93. Etappe von Carrion de los Condes nach San Antonio

An diesem Morgen gingen wir wieder mal etwas früher los. Es war noch dunkel als wir zusammen mit Dieter losgingen. Frühstück gab es keines in der Herberge aber die erste Bar in Carion de los Contes hatte schon geöffnet. Man war dort einfach darauf eingestellt das die Pilger ein Frühstück brauchten und machte die Bars recht früh auf. Am Ortsrand von Contes stand eine Skulptur. Sie zeigte die Geburt Christi und einen Pilger der in Demut vor dem neugeborenen Heiland kniet und ihn anbetet. Heute war es immer noch recht kalt und es war Meseta Pur angesagt. Es ging immer recht flach dahin bis nach Sahagun. Unterwegs trafen wir wieder die Brasilianerinnern Adriana und Amalia. Sie freuten sich uns wieder zu sehen und wir gingen eine Weile miteinander. Sie hatten sich vor Kälte wieder die Socken über ihre Hände gezogen. Was wir damals noch nicht wussten, es sollte das letzte mal sein, das wir uns getroffen haben. Schade, denn sie waren richtig nett auch wenn man nicht die gleiche Sprache spricht. Aber so ist es eben auf dem Camino. Manchmal trifft man sich und findet sich später wieder auf dem Weg und manchmal trifft man sich und verliert sich auf dem Weg. Im laufe des Tages wurde es dann immer wärmer. Irgendwann verloren wir Dieter auf dem Weg. Er war einfach weg. Da das laufen heute recht gut ging beschlossen wir bis San Antonio, einer kleinen Ortschaft zu laufen. Immerhin hatten wir an diesem Tag über 35 km in den Beinen, aber man war ja eingelaufen und keine gesundheitlichen Probleme hatten sich, Gott sei Dank, auch nicht eingestellt. Das war die bisher längste Etappe in diesem Jahr für uns. Wir gingen in der Ortsmitte neben der Kirche in die dortige Herberge. Es war eine richtig schöne Herberge und wir wurden herzlich aufgenommen. Nach dieser langen Strecke hatten wir uns eine kühle Cerveca verdient. Es waren nicht viele Pilger die in den kleinen Orten blieben und sich antizyklisch verhalten. Aber es ist oftmals schöner und familiärer in diesen kleinen Herbergen. Wir waren heute nur zu dritt im Zimmer. Unser Zimmergenosse war heute ein Franzose mit dem Namen Jean Louis, ein netter, freundlicher Pilger. Er sprach auch englisch und so war eine Unterhaltung möglich. Am Nachmittag war es einfach herrlich im Garten der Herberge zu sitzen und die Seele baumeln zu lassen. Am Nachbartisch hatte sich ein Amerikaner gesetzt und ich sprach ihn an. Mein Englisch ist leider auch ausbaufähig, aber es reichte trotzdem aus um sich zu verständigen. Ich sagte immer frei nach Lothar Matthäus: “ Sorry, my english is not so gut, but my german is not better“. Das sorgte immer mal für den ein oder anderen lacher. Der Amerikaner war ein sehr sympathischer Mann und es entwickelte sich ein recht intensives Gespräch trotz der sprachlichen defizite auf meiner Seite. Mark, so hies der Amerikaner sprach auch ein paar Worte deutsch. Er war beruflich schon des öfteren in Deutschland unterwegs gewesen. Wir erzählten uns von unseren Kindern und stellten erstaunliche Paralellen fest. So waren unter anderen unsere Töchter gleich alt. Mark fragte warum wir den Camino laufen und ich sagte, das wir als Pilger im christlichen Glauben unterwegs sind und diesen Weg als Pilgerweg sehen im Gegegnsatz zu vielen anderen die hier zum Wandern sind. Mark sagte, das er schon viele deutsche Pilger unterwegs getroffen hat seit er mit seiner Frau Allison in St. Jean pied de Port gestartet ist. Er fragte auch diese warum sie den Weg laufen, aber wir wären, nachdem er mehr als 350 km gelaufen ist, die ersten Deutschen die antworten sie würden den Weg aus spirituellen, christlichen Gründen pilgern. Er fand das schon recht erstaunlich bei den vielen Deutschen die sich auf dem Weg befinden, denn Deutschland ist ja ein überwiegend christlich geprägtes Land. Auch die beiden waren aus den gleichen Gründen wie wir auf dem Weg und das verband uns gleich miteinander, obwohl wir uns erst knapp eine Stunde kannten. Die Gründe warum Menschen auf diesem Weg unterwegs sind, sind natürlich so vielfältig wie die Menschen selbst. Aber es war schon auffällig, das nicht mehr die überwiegende Mehrheit der Pilger christlich geprägt ist, obwohl doch der Weg ein christlicher Pilgerweg ist. Man merkte es ja auch in den Pilgermessen die angeboten werden. Dort ist ja auch nur ein Bruchteil der Pilger zu sehen. Für viele, so hatte man den Eindruck, ist der Weg ein touristisches Abenteuer der gerade „In“ ist und man zu Hause sagen kann: „Ich war auf dem Jakobsweg“. Natürlich muss man das alles tolerieren, auch wenn man sich das anders wünschen würde. Mittlerweile hängt ja für die Spanier die hier am Weg leben einiges ab. Die Pilger bringen hier in die meist abgelegenen Gegenden Arbeit und Einkommen. Für den Abend hatten wir beschlossen in der Herberge das Pilgermenü zu bestellen. Neben Jean Louis, Allison, Mark und uns war noch eine kanadische Pilgerin mit am Tisch beim gemeinsamen Essen. Es war ein richtig leckeres und reichhaltiges Pilgermenü. In den kleinen Ortschaften am Weg mit den kleinen Herbergen gab man sich sehr viel Mühe um die Pilger zufrieden zu stellen. Wir hatten einen sehr kurzweiligen Abend mit netten Pilgern, der leider viel zu schnell verging. Zufrieden gingen wir gegen 22.00 Uhr ins Bett.

Buen Camino