Die Nacht in der berühmten Herberge der Benediktinerinnen war ruhig, was man halt unter ruhig versteht in einem Schlafsaal mit ungefähr 70 Pilgern. Auch standen wir wieder früh auf. Edgar hatte es heute auffallend eilig und war bereits fertig zum gehen, da bin ich erst aufgestanden. Zunächst machten wir in der Herberge Frühstück. Man saß an einem großen Tisch mit den anderen Pilgern und der Hospitalero kochte Kaffee. Dazu gab es Brot, Butter und Marmelade, ein ganz einfach Frühstück. Aber das reicht, mehr braucht man eigentlich nicht und das besondere ist einfach dieses Gemeinschaftsgefühl unter den Pilgern. Man macht beim Kaffetrinken seine Pläne für den Tag und verabschiedet sich dann voneinander mit dem Wissen das man sich irgendwann wieder auf dem Weg begegnet oder auch vielleicht nie wieder trifft. Der spanische Sommer war richtig beständig und es wurde auch heute wieder richtig warm. An der Kathedrale machten wir noch einen kleinen Abstecher zum Haus unseres Freundes Javier und warfen noch einen Zettel mit Dankesworten in seinen Briefkasten. Der Weg aus der Stadt war dann endlos lang und wir versuchten uns zu erinnern, ob der Weg auch schon vor 10 Jahren so endlos war. Es hatte sich seitdem viel verändert. Wo damals Wiesen waren sind heute Wohnhäuser und Industriebauten. Kurz nach dem man Leon verlassen hatte gab es nun 2 Alternativen für den weiteren Weg. Wir entschieden uns natürlich für den traditionellen Weg nach Villar de Mazariffe. Irgendwie war es schon komisch nochmal auf dem gleichen Weg wie vor 10 Jahren unterwegs zu sein. Man versuchte sich ständig zu erinnern und parallelen zum damaligen Weg zu ziehen. Aber man kann nichts wiederholen, schon gar nicht schöne Erlebnisse und Ereignisse die man hatte. Der Weg damals, als wir zu fünft unterwegs waren, war einzigartig in seiner Art und Weise genauso wie es der Weg jetzt ist. Auf dem traditionellen Weg waren deutlich weniger Pilger unterwegs. Auch heute durften wir Freundschaft mit neuen Pilgern schließen. Mit schnellen Schritten kam eine blonde Frau hinter uns her und holte uns schließlich ein. Sie war richtig fit und hatte einen schnellen Schritt drauf. Wir kamen dann sehr schnell ins Gespräch. Ihr Name war Marianne und sie kam aus Hamburg. Sie hatte bereits im vergangenen Jahr an den Pyrinäen begonnen und war heute in Leon gestartet um den Weg fortzusetzen. Es war sehr angenehm sich mit ihr zu unterhalten, die Chemie stimmte zwischen uns und so verging die Zeit sehr schnell an diesem herrlichen Sommertag. Marianne hatte uns bereits gestern in Leon zusammen mit Javier gesehen. In einer Bar trafen wir wieder auf Renate und Eddy, auch sie genehmigten sich einen Cafe con letche. Natürlich erzählten wir Marianne von unserem damaligen Weg und den damaligen Herbergen. Heute wollten wir in die kultige Herberge von Jesus in Villar de Mazarife. Sie beschloss mit uns zu kommen. Die Herberge hatte sich nur geringfügig verändert, was nicht negativ gemeint sein soll. Bei der Anmeldung sagten wir, das wir schon vor 10 Jahren hier waren, was die Besitzerin sehr freute. Wir waren heute früh dran und es waren noch nicht sehr viele Pilger angekommen. So bekamen wir sogar das gleiche Zimmer wie damals. Nostalgie pur. An den Wänden sind immer noch die lustigen Sprüche und Graffitis von Pilgern aus aller Welt. Diese Herberge ist besonders bei vielen jungen Pilgern beliebt, spiegelt sie doch ein gewisses Lebensgefühle der jugendlichen auf dem Camino wieder. Tatsächlich trafen sich an diesem Tag sehr viele junge Pilger hier. Sie saßen am Nachmittag alle im Garten zusammen und genoßen das Leben. Einfach genial wenn man so jung ist, meist mehrere Sprachen spricht und die Zeit hat den Weg zu gehen. In diesem Alter machen diese jungen Leute Erfahrungen auf diesem Weg, die sie nirgends auf der Welt sammeln können. Mit der Zeit kamen immer noch mehr dazu. Einer hatte sogar seine Gitarre dabei, spielte und sang dazu. Ein anderer häkelte für die anderen Pilger Taschen für ihr Feuerzeug. Alle saßen friedlich zusammen. Auch wir verbrachten den Nachmittag bei herrlichen Sommerwetter im Garten und sahen dem bunten Treiben zu. Einige gingen einkaufen um am Abend zu kochen. Wir entschlossen uns zusammen mit Marianne ebenfalls heute in der Herbergsküche zu kochen. Zuvor mussten wir natürlich erst einkaufen gehen. Nach dem Einkauf besichtigten wir die Kirche und dann gings ans Kochen. In der Küche herrschte schon richtig Hochbetrieb. Auf engsten Raum musste man sich hier arangieren. Was nirgends auf so engen Raum funktionieren würde, auf dem Camino ist das möglich. Denn hier nimmt jeder auf den anderen Rücksicht. Für die jungen Pilger kochte Michail, ein junger Rumäne. Er war DJ und studierte in London. Er beherrschte die Kunst des Kochens. Die Salate machten einige Mädchen. Gemüse schnitten wieder einige andere. So hatte jeder seine Aufgabe. Edgar erklärte sich bereit für uns zu kochen. Es gab Spagetthi mit Tomatensoße und dazu natürlich den obligatorischen Rotwein. Beim Essen setzten sich dann noch Heidi und Günter aus Schopfheim zu uns und es wurde zusammen mit Marianne noch ein unterhaltsamer Abend. Gegen 22.00 gingen wir zufrieden ins Bett.
Buen Camino