade „In“ ist und man zu Hause sagen kann: „Ich war auf dem Jakobsweg“. Natürlich muss man das alles tolerieren, auch wenn man sich das anders wünschen würde. Mittlerweile hängt ja für die Spanier die hier am Weg leben einiges ab. Die Pilger bringen hier in die meist abgelegenen Gegenden Arbeit und Einkommen. Für den Abend hatten wir beschlossen in der Herberge das Pilgermenü zu bestellen. Neben Jean Louis, Allison, Mark und uns war noch eine kanadische Pilgerin mit am Tisch beim gemeinsamen Essen. Es war ein richtig leckeres und reichhaltiges Pilgermenü. In den kleinen Ortschaften am Weg mit den kleinen Herbergen gab man sich sehr viel Mühe um die Pilger zufrieden zu stellen. Wir hatten einen sehr kurzweiligen Abend mit netten Pilgern, der leider viel zu schnell verging. Zufrieden gingen wir gegen 22.00 Uhr ins Bett.

Buen Camino

92. Etappe von Fromista nach Carrion de los Condes

Auch heute war die Nacht recht ruhig verlaufen. Manchmal hat man einen leichteren Schlaf und manchmal schläft man recht tief und träumt. Man sagt ja auch wer träumt befindet sich im Tiefschlaf. Oft hatte ich den Eindruck, das ich in einem Schlafsaal mit 20 oder 30 Pilgern besser geschlafen habe als zu Hause. Das lag vermutlich daran, das man sich auf dem Weg um nichts weiter sorgen musste als um etwas zu Essen und einen Schlafplatz zu finden. Zu Hause in unserer verrückten Welt mit ihren oftmals unnötigen und künstlich herbeigeführten Problemen kann man gar nicht so entspannen und in eine andere Welt abtauchen wie auf dem Camino. Heute ging es wieder mal ohne Frühstück auf den Weg, aber die nächste Bar war nicht weit. Irgendwie war es auch immer wieder schön in den Bars Frühstück zu machen. Man lernt neue Pilger kennen und auch die Tortillas oder Croissants schmeckten immer zu einem Cafe con Letche recht lecker. Heute hatte man den Eindruck das wieder mehr Pilger unterwegs sind als in den vergangenen Tagen. In diesem Jahr hatten wir jedenfalls keine Probleme eine Unterkunft zu bekommen. Man musste nicht vorbuchen wie im  letzten Jahr, was deutlich entspannter war und man spontaner sein konnte. Es lag vermutlich daran, das wir dieses Jahr im Juni anstatt im Mai pilgerten. Diesen Hinweis gab man uns ja bereits im vergangen Jahr. Edgar war aber trotz der Erfahrungen der letzten Tage immer in Sorge, das wir für den Abend keinen Schlafplatz bekommen würden. Die Situation etwas entspannter zu sehen hätte oftmals gut getan. Die Temperaturen waren immer noch bei ca 8 Grad. Zum Glück gab es heute keinen Regen. Unterwegs trafen wir auf Dieter aus Freiburg. Er hatte seinen Weg in St. Jean pied de Port begonnen und machte den Weg mehr aus sportlichen als aus spirituellen Gründen. Auffallend war bei ihm in den ersten Gesprächen, das er mehr fragte als erzählte. Bei Fragen an ihn gab es oftmals keine Antworten von ihm. Aber so ist halt jeder Pilger anders, auch das muss man tolerieren. An die Meseta hatte man sich nun schon gewöhnt. Irgendwie war es eine schöne Wegerfahrung. Wir waren gegen 11.30 Uhr in Fromista und beschlossen in die dortige kirchliche Herberge zu gehen, obwohl es noch recht früh am Tag war. Sie war aber noch geschlossen aber es standen bereits viele Pilger in der Warteschlange. Bei den Herbergen zählt das sogenannte Windhundprinzip. Wer zuerst da ist stellt seinen Rucksack in die Reihe bis die Herberge aufmacht. Die kirchliche Herberge wird von Augustinerschwestern mit betreut. Nach und nach kamen immer mehr bekannte Gesichter an. Renata und Markus, Fernando aus Spanien, Gabriela aus Polen die wir gestern in Fromista kennengelernt hatte, Lee und Choo die beiden Koreaner, auch sie hatten wir schon vor einigen Tagen getroffen und später auch noch Sivia aus Frankreich. Man war nach einigen Tagen eine richtige Pilgerfamilie. Wir hatten heute viel Zeit zum relaxen und unterhalten, was wir auch ausgiebig genutzt haben. Für den Abend gab es in der nebenan gelegenen Kirche eine Pilgermesse mit anschließenden Pilgersegen den der Pfarrer jeden einzelnen spendete. Nach der Messe hatten wir uns noch mit Renata, Markus und Dieter zum Essen verabredet. Es sollte auch noch Jonny dazukommen. Er war Belgier und auch ihn hatten wir schon in Santo Domingo de Calzada in der Herberge getroffen. Er war krankheitsbedingt einen Tag hinter uns und kam heute relativ spät in Contes an. Im nebenan gelegenen Restaurant ließen wir uns das Pilgermenü zusammen mit einem Rotwein schmecken. Aber die Unterhaltungen an so einem Abend sind mit nichts zu vergleichen. Man erzählt sich oft die verücktesten Geschichten die man nur auf dem Camino erlebt. Schnell ging eine schöner Abend zu Ende und wir machten uns zusammen auf den Weg in die Unterkunft. Im Aufenthaltsraum tranken wir noch eine Flasche Rotwein die wir heute im Supermarkt gekauft hatten. Schließlich wollten wir diese nicht am nächsten Tag im Rucksack herumtragen. Am Tisch saß auch noch ein Spanier. Wir luden ihn auf ein Glas ein. Sein Name war Nano und er war Baske aus San Sebastian. Leider sprach er nur ein paar Worte englisch, aber die Unterhaltung funktionierte trotzdem. Zum Schluss zeigte er uns ein Foto seines Vaters, er war früher Fußballprofi in Bilbao und das Foto zeigte ihn zusammen mit Alfredo di Stefano im Estadio Bernabeu in Madrid. Darauf war er unheimlich stolz. Wir leerten unsere Gläser und dann ging man zufrieden ins Bett.
Buen Camino

91. Etappe von Castrojerez nach Fromista

Auch diese Nacht verbrachten wir recht ruhig mit etwa 30 Pilgern im großen Schlafsaal dieser Herberge. Man gewöhnt sich einfach an die Verhältnisse vor Ort und hat meist keine Probleme mit vielen Pilgern zusammen die Nacht zu verbringen. Das Schnarchen des ein oder anderen hört man zwar manchmal noch, aber stören tut es meist nicht mehr. Die Nacht über hatte es immer wieder mal geregnet. Beim Frühstück in der Herberge machte man seine Pläne für den Tag. Gegenseitig fragte man sich meist, wie weit gehst du heute und wo willst du übernachten. Die meisten hatten zwar ein Ziel für den Tag, aber das konnte sich im Laufe des Tages immer wieder mal ändern. Auch wir wussten meist am Morgen noch nicht ganz genau wie weit wir gehen und wo wir übernachten wollten. Das ist ja auch das schöne an diesem Weg, das man einfach in den Tag hineinleben kann. Allerdings muss man das auch für sich zulassen können. Ich für meinen Teil konnte das nach einigen Tagen im Gegensatz zu Edgar. Er wollte schon meist am Morgen wissen wo er heute Abend schläft. Auch hatte er unterwegs immer wieder mal Bedenken das wir die Strecke in der zur Verfügung stehenden Zeit nicht schaffen. Ich hatte da eigentlich keine Bedenken. Denn wenn man mal einen Tag etwas weniger läuft, kann man ja die nächsten Tage wieder mehr laufen. Man muss auch mal 5 gerade sein lassen, vertrauen in sich haben und auch auf Gott vertrauen das sich alles am Ende fügt. Dies ist etwas was man auch von vielen Pilgern lernen kann. Als wir los laufen wollten braute sich ein größeres Gewitter zusammen und es begann wie aus Kübeln zu regnen. Wir beschlossen noch zu warten, denn es machte keinen Sinn los zu laufen, zumal ein Gewitter nicht zu unterschätzen ist. Auch die Brasilianerinnen Adriana und Amalia saßen draussen auf der Veranda mit ihren Ponchos und warteten ebenfalls. Nach etwa einer halben Stunde hatte sich das Gewitter verzogen und wir konnten los gehen. Es war merklich abgekühlt, das die Brasilianerinnen vor Kälte ihre Socken über die Hände zogen. Eigentlich war ja Sommer in Spanien. Vorsichtshalber hatten wir trotzdem den Poncho angezogen, falls es wieder zu regnen beginnt. Allerdings kam nach Castrjerez gleich ein steiler Anstieg und man kam extrem ins schwitzen unter dem Poncho. So war man oben am Gipfel tropf nass und man musste schon aufpassen, das man sich nicht erkältet. Am Weg kamen wir dann an einer Kirche vorbei. San Nicolás eine der wohl außergewöhnlichsten Pilgerherbergen des gesamten Camino. Innerhalb deren Mauern stehen die Stockbetten zum übernachten und die mittelalterliche Tradition des Fußwaschens der Pilger wird dort auch noch aufrechterhalten. Leider waren wir dort bereits am frühen Vormittag, denn sonst wären wir sicher dort geblieben. Auch Adriana und Amalia waren dort und machten Rast. Wir hatten wieder ein nettes Gespräch. Wir unterhielten uns über unsere Kinder und da meine Tochter Lisa im November ihr erstes Kind erwartet war man ja auf der Suche nach einem Namen. Einen Namen für einen Buben hatten Lisa und Jonas schon. Einen Mädchennamen hatten sie noch nicht. Und ich dachte mir, mal schauen welche Namen die weiblichen Pilger aus aller Welt haben. Vielleicht ist ein hübscher Name dabei. Dies sagte ich den Pilgerinnen immer im Gespräch und sie freuten sich jedesmal wenn ihr Name für das Baby in Frage kam. Ich hatte schon jede Menge Namen in meinem Notizbuch. Der restliche Weg war dann recht ereignislos, das Wetter hatte sich wieder gebessert und die Sonne war schon wieder zu sehen. Der Weg heute war typisch für die Meseta, ein Weg durch eine flache, eintönige, aber eben charakteristische Jakobsweglandschaft, die Tierra del Campos. Am frühen Nachmittag kamen wir dann in Fromista an. Unterwegs trafen wir nach langer Zeit wieder Anette aus München. Sie war jetzt alleine unterwegs. Rafaella hatte ihrenWeg beendet und war bereits nach Hause gefahren. In Fromista gab es 3 Herbergen. Anette hatte sich die umgebaute Bahnhofslagerhalle ausgesucht. Wir wollten dann auch dorthin, aber leider war sie schon voll. Wir entschieden uns dann für die Gemeindeherberge. Einige bekannte Gesichter waren auch schon dort. Nach dem obligatorischen Wäschewaschen und der Körperpflege setzten wir uns in den Innenhof der Herberge. Anette kam uns besuchen und wir redeten dort sehr lange und intensiv miteinander. Für den Abend hatten wir uns mit Renata und Markus, die auch bei uns in der Herberge waren zum Pizza Essen verabredet. Nach einigen Gläschen Rotwein gingen wir relativ früh schlafen.

Buen Camino

 

90. Etappe von Hornillas nach Castrojerez

20170602_082106Nach einer ruhigen Nacht mit 20 Pilgern die auch ab und zu mal geschnarcht haben war es über nacht etwas kühler geworden. Beim gehen aus der Herberge sprachen wir etwas länger mit Morton. Er kam aus Dänemark und war mit seiner Frau unterwegs. Es war heute ihr letzter Tag auf dem Camino, dann mussten sie wieder zurück in die Heimat. Er trank gerne mal ein Bier und wir hatten ein spassiges Miteinander. Ich bat Morton noch auf dänisch in mein Tagebuch den Satz „Nichts ist Zufall“ auf dänisch hineinzuschreiben. Immer wenn ich Pilger aus anderen Ländern traf und wir ins Gespräch kamen, bat ich diese in ihrer Sprache den Satz ins Tagebuch zu schreiben. Wir fragten ihn auch noch wie man sich in Dänemark grüsst. Er sagte uns, das es „Hilsener“ heisst und wäre für einen deutsche leicht zu merken, denn es klingt wie „Pilsener“. Die Wege durch die Meseta zogen sich wie bereits gestern zwischen endlosen Getreidefeldern hin. Der Himmel zog sich im Laufe des Vormittags immer mehr mit Regenwolken zu. Auch wurde es noch deutlich kühler als am Morgen. Wir beschlossen an der nächsten Bar Rast zu machen und hatten unheimliches Glück, denn es begann gerade so richtig zu regnen. Dort konnten wir bei einem leckeren Cafe con Letche entspannt warten bis sich der Regen wieder verzog. Wäre man auf freier Strecke gewesen hätte man auf jedenfall den Poncho herausholen müssen. Beatrix war gerade auch in die Bar gekommen. Sie war mit noch 2 Frauen, darunter Heike aus Duisburg heute unterwegs. Viele Pilger die ursprünglich allein gestartet sind tun sich meist mit anderen Pilgern zusammen und sind dann auch oft einige Zeit zusammen unterwegs. So war es auch bei Beatrix und Heike. Gegen halb eins erreichten wir Castrojerez. Eigentlich sprach einiges dagegen dort zu bleiben. Es war noch relativ früh am Tag und Castojerez war wieder ein größerer Ort der in den Pilgerführern als Etappenort beschrieben wird. Wir beschlossen die Gemeindeherberge zu suchen und dort zu bleiben zumal es wieder heftig nach Regen aussah. In der Unterkunft begrüsste uns ein Mann im Dortmund Trikot. Für mich als Bayernfan natürlich gleich eine Herausforderung. Olli war der Hospitalero und er gab uns die letzten beiden Betten. Wahnsinn das die Herberge schon um diese Zeit voll war. Mit Olli konnte man sich gut unterhalten wenn es seine Zeit erlaubte. Da er selbst schon einige Caminos in Spanien gelaufen war, hatte er viele nützliche Tips für uns. Er arbeitete die ganze Saison von Mai bis Oktober in Castojerez. Die Herberge gehört zwar der Gemeinde, diese hat sie aber an Paco einen Spanier verpachtet und Olli war bei ihm angestellt. Olli war auf einige sogenannte Pilger nicht gut zu sprechen. Er sagte das diese in den letzten Jahren immer unfreundlicher werden. Früher waren die ersten Fragen der Pilger, hast du ein Bett, wann ist Pilgermesse und heute ist die erste Frage der Pilger – gibts hier WIFI. Es hat sich eben viel auf dem Weg in den letzten Jahren verändert. Nach der übliche Tagesroutine setzten wir uns gemütlich auf die Veranda. Die Brasilianerinnen Adriana und Amalia waren heute auch mit uns im Schlafsaal. Wir hatten sie doch schon ein paar Tage nicht mehr gesehen. Ein Gewitter zog heran und es begann heftig zu regnen. Mit Fernando einen Spanier aus Katalonien tauschten wir uns intensiv über Fussball aus. Mit dem Thema Fussball gehts meistens wenn man nicht die gleiche Sprache spricht. Anschließend gingen wir in eine Bar zum Abendessen.  Olli hatte sie uns empfohlen und das Pilgermenü dort war wirklich köstlich. Dazu der Rotwein und alles war gut. In der Bar war auch noch ein französischer Pilger der auch in unserer Herberge war. Leider sprach er kein englisch oder etwas deutsch. Er hatte einen durchdringenden Blick und einen Bart wie einer der Musketiere, wir nannten ihn deshalb D`Artagnan weil wir seinen richtigen Namen nicht kannten. Auf dem Rückweg gingen wir noch in einen auf einen Rotwein gleich in der Nähe der Herberge. Olli kam auch kurz vorbei um ein Bier zu trinken und auch sein Chef Paco kam vorbei. Spontan spendierte er uns einen Rotwein. Er setzte gerade Olli in Kenntnis, das er kurzfristig beschlossen habe morgen auf den Camino zu gehen. So einfach und schnell treffen manche die Entscheidung sich auf den Weg zu machen. Schon die Aussage von Paco – Ich brauche nach all dem Stress wieder einen Camino – lässt tief blicken, wie verwurzelt manche mit diesem Weg sind. Traumhaft wenn man sagen kann, jetzt will ich auf den Weg und morgen mach ich es.

Buen Camino

89. Etappe von Burgos nach Hornillas

Nach einer herrlich ruhigen und erholsamen Nacht in der besten Herberge am Weg standen wir heute spät auf. In der Herberge gab es ein gemeinsames Frühstück ab 7.00 Uhr. Diese gemeinsamen Abendessen und Frühstücke in den Herbergen haben immer etwas besonderes an sich. Man hat immer gleich ein Gemeinschaftsgefühl und man fühlt sich als große Pilgerfamilie. Auch ist es immer wieder schön, wenn man sich untereinander austauschen kann. Dann hies es Abschiednehmen und wir machten uns auf den Weg. Heute war ein herrlich schöner Sonnentag, so wie man sich den Sommer in Spanien vorstellt. Der Weg aus der Stadt war eigentlich schön zu laufen. Nach Burgos beginnt dann die berühmt berüchtigte Meseta. Im Sommer ist man dort in der kahlen Landschaft gnadenlos der Hitze ausgesetzt. Eine Prüfung für Körper, als auch Geist ─ aber eine große Bereicherung für jeden Pilger. So mancher ist an dieser Wegetappe in der Gluthitze des kastilischen Sommers verzweifelt. Die Wege dort sind endlos, links und rechts Getreidefelder und es ist irgendwie grandios dort zu laufen. Am schönsten ist es in der Meseta, wenn nicht all zu viele Pilger auf dem Weg sind. Dann kann man seinen Gedanken freien Lauf lassen. Unterwegs bei einer Pause hatte der Weg wieder eine Überraschung für uns parat. Wir saßen mit einigen Pilgern zusammen und redeten über unsere Heimatorte. Einer der Pilger, Eddy aus Essen erzählte, nachdem er von uns erfuhr, das wir aus Franken sind, das seine Oma in Wonsees bei Kulmbach wohnt. Daraufhin sagte ich, das ich in Wonsees einen Dieter Weiß kennen würde, dieser ist der Freund meiner Nachbarin Monika. Eddy, der eigentlich richtig Thomas heißt, konnte es kaum glauben, das ich Dieter Weiß kennen würde. Er sagte Dieter Weiß ist sein Onkel, und wir treffen uns hier in der Meseta. Auch diese Begegnung gehört in die Rubrik „Nichts ist Zufall“. Heute wollten wir bis Hornillas, ein kleines Dorf am Weg. Wir hatten beschlossen nicht mehr die großen Orte die in den Pilgerführeren als Etappenorte vorgegeben werden, anzulaufen, sonder antizyklisch die Orte davor oder danach. In Hornillas wollten wir die Gemeindeherberge anlaufen. Auf der Straße sprachen uns 2 deutschsprechende Pilger an, es waren Markus aus Münster und Renata aus München. Während ich mich mit ihnen unterhielt ging Edgar zur Gemeindeherberge, diese war aber schon voll. Markus und Renata waren in der Herberge Meeting Point und meinten, das dort noch Platz sei. So war es dann auch und wir quardierten uns dort in den großen Schlafsaal mit ca. 20 Pilgern ein. Hier waren auch noch einge deutsche darunter Beatrix. Sie stammte aus Würzburg und lebte in Mexiko. Mit ihr unterhielt ich mich fast den ganzen Nachmittag. Auch Markus und Renata hatten viel Gesprächsstoff und so verging die Zeit wie im Fluge. Dazwischen musste man ja auch noch seine Wäsche waschen. Markus war Polizist und hatte auch schon ein Buch über den Alltag eines Poliszisten geschrieben. „Pony 11/01 hört“ war der Titel des Buches. Mit Markus und Renata gingen wir an diesem Abend in einer Bar Pizza Essen. Relativ spät gingen wir dann schlafen, die meisten Pilger waren schon in ihren Betten.

Buen Camino

88. Etappe von San Juan Ortega nach Burgos

20170531_162500Auch heute an diesem Morgen war es noch recht kühl für die Jahreszeit in Spanien. Wir gingen heute ohne Frühstück los in der Hoffnung das recht bald eine Bar kommen würde, in der es einen leckeren Cafe con Letche mit einem Croissant gab. So war es dann auch. Dort waren auch schon andere Pilger, die die gleiche Idee hatten und so kam man heute recht früh mit vielen ins Gespräch unter anderen eine Schwedin, die wir auch schon in den vergangenen Tagen immer wieder mal getroffen hatten. Ansonsten war es heute recht ruhig auf dem Weg, man traf auffallend wenige Pilger. Man hatte fast den Eindruck das viele die man die letzten Tage getroffen hatte heute eine Pause einlegen. Gegen Mittag kamen wir an den Stadtrand von Burgos. Das Wetter hatte sich sehr zum positiven entwickelt. Es wurde richtig warm und man kam beim laufen schon ins schwitzen. Nach einer längeren Pause in einer Bar ging es eine ganze weile Richtung Innenstadt. Für heute hatten wir uns die kirchliche Herberge Casa Emaus ausgesucht. Sie lag etwas ausserhalb des Stadtzentrums und war gar nicht so leicht zu finden. Nach einigen Nachfragen fanden wir sie dann doch. Sie lag an der Rückseite einer Kirche. Dort wurden wir sehr freundlich empfangen und auch die Schwester, die hier Dienst verrichtete war sehr nett. Man spürte schon beim betreten den besonderen Geist der hier herrschte. Die Herberge war sehr schön eingerichtet, alles war relativ neu und gepflegt. Wir bekamen ein 4 Bettzimmer, in dem wir heute alleine waren. Diese Herberge war nach meinem empfinden die beste in diesem Jahr. In die Herberge kamen einige Zeit später noch 10 Jugendliche so um die 20 – 22 Jahre alt, 6 Mädchen und 4 Jungs aus Amerika. Vom sehen kannten wir sie schon aus den vergangenen Tagen auf dem Camino. Nach dem Wäschewaschen und der Körperpflege gingen wir in die Innenstadt um die berühmte Kathedrale von Burgos zu besichtigen. Ein imposantes Bauwerk. Auch hier musste man Eintritt zahlen um ins Gotteshaus zu gelangen. Plötzlich war auch Conny wieder da als wir gerade über das Portal in die Kathedrale gehen wollten. Conny war schon durch mit der Besichtigung. Wir machten noch ein Erinnerungsfoto und besichtigten dann das Bauwerk. Es ist eigentlich unmöglich sich das alles in 2 Stunden anzusehen, geschweige denn sich den kompletten Audioguide anzuhören den man am Eingang dazubekam. In den Gassen von Burgos gab es auch viele Bars und Restaurants in denen man an diesem Nachmittag gemütlich sitzen konnte bei einem Cafe con Letche oder einen Glas Rotwein. Man sah schon viele bekannte Gesichter hier in den Straßen von Burgos. Einige wollten hier auch einen Tag Pause machen. Die meisten waren ja in St. Jean pied de Port gestartet und hatten schon viele km in den Beinen. Am späten Nachmittag gingen wir zurück zur Herberge. Dort gab es auch eine Anbetungskapelle in der man nach so einem Pilgertag zur Ruhe kommen konnte. Am Abend war dann Messe in der großen Kirche. Leider waren nur einige ältere Spanier in den Gottesdienst gekommen, aber die 10 amerikanischen Pilger waren auch da. Zur Überraschung von allen spielte nach der Kommunion einer der jungen Amerikaner mit der Gitarre und sang das Halleluja dazu. Es war einfach ergreifend. Das gemeinsame Abendessen gab es dann oben im Aufenthaltsraum. Das Emaus Mahl war richtig köstlich zubereitet von Eduarto einem belgischen Hospitalero. Eigentlich war er kein richtiger Hospitalero sondern ein Pilger der selbst den Weg ging. Er hatte sich entschlossen, nachdem es ihm in der Casa Emaus so gut gefiel und er genügend Zeit hatte, zwei Wochen dort zu bleiben und mit zu helfen die Pilger zu betreuen. Respekt vor solchen Pilgern die sich so selbstlos in den Dienst von anderen stellen.So etwas findet man nur auf dem Camino. Die passende Unterhaltung mit den jungen Amerikanern rundete das Abendessen ab. Nach dem Essen setzten wir uns noch alle im Kreis zusammen zum Abendgebet. Der junge Amerikaner spielte wieder Gitarre und alle sangen dazu. Wir sangen als unseren Beitrag zu diesem Abendgebet dann die Marienrufe. Es klang wahrscheinlich grauenhaft schön. Nach diesem schönen Abend gingen wir heute relativ früh zu Bett.

Buen Camino