Auch diese Nacht verbrachten wir recht ruhig mit etwa 30 Pilgern im großen Schlafsaal dieser Herberge. Man gewöhnt sich einfach an die Verhältnisse vor Ort und hat meist keine Probleme mit vielen Pilgern zusammen die Nacht zu verbringen. Das Schnarchen des ein oder anderen hört man zwar manchmal noch, aber stören tut es meist nicht mehr. Die Nacht über hatte es immer wieder mal geregnet. Beim Frühstück in der Herberge machte man seine Pläne für den Tag. Gegenseitig fragte man sich meist, wie weit gehst du heute und wo willst du übernachten. Die meisten hatten zwar ein Ziel für den Tag, aber das konnte sich im Laufe des Tages immer wieder mal ändern. Auch wir wussten meist am Morgen noch nicht ganz genau wie weit wir gehen und wo wir übernachten wollten. Das ist ja auch das schöne an diesem Weg, das man einfach in den Tag hineinleben kann. Allerdings muss man das auch für sich zulassen können. Ich für meinen Teil konnte das nach einigen Tagen im Gegensatz zu Edgar. Er wollte schon meist am Morgen wissen wo er heute Abend schläft. Auch hatte er unterwegs immer wieder mal Bedenken das wir die Strecke in der zur Verfügung stehenden Zeit nicht schaffen. Ich hatte da eigentlich keine Bedenken. Denn wenn man mal einen Tag etwas weniger läuft, kann man ja die nächsten Tage wieder mehr laufen. Man muss auch mal 5 gerade sein lassen, vertrauen in sich haben und auch auf Gott vertrauen das sich alles am Ende fügt. Dies ist etwas was man auch von vielen Pilgern lernen kann. Als wir los laufen wollten braute sich ein größeres Gewitter zusammen und es begann wie aus Kübeln zu regnen. Wir beschlossen noch zu warten, denn es machte keinen Sinn los zu laufen, zumal ein Gewitter nicht zu unterschätzen ist. Auch die Brasilianerinnen Adriana und Amalia saßen draussen auf der Veranda mit ihren Ponchos und warteten ebenfalls. Nach etwa einer halben Stunde hatte sich das Gewitter verzogen und wir konnten los gehen. Es war merklich abgekühlt, das die Brasilianerinnen vor Kälte ihre Socken über die Hände zogen. Eigentlich war ja Sommer in Spanien. Vorsichtshalber hatten wir trotzdem den Poncho angezogen, falls es wieder zu regnen beginnt. Allerdings kam nach Castrjerez gleich ein steiler Anstieg und man kam extrem ins schwitzen unter dem Poncho. So war man oben am Gipfel tropf nass und man musste schon aufpassen, das man sich nicht erkältet. Am Weg kamen wir dann an einer Kirche vorbei. San Nicolás eine der wohl außergewöhnlichsten Pilgerherbergen des gesamten Camino. Innerhalb deren Mauern stehen die Stockbetten zum übernachten und die mittelalterliche Tradition des Fußwaschens der Pilger wird dort auch noch aufrechterhalten. Leider waren wir dort bereits am frühen Vormittag, denn sonst wären wir sicher dort geblieben. Auch Adriana und Amalia waren dort und machten Rast. Wir hatten wieder ein nettes Gespräch. Wir unterhielten uns über unsere Kinder und da meine Tochter Lisa im November ihr erstes Kind erwartet war man ja auf der Suche nach einem Namen. Einen Namen für einen Buben hatten Lisa und Jonas schon. Einen Mädchennamen hatten sie noch nicht. Und ich dachte mir, mal schauen welche Namen die weiblichen Pilger aus aller Welt haben. Vielleicht ist ein hübscher Name dabei. Dies sagte ich den Pilgerinnen immer im Gespräch und sie freuten sich jedesmal wenn ihr Name für das Baby in Frage kam. Ich hatte schon jede Menge Namen in meinem Notizbuch. Der restliche Weg war dann recht ereignislos, das Wetter hatte sich wieder gebessert und die Sonne war schon wieder zu sehen. Der Weg heute war typisch für die Meseta, ein Weg durch eine flache, eintönige, aber eben charakteristische Jakobsweglandschaft, die Tierra del Campos. Am frühen Nachmittag kamen wir dann in Fromista an. Unterwegs trafen wir nach langer Zeit wieder Anette aus München. Sie war jetzt alleine unterwegs. Rafaella hatte ihrenWeg beendet und war bereits nach Hause gefahren. In Fromista gab es 3 Herbergen. Anette hatte sich die umgebaute Bahnhofslagerhalle ausgesucht. Wir wollten dann auch dorthin, aber leider war sie schon voll. Wir entschieden uns dann für die Gemeindeherberge. Einige bekannte Gesichter waren auch schon dort. Nach dem obligatorischen Wäschewaschen und der Körperpflege setzten wir uns in den Innenhof der Herberge. Anette kam uns besuchen und wir redeten dort sehr lange und intensiv miteinander. Für den Abend hatten wir uns mit Renata und Markus, die auch bei uns in der Herberge waren zum Pizza Essen verabredet. Nach einigen Gläschen Rotwein gingen wir relativ früh schlafen.
Buen Camino