
Die Nacht war im großen Schlafsaal etwas unruhiger als die Tage zuvor. Viele Pilger machten sich recht früh auf den Weg, so das ich mich auch entschloss los zu gehen. Es war noch dunkel und bereits am Morgen drückend schwül. Im Pilgerführer war zu lesen, das diese Strecke nach Carrion de los Contes Meseta Pur sein würde. Auf 18 km würde es keine Ortschaft und keine Bar geben. Nur einige Foodtrucks würden auf dem Weg sein. Ein Weg schnurgerade und teilweise ohne Bäume. Eine Prüfung für Körper und Geist. Gerade wegen der eintönigen und geraden Wege liebe ich diesen Abschnitt des Caminos. Vielen ist dieser Abschnitt zu eintönig und langweilig und sie steigen in den Bus oder nehmen ein Taxi. Gegen 10.00 Uhr erreichten Werner und ich einen dieser Foodtrucks. Hier konnte man etwas frühstücken und einen Kaffee trinken. Dazu die üblich Cola um den Zuckerhaushalt auszugleichen. Auf diesem Camino trank ich so viel Cola wie nie zuvor in meinem Leben. Nach und nach hatte es die Pilger alle eilig, denn von weiten sah man schon dunkle Wolken aufziehen und es donnerte schon in der Ferne. Gewitter kündigten sich also an. Die Meseta war so ziemlich der schlechteste Ort wo man bei einem Gewitter sein konnte. Kein Baum, keine Erhebung, alles flaches Land, das keinen Schutz verhieß. Innerlich kam bei Werner und mir schon etwas Angst auf so schutzlos in der Meseta zu sein. Der Wind wurde auch stärker, einige Regentropfen kamen herab und wir erhöhten unser Lauftempo um einiges. Auf der Strecke sah man weit und breit keine Pilger mehr. Wo waren die alle plötzlich geblieben? Endlich sahen wir ein Dorf. Links war eine Bar zusehen mit vielen Pilgern die auch Schutz vor dem Gewitter suchten. Rechts gab es ebenfalls noch eine Bar. Mit schnellen Schritten näherten wir uns und als wir durch die Tür ins innere der Bar stürmten ging das Gewitter und der Wolkenbruch los. Glück gehabt und auch Dankbar das es gut gegangen ist. Auch hier war die Bar überfüllt, aber wir fanden noch einen Platz. Hier warteten wir über eine Stunde bis der Regen und das Gewitter nachließ. Einige Pilger brachen für heute hier ihren Weg ab, da sie bei Regen nicht weiter laufen wollten. Aber es nutzt nichts, der Weg muss weiter gehen. Ich legte meine komplette Regenkleidung an, dafür hat man sie ja auch. Zugegeben mit meinem feuerroten Poncho und den feuerroten Gamaschen sah ich wie ein Kugelblitz aus. Eine Koreanerin amüsierte sich darüber köstlich. Der Regen hatte ziemlich nachgelassen und schon nach kurzer Zeit konnte man den Poncho wieder einpacken. Unterwegs trafen wir auf 2 Brasilianerinnen, Mutter und Tochter, die wir bereits einige male in den letzten Tagen gesehen hatten. Sie waren gerade dabei den Wanderschuh zu reaparieren. Wir fragten, ob wir helfen können, aber sie hatten das Problem schon gelöst. Die Sohle hatte sich gelöst und sie banden eine Schnur um den Schuh. Noch ein gemeinsames Foto, und weiter ging es. In Ledigos, einem einfachen Dorf, genehmigten wir uns noch eine kleine Pause. In der urigen Dorfbar saßen ein paar Einheimische und tranken ihr Nachmittagsbier. Hier gab es wieder einer der vielen Alternativrouten, die einen immer wieder mal durcheinander bringen. Als wir über eine kleine Brücke gingen kam uns ein Amerikaner entgegen. Er war uns schon einige Male begegnet und er erklärte uns, das wir wir hier falsch wären. Der richtige Weg nach Terradillos de los Templarios wäre in der anderen Richtung. Was aber nicht ganz richtig war. Beide Wege führten dort hin. Aber wir machten uns nicht die Mühe zu lesen, sondern gingen mit ihm mit. Nach und nach tauchten einige Pilger auf. So auch Verena und Julian. Gemeinsam gingen wir den Rest des Weges und unterhielten uns recht angeregt. Am Ortsrand kamen wir dann an einer Herberge vorbei, an die ich mich erinnern konnte. Sie sah recht luxoriös aus. Verena und Julian hatten dort reserviert. Eigentlich wollte ich nicht in solche Herbergen gehen und ich ließ mich breitschlagen von Verena, Julian und Werner. Die Herberge sah nicht nur luxoriös aus, sie war es auch. Hier bekamen wir ein 4 Bett Zimmer, in dem wir alleine waren. Nebenan ging die Tür auf und Xenia stand mit ihrem Freund Patrick in der Tür. Sie hatte ich schon lange nicht mehr gesehen und wir hatten uns einiges zu erzählen. Nach der üblichen Routine konnte man sich nur an die Bar setzten und hoffen, das einige Pilger das gleiche tun, damit man sich unterhalten konnte. Zum Glück kamen Terri und Scott und man hatte eine schöne Unterhaltung. Aber irgendwie war das restliche Publikum an Pilgern nicht so auf meiner Wellenlänge und ich fühlte mich in dieser Herberge nicht so wohl wie in wesentlich einfacheren Herbergen. Das Abendessen das angeboten wurde war hervorragend. Aber leider saßen wir alleine an einem Tisch und es kam kein Pilgerfeeling auf. Die obligatorische Flasche Wein musste heute für Pilgerstimmung sorgen, denn hier fühlte man nicht die Seele des Camino. Alle gingen früh zu Bett und wir blieben noch etwas an der Bar. Werner und ich erzählten uns einige Geschichten und so brachten wir auch diesen Abend über die Bühne. Auch solche Tage machen Müde.