
Die Nacht war auch hier ruhig und ich konnte wieder gut schlafen. Ich träumte sogar in den letzten Tagen sehr intensiv. Leider wusste ich nicht mehr was ich geträumt hatte am nächsten Morgen. Heute morgen war der Frühstückstisch schon für uns gedeckt. Bei guter Unterhaltung lies ich mir das Frühstück schmecken um mich anschließend von den Hospitaleros zu verabschieden. Ich lies ihnen ein Spruchkärtchen ziehen. Diese Spruchkärtchen hatte ich dabei für besondere Menschen denen ich auf den Weg begegnen sollte. Die beiden freuten sich darüber und verabschiedeten mich herzlich. Zu meiner Überraschung stand Werner der Belgier schon draußen und wartete auf mich und auch Werner aus dem Hunsrück wollte sich mit mir auf den Weg machen. Er war aber noch nicht fertig. Er bat uns auf ihn zu warten, was wir dann auch machten. Schließlich kam er zurück und sagte, das er trotzdem heute wieder mit Laura gehen würde. Ich sagte zu ihm, das wir uns wiedersehen, der Camino verliert ja schließlich niemanden. Eigentlich wollte ich ja alleine den Weg gehen und hatte nicht erwartet, das jemand mit mir ein Stück des Weg gehen wollte. Eigentlich ja auch kein Problem wenn man mit jemanden ein Stück geht, mit dem man nicht zusammen losgegangen ist. Es ist alles unverbindlich und man kann sich ja wieder trennen und auch später wieder treffen. Es besteht ja keine Verpflichtung jemanden gegenüber. Und doch ist es schön unterwegs von Zeit zu Zeit sich zu unterhalten. Es ist doch etwas anderes wenn man mit jemanden fremden pilgert als mit einem Freund zusammen los zu pilgern, wie ich mit meinem Freund Edgar bei unseren Weg von Zuhause nach Santiago de Compostela und sogar bis ans Ende der Welt. Ich für meinen Teil hatte mir vorgenommen den Weg so zu gehen wie ich es wollte. Wer dann mit mir ein Stück gehen wollte musste sich nach mir richten. Werner war dazu anscheinend bereit um mit mir pilgern zu können. Es war noch etwas dunkel und man musste noch ein ganzes Stück durch Pamplona gehen. In den Städten ist es meist nicht immer angenehm zu gehen und nervt meist etwas. Nach einiger Zeit hatte man die Stadtgrenze erreicht und es ging auf wunderschönene Wegen in den Ort San Andres. Dort hatte ich mit Edgar 2016 übernachtet. Die Herberge erkannte ich gleich wieder, auch die schöne Kirche in diesem Ort erinnerte mich an damals. Irgendwie war es schon komisch. Manches kam einen gleich wieder bekannt vor, anderes wieder hatte man nicht mehr so im Gedächtnis. Nach dieser Ortschaft ging es dann beständig und langanhaltend bergauf. Man merkte den Wind, was sehr angenehm bei der Hitze war. Vor den Augen hatte man schon den Berg mit den vielen Windrädern. Total verschwitzt kamen wir auf diesem Berg, dem Alto Perdon, an und man brauchte eine Windjacke um sich nicht zu erkälten. Dort oben steht das Kunstwerk mit den vielen Metallfiguren, was man auf allen Kalendern die mit dem Jakobsweg zu tun haben findet. Giacomo und seine Freundin waren fast zeitgleich mit mir oben angekommen und wir machten zusammen Erinnerungsfotos. Danach ging es auf einer Geröllpiste einige km bergab. Man musste schon extrem gut aufpassen um hier nicht zu stürzen. Werner hatte beim Bergabgehen einige Probleme und war sehr vorsichtig unterwegs. Ich hingegen hatte dabei eigentlich keine Probleme. Auch einige Radfahren fuhren diese Schotterpiste hinunter und machten dabei keine guten Erfahrungen. Einige standen am Wegrand und hatten einen Platten gefahren. Am Ende des Berges wartete ich auf Werner und wir gingen dann wieder ein Stück des Weges zusammen. Unterwegs hatte ich mir angewöhnt zwischendurch immer wieder mal eine eiskalte Cola zu trinken um den Zuckerhaushalt wieder ins Lot zu bringen. Schon am frühen Nachmittag kam ich in Puente de la Reina an. Die Kirchliche Herberge war am Ortsrand gelegen. Sie hatte ich mir heute als Unterkunft ausgewählt. Beim Ankommen war sie schon recht gut belegt, aber es war kein Problem ein Bett zu bekommen. Nach der allträglichen Routine musste erst mal wieder der Durst gelöscht werden. In einer Bar, die in der Nähe der Kirche gelegen war fand ich mit Werner eine schönen Platz zum sitzen. Hier konnte man die Pilger und Passanten beobachten und den Tag genießen. Werner war es immer wichtig eine W-Lan Verbindung zu haben. Das ging sogar so weit, das er sogar die Bar wechselte, wenn es dort kein W-Lan gab. Diese permanente Ereichbarkeit ist eigentlich nicht der Sinn des Weges, aber Werner wurde regelmäßig nervös, wenn es kein W-Lan gab. Ich machte mich des öfteren mal darüber lustig und sagte, das mein Buch, das ich eines Tages schreiben werde, den Titel tragen wird: Nichts ist Zufall – und nicht überall gibt es W-Lan. Darin würde er dann auch vorkommen. Ich musste dabei an die Begegnung mit einem Hospitalero in Castrojerez 2016 denken, der sagte es würde ihm tierisch aufregen, das die erste Frage der Pilger ist: Habt ihr W-Lan? Und nicht wie früher, habt ihr ein Bett und wann ist Pilgermesse. Ich hatte gerade richtig Hunger, aber die Bar machte erst ab 15.00 Uhr was zu Essen und so blieb nichts anderes übrig als zu warten. Wir bestellten uns eine Vorsuppe und eine Paella, dazu ein eiskaltes Radler. Einfach genial. Nach einiger Zeit kam Marc, ein Belgier, den Werner vor 2 Tagen bereits getroffen hatte zu uns an den Tisch. Gleich darauf kam noch ein älterer Franzose, den Marc kannte und mit dem er zusammen unterwegs war, zu uns an den Tisch. Eine weitere Französin namens Juliett setzte sich auch noch dazu. Eine Ilustre Runde, leider konnte ich mich nicht mit ihnen unterhalten. Es war mittlerweile 17.00 Uhr geworden und plötzlich stand Magdalena vor mir, und sagte das jetzt Pilgermesse sei. Ich entschloss mich mit ihr zu gehen. Die anderen hatten daran keinerlei Interesse. Die Kirche war gleich in der Nähe der Bar. Die Kirche war für einen Sonntagnachmittag relativ gut besucht, vor allem von Pilgern, was mich diesmal überraschte. Ich war froh, das Magdalena mich mitnahm. Am Ende der Messe bat der Pfarrer die Pilger nach vorne und erteilte den Pilgersegen. Dazu bekam jeder ein kleines goldenes Kreuz. Hier spürte man wieder mal die Seele des Camino. Ich wollte mich auf den Rückweg zur Herberge machen und kam an der Bar wieder vorbei. Sie saßen immer noch da, mittlerweile tranken sie alle Sangria. Einige Pilger vertragen schon eine ganze Menge. Zurück in der Herberge sammelte ich zuerst meine trockene Wäsche ein und setzte mich noch etwas in den Garten der Herberge. Heute ging ich recht früh zu Bett.