Nach diesem unvergesslichen Abend, der mich teilweise nachts nicht schlafen lies, machten wir uns recht früh auf den Weg. Unser Ziel stand für heute schon fest. Es sollte Leon sein, der Ort von dem aus wir im Jahr 2007 unseren ersten Camino begonnen hatten. Ein bisschen Nostalgie schwang da schon mit. Die Meseta war nun zu Ende und der Weg Richtung Leon war recht ereignislos. Man traf hin und wieder mal bekannte aber auch neue Gesichter. Auch heute war es wieder recht heiß und die Entscheidung früh los zu laufen erwies sich als richtig. Schon am späten vormittag erreichten wir den Stadtrand von Leon. Von hier zog sich der Weg endlos hin bis zur Innenstadt. So ist es meist bei den größeren Städten. Es ist wie immer nicht ganz angenehm dort zu laufen. In Leon gab es eigentlich sehr viele Herbergen. Wir entschieden uns für die Herberge der Benediktinerinnen in der wir auch schon 2007 waren. Laut Pilgerführer war diese Herberge zwar etwas verufen, was uns aber nicht abhielt wieder dort hin zu gehen. Wir kannten sie ja schon und wollten sehen ob sich etwas verändert hat. Mittlerweile hatte man im großen Schlafssal einige Trennwände eingezogen um die Situation etwas besser zu gestalten. Aber so negativ wie die Herberge beschrieben wird, ist sie bei weiten nicht. Die Hospitaleros geben sich auch dort allergrößte Mühe mit den Pilgern. Wir hätten auch bei unseren Freund Javier eine Unterkunft direkt neben der Kathderale haben können, aber wir wollten ihm und seiner Frau nicht all zu viele umstände machen. Bei dieser Geschichte muss man etwas länger ausholen, so unglaublich erscheint sie einen. Einordnen muss man sie dennoch unter „Nichts ist Zufall“. Mein Nachbar Steffen rief mich eines Abends im Februar an, ich solle doch mal beim ehemaligen Haus vom „Mühl Hans“, das nach seinem Tod verkauft wurde, bei uns in der Grümpel vorbeischauen um diverse Schreinerarbeiten dort auszuführen. Das Haus hatte ein Spanier gekauft, den ich bis dahin noch nicht kennengelernt hatte, obwohl er ja nicht weit von mir entfernt wohnt. Beim Gespräch fragte ich ihn, woher er denn in Spanien käme, und die Antwort haute mich fast um. Er wohnt mit seiner Familie in der Nähe der Kathedrale von Leon – konnte das Zufall sein? Sein Freund kam aus Astorga. Als Javier meine Muschel um den Hals sah und hörte, das wir dieses Jahr nach Leon kommen würden war er sofort begeistert und lud uns spontan ein, ihn und seine Familie dort zu besuchen. Nun waren wir in Leon. Bereits gestern hatte ich per Whatsapp ihm geschrieben, das wir heute in Leon sein würden. Er lud uns ein, wir könnten bei ihm schlafen und auch zum Essen lud er uns ein. Seine Frau würde für uns kochen. Wir verabredeten als Treffpunkt den Platz vor der Kathderale. Auf dem Platz vor der Kathedrale trafen wir dann auch noch Jean Louis, er wartete ebenfalls auf einen spanischen Freund und wollte 2 Tage bei ihm bleiben. Javier war dann pünktlich zum verabredeten Zeitpunkt da, ich kannte ihn ja nur vom Termin im Februar. Wir begrüßten uns herzlich, und er ging mit uns zunächst in eine der typischen Bars in Leon. Dort gab es zum Bier immer auch etwas zum Essen. Eine Schale mit „Orellas“ Schweinsohren war unter anderen auch dabei. Da kam auch wieder die Erinnerung an 2007 – Ich aß diese ja auch schon damals mit vorliebe. Renate und Eddy kamen gerade in die Bar und wir erzählten den beiden natürlich die Geschichte. Die beiden staunten nicht schlecht ob dieser unglaublichen Geschichte. Nach dem Bier ging es zu Javier nach Hause, dort lernten wir seine Frau Ines, deren Bruder Miguel und seine beiden Kinder kennen. Der Junge heisst Santiago – wie passend. Dort genossen wir deren Gastfreundschaft bei einem hervorragenden Essen und ein paar Gläschen Wein. Danach machte Javier mit uns noch eine Stadtbesichtigung, bei der er uns an Orte führte, an die man als normaler Pilger eigentlich nicht kommt. Javier ist Schriftsteller und in Leon ist er natürlich bestens bewandert. Die Zeit verging leider viel zu schnell und wir verabschiedeten uns von Javier bei einem letzten Bier auf der Plaza vor dem Rathaus, denn wir mussten um 22.00 Uhr in der Herberge sein. Dieser Tag in Leon bei Javier und seiner Familie wird uns immer in Erinnerung bleiben. 2007 begannen wir hier unseren ersten Camino und nun nach 10 Jahren erleben wir hier einer unserer unglaublichen Erlebnisse. Solche Geschichten schreibt nur der Camino. Im August kommt Javier mit seiner Familie in die Grümpel und nach Wilhelmsthal und wir werden sie dann natürlich ebenso zu uns einladen.
Buen Camino