20.08.2022 10. Etappe Najera nach Ciruena

Die Nacht war ruhig, und ich konnte wieder recht gut schlafen. Schon komisch, zu Hause wachte ich immer wieder mal in der Nacht auf und es beschäftigte mich dann irgendetwas das mit der Arbeit zu tun hatte. Ich habe heute auch etwas länger geschlafen. Was es doch ausmacht wenn man keinerlei Sachen im Hinterkopf hat. Lelia, Xenia, Scott und Terri waren bereits gegangen. Amir und Werner waren noch da und packten ihre Sachen. Frühstück gab es ja hier nicht. Für heute hatte ich mir eine kurze Etappe von 15 km vorgenommen, waren doch die letzten beiden Tage schon recht heftig bei der Hitze. Ich hatte ja Zeit und auch keinen Rückreisetermin an dem ich mich orientieren musste. Diesen Luxus hatten nicht sehr viele Pilger. Dank meiner Chefin Rita, die mich darin bestärkte, konnte ich den Rückflug erst buchen, wenn ich die Ankunft in Santiago absehen konnte. Heute hatte ich auch Zeit für ein ausgiebig langes Frühstück in einer der Bars. Meist genoss ich einen Cafe con Letche, dazu ein Gebäckstück, Tortillas oder eine Eierspeise. In den Bars konnte man dann das kommen und gehen der Pilger beobachten. Das schöne daran war, das immer wieder mal bekannte Gesichter kamen und man sich austauschen konnte. Heute war wieder ein wolkenloser Himmel und es wurde von Stunde zu Stunde heißer je näher es auf Mittag zu ging. Die endlosen und geraden Wege so wie sie heute waren liebte ich besonders. Wie sagte damals meine Pilgerfreundin Conny aus München frei nach dem Lied von Udo Lindenberg „Hinterm Horizont gehts weiter“. Am frühen Nachmittag kam ich an der Herberge Virgen de Guadeloupe in Ciruena an. Eine kleine etwas abgelegene Herberge in der alles etwas orginell aussah. Im Dachboden der Herberge gab es sogar eine kleine Kapelle. Nach der üblichen Routine von Duschen und Wäschewaschen war relaxen angesagt. Irgendetwas anderes konnte man eh nicht machen, lag die Herberge doch ziemlich abgelegen irgendwo im nirgendwo. Das war ja das schöne, wenn man etwas antizyklisch ging, das man den Pilgermassen die unterwegs waren, entgehen konnte. Es hieß ja, im Heiligen Jahr, das ja eigentlich 2021 sein sollte und aufgrund Corona verlängert wurde, wären so annähernd 400000 Pilger unterwegs nach Santiago. Von Herbergsproblemen von denen viele Pilger berichteten war hier nichts zu spüren. Dies betraf ohnehin meist nur die Privaten Herbergen die man reservieren konnte und nicht die kirchlichen oder gemeindlichen Herbergen. Diese konnte man nicht reservieren. So wurde unnötigerweise manchmal Panik unter den Pilgern verbreitet obwohl die Herbergssituation ziemlich entspannt war. Es war wohltuend ruhig hier und man konnte den Nachmittag auf einen Stuhl im Schatten auf der Straße verbringen. Zunächst waren Werner und ich die einzigen Pilger. Nach und nach kamen Sintia aus den Niederlanden und Lawson aus Kanada dazu. Aus dem Nichts tauchte dann Dominik aus Würzburg auf. Ich freute mich ihn wieder zu sehen und es war noch eine schöne Unterhaltung. Gemeinsam wurde hier zu Abend gegessen, Der Betreuer der Herberge war ein schon etwas älterer und sehr freundlicher Mann, der sich, so sah es aus, mit dem betreiben der Herberge etwas zur Rente hinzu verdiente. Er war sehr auf die Pilger bedacht. Mit einem gemeinsamen Gebet begann das Abendessen. Es war zwar ein relativ einfaches Essen, aber sehr nahrhaft und genau das richtige für Pilger. Noch lange unterhielten wir uns über den Camino, Gott und die Welt. Recht früh ging es heute zu Bett.