90. Etappe von Hornillas nach Castrojerez

20170602_082106Nach einer ruhigen Nacht mit 20 Pilgern die auch ab und zu mal geschnarcht haben war es über nacht etwas kühler geworden. Beim gehen aus der Herberge sprachen wir etwas länger mit Morton. Er kam aus Dänemark und war mit seiner Frau unterwegs. Es war heute ihr letzter Tag auf dem Camino, dann mussten sie wieder zurück in die Heimat. Er trank gerne mal ein Bier und wir hatten ein spassiges Miteinander. Ich bat Morton noch auf dänisch in mein Tagebuch den Satz „Nichts ist Zufall“ auf dänisch hineinzuschreiben. Immer wenn ich Pilger aus anderen Ländern traf und wir ins Gespräch kamen, bat ich diese in ihrer Sprache den Satz ins Tagebuch zu schreiben. Wir fragten ihn auch noch wie man sich in Dänemark grüsst. Er sagte uns, das es „Hilsener“ heisst und wäre für einen deutsche leicht zu merken, denn es klingt wie „Pilsener“. Die Wege durch die Meseta zogen sich wie bereits gestern zwischen endlosen Getreidefeldern hin. Der Himmel zog sich im Laufe des Vormittags immer mehr mit Regenwolken zu. Auch wurde es noch deutlich kühler als am Morgen. Wir beschlossen an der nächsten Bar Rast zu machen und hatten unheimliches Glück, denn es begann gerade so richtig zu regnen. Dort konnten wir bei einem leckeren Cafe con Letche entspannt warten bis sich der Regen wieder verzog. Wäre man auf freier Strecke gewesen hätte man auf jedenfall den Poncho herausholen müssen. Beatrix war gerade auch in die Bar gekommen. Sie war mit noch 2 Frauen, darunter Heike aus Duisburg heute unterwegs. Viele Pilger die ursprünglich allein gestartet sind tun sich meist mit anderen Pilgern zusammen und sind dann auch oft einige Zeit zusammen unterwegs. So war es auch bei Beatrix und Heike. Gegen halb eins erreichten wir Castrojerez. Eigentlich sprach einiges dagegen dort zu bleiben. Es war noch relativ früh am Tag und Castojerez war wieder ein größerer Ort der in den Pilgerführern als Etappenort beschrieben wird. Wir beschlossen die Gemeindeherberge zu suchen und dort zu bleiben zumal es wieder heftig nach Regen aussah. In der Unterkunft begrüsste uns ein Mann im Dortmund Trikot. Für mich als Bayernfan natürlich gleich eine Herausforderung. Olli war der Hospitalero und er gab uns die letzten beiden Betten. Wahnsinn das die Herberge schon um diese Zeit voll war. Mit Olli konnte man sich gut unterhalten wenn es seine Zeit erlaubte. Da er selbst schon einige Caminos in Spanien gelaufen war, hatte er viele nützliche Tips für uns. Er arbeitete die ganze Saison von Mai bis Oktober in Castojerez. Die Herberge gehört zwar der Gemeinde, diese hat sie aber an Paco einen Spanier verpachtet und Olli war bei ihm angestellt. Olli war auf einige sogenannte Pilger nicht gut zu sprechen. Er sagte das diese in den letzten Jahren immer unfreundlicher werden. Früher waren die ersten Fragen der Pilger, hast du ein Bett, wann ist Pilgermesse und heute ist die erste Frage der Pilger – gibts hier WIFI. Es hat sich eben viel auf dem Weg in den letzten Jahren verändert. Nach der übliche Tagesroutine setzten wir uns gemütlich auf die Veranda. Die Brasilianerinnen Adriana und Amalia waren heute auch mit uns im Schlafsaal. Wir hatten sie doch schon ein paar Tage nicht mehr gesehen. Ein Gewitter zog heran und es begann heftig zu regnen. Mit Fernando einen Spanier aus Katalonien tauschten wir uns intensiv über Fussball aus. Mit dem Thema Fussball gehts meistens wenn man nicht die gleiche Sprache spricht. Anschließend gingen wir in eine Bar zum Abendessen.  Olli hatte sie uns empfohlen und das Pilgermenü dort war wirklich köstlich. Dazu der Rotwein und alles war gut. In der Bar war auch noch ein französischer Pilger der auch in unserer Herberge war. Leider sprach er kein englisch oder etwas deutsch. Er hatte einen durchdringenden Blick und einen Bart wie einer der Musketiere, wir nannten ihn deshalb D`Artagnan weil wir seinen richtigen Namen nicht kannten. Auf dem Rückweg gingen wir noch in einen auf einen Rotwein gleich in der Nähe der Herberge. Olli kam auch kurz vorbei um ein Bier zu trinken und auch sein Chef Paco kam vorbei. Spontan spendierte er uns einen Rotwein. Er setzte gerade Olli in Kenntnis, das er kurzfristig beschlossen habe morgen auf den Camino zu gehen. So einfach und schnell treffen manche die Entscheidung sich auf den Weg zu machen. Schon die Aussage von Paco – Ich brauche nach all dem Stress wieder einen Camino – lässt tief blicken, wie verwurzelt manche mit diesem Weg sind. Traumhaft wenn man sagen kann, jetzt will ich auf den Weg und morgen mach ich es.

Buen Camino