78. Etappe von St. Jean pied de Port nach Roncesvalles

Nach einer unruhigen Nacht, mit vielen Pilgern im Schlafsaal ist es doch etwas lauter als gewohnt, stand schon das Frühstück bereit. Dies hatten die beiden Hospitaleros wie bereits gestern das Abendessen hervorragend zubereitet. Beim Blick aus der Tür auf die Straße glaubte man kaum was man sah. Pilgermassen machten sich schon früh um 6.00 Uhr auf den Weg, und man fragte sich, ob die heute alle über die Pyrinäen wollen. Das konnte nicht mehr mein Weg sein. Man sehnte sich bei dem Anblick an die Wege in Frankreich zurück, wo es doch beschaulicher zuging. Aber es half alles nichts, auch wir mussten uns auf den Weg machen und uns in die „Wallfahrt“ einreihen. Etwas gutes hat es aber dann doch, man lernt relativ schnell viele Pilger kennen und kommt mit ihnen ins Gespräch. Dabei erfährt man die tollsten Geschichten. Man erfährt die Beweggründe weshalb sie auf den Weg gehen, und die Menschen erzählen hier auf dem Weg auch von vielen persönlichen Dingen, die man zu Hause einen wildfremden niemals erzählen würde. Wir waren noch keine Viertelstunde auf dem Weg, da ging ein junges Mädchen an uns vorbei, sie hatte noch das Gepäckband vom Flughafen am Rucksack. Edgar sprach sie an um es zu entfernen. Daraufhin kam man ins Gespräch. Karin kam aus Oberösterreich. Es war ihr erster Tag auf dem Weg und sie erzählte von ihren Freunden in München. Nachdem wir ihr gesagt hatten, das wir aus Kronach, genauer gesagt aus Wilhelmsthal wären meinte sie, das sie in Wilhelmsthal schon mal auf einer Hochzeit bei Freunden war. Wie klein die Welt doch ist, bei dieser Begegnung stimmt wieder mal der Satz „Nichts ist Zufall“. Bei absolut herrlichen Pilgerwetter ging es heute stetig bergauf. Schon nach einer Weile im Ort Hunto sah man den Ort St. Jean pied de Port nur noch unter einer Wolkendecke. Ein herrlicher Anblick von hier oben. Man hatte das Gefühl wie in den Alpen. Die Anzahl der Pilger, so hatte es den Anschein nahm immer mehr zu, man überholte viele, aber vor einem waren noch viel mehr. Viele hatten auch hier oben in Hunto übernachtet und kamen jetzt zu den Pilgern von unten aus St. Pied de Port noch dazu. Auf der einen Seite ein schönes Bild wenn man die vielen Menschen sah, aber auf der anderen Seite einfach nur schrecklich wie überlaufen der Weg plötzlich war. Interwegs bei der ersten Rast trafen wir auch Jean Piere wieder, ihn hatten wir das letzte mal in Ostabat getroffen als er uns ein Bier ausgab. Die Begrüßung war fast überschwenglich, man hatte sich doch nur 2 Tage nicht gesehen. Aber so ist das eben auf dem Weg, man hat das Gefühl man ist schon ewig befreundet. Heute machte man sehr viele Bekanntschaften, unter anderem Andrea aus Ungarn, sie sprach etwas deutsch, war sehr kommunikativ und wollte wie die meisten von hier aus bis Santiago gehen. Ganz oben in den Bergen gab es sogar noch Schneefelder und wir machten mit Andrea eine Schneeballschlacht. Man begegnete heute vielen Pilgern, man sah sich, begrüßte sich, man verlor sich wieder, aber am Ende des Tages traf man sich wieder in Roncesvalles, dem heutigen Tagesziel. Am frühen Nachmittag kamen wir dort nach anstrengenden 26 km über die Berge an und sahen schon von weiten das berühmte Kloster. Es war die einzige Übernachtungsmöglichkeit und das ließ böses erahnen bei dem Pilgeraufkommen. Wir waren eigentlich auf den ursprünglichen „Schnarchsaal“ eingestellt, von dem Hape Kerkeling in seinen Buch geschrieben hatte. Leider gab es ihn nicht mehr, diesen alten kargen Saal mit Doppelstockbetten. Er war geschlossen und zu Veranstaltungshalle umgebaut worden. Schade, dass wir den nicht erleben konnten. Jetzt gab es hier 2 große Schlafräume mit jeweils 186 Betten, die in Viererabteilen abgetrennt waren. Dazu noch 40 Plätze im Keller und zusätzlich Container, die alle am Abend belegt waren. Einige Pilger, die zu spät ankamen mussten noch mit Taxis in die nächsten Ortschaften weiterfahren um zu übernachten. Wahnsinn!!! Konnte es das noch sein? Das Kloster war trotz allem bestens organisiert und auf die Massen von Pilgern weitgehend vorbereitet. Es gab Hospitaleros die einen den Weg zeigten und es gab mehrere Aufnahmeschalter an denen man auch sprachlich keine Probleme hatte. Die Aufnahme der Pilger war ähnlich wie beim Fahrkartenkauf am Bahnhof. Bett, Abendessen, Frühstück, für jedes gab es einen Bon, den man einlösen musste. Die Essenszeiten waren klar geregelt. Es konnte nur in Etappen in verschiedenen Gaststätten gegessen werden. Zum Glück waren wir recht früh da, und bekamen einen Platz in einem der großen Schlafräume. Dort waren auch zwischenzeitlich Andrea, Karin, Jean Piere, Anna und Olga. Wir wurden mit 2 jungen Mädchen aus Irland Eilis und Maire in unsere Koje zugewiesen. Es war recht lustig mit den beiden. 2 alte Männer und 2 blutjunge Mädchen, die unsere Töchter sein konnten. Zunächst wollten wir duschen, es war kein leichtes unterfangen, denn es gab auf jeden Stockwerk für 186 Pilger nur 4 Duschen und 3 WC. Hier musste man Rücksicht üben, was auch für die meisten Pilger selbstverständlich war. Aber irgendwie funktionierte es, die Pilger nehmen meist Rücksicht aufeinander. In einer der Bars, wo aufgrund der vielen Pilger reger Betrieb herrschte, fand man kaum einen Sitzplatz aber zum Glück waren unsere beiden Mädels Eilis und Maire dort und hatten für uns einen Platz mit an ihrem Tisch. Jean Piere kam auch noch dazu und wir hatten eine nette Unterhaltung an diesem herrlichen Sonnentag in Roncesvalles. Beim Abendessen, das wir in einer anderen Bar einnehmen mussten ging es erstmal zu wie in einer Kantine. Jeder bekam seinen Platz zugewiesen. Wir saßen mit 3 Schweizern, 2 Ungarinnen und 2 Franzosen an einem Tisch. Es war ein richtig lustiger Haufen der sich hier getroffen hatte. Man aß und erzählte und schon musste man gehen, den die nächsten Pilger standen schon vor der Tür. Wir hatten bewußt uns für die erste Schicht zum Essen angemeldet, denn anschließend war noch Pilgermesse. Auch hier hätte man wie schon in St. Jean pied de Port vermutet, das die Kirche überfüllt ist aufgrund der vielen Pilger. Aber auch hier war es das Gegenteil. Der Andrang hielt sich in Grenzen und man merkte relativ schnell wer von den Pilgern ähnliche Beweggründe für den Weg hatte. Schade eigentlich das nicht mehr Pilger diese Angebote von Pilgermessen, und Pilgerandachten annehmen. Die Leute die das vor Ort zum großen Teil freiwillig machen, geben sich allergrößte Mühe. Für uns jedenfalls sind diese Pilgerandachten immer ein Höhepunkt des Pilgertages. Im Innenhof des Klosters konnte man sich noch etwas in die Sonne setzen und die Pilger beobachten. Für 22.00 Uhr war Bettruhe im Kloster angesagt und die Lichter erloschen dazu pünktlich. Nun waren wir also nach 8 Jahren pilgern in Spanien angekommen.

Hola und Buen Camino