Diesmal war die Nacht recht unruhig, obwohl wir doch nur 4 Personen im Schlafssal waren. Über mir flog ständig eine surrende Fliege und war nicht zu verjagen. Richtig nervig. Dadurch schlief ich nur sporadisch ein und war nicht wirklich ausgeschlafen am nächsten Morgen. Katharina erging es ebenso. Sie hatte entweder die selbe Fliege über sich oder ihre eigene. Jedenfalls hatte sie auch kein Auge zugetan. Die einzigen die fest schliefen waren die beiden Italienerinnen, sie wurden anscheinend von den Fliegen in Ruhe gelassen. Kurz nach Sonnenaufgang gingen wir an diesem Morgen los, die Italienerinnen schliefen noch tief und fest. Nicht mal jetzt wechselten unsere Fliegen zu ihnen um sie zu ärgern. Das Wetter konnte zum Pilgern eigentlich nicht besser sein. Schon nach ca. 10 km kamen wir gemeinsam in Barcelos, eine der schönsten Orte auf diesem Camino Portugues an. Barcelos ist für seine handgefertigte Töpferkunst bekannt, insbesondere für den Galo de Barcelos – einen farbenfrohen Hahn, der ein inoffizielles Nationalsymbol ist und oft als Symbol für Portugal verwendet wird. Die mittelalterliche, ummauerte Stadt liegt auf einem Hang oberhalb des Flusses Cavado. Nach der Besichtigung der Altstadt verloren Katharina und ich uns aus den Augen. Wir hatten zwar zusammen noch ein gemeinsames Foto gemacht, aber keine Telefonnummern ausgetauscht. Vor der Kirche traf ich noch 3 deutsche Pilger mit denen ich mich kurz austauschte. So setzte ich meinen Weg wieder alleine fort. Nach der Fußgängerzone traf ich auf eine markante Kirche „Bom Jesus“. Ich ging hinein und gerade begann ein Gottesdienst. Kurz entschlossen blieb ich da und feierte den Gottesdienst mit. Man verstand zwar kein Wort, aber der Ritus ist ja gleich. Auch waren noch 2 weitere Pilger mit in der Messe. Der Weg aus der Stadt zog sich noch etwas hin und hier gab es laut Pilgerführer wieder mal 2 Varianten. Ich mag das eigentlich nicht mit den Varianten, denn man muss dann ständig lesen um wieder zurück zum Hauptweg zu finden. Nach einiger Zeit hatte ich es aber geschafft und war am Stadtrand angelangt. Als ich an einer Kirche vorbei ging riefen aus einem nahegelegenen Cafe 3 Pilger mir zu. Ich ging zurück und es waren die 3 deutschen Pilger, die ich schon am Anfang von Barcelos heute früh getroffen hatte. Sie waren sehr sympathisch und wir kamen gleich miteinander ins Gespräch. Es waren Laura und ihr Freund Sebastian aus Köln und Daria aus München, die sich den beiden angeschlossen hatte. Ich ärgerte mich anschließend etwas, das ich ihnen keine Karte mit den Segenswünschen ziehen ließ. Bei Sonnenschein ging es recht flach dahin und ich war schon um 12.30 Uhr in Portela de Tamel. Hier in der Nähe der Kirche gab es eine öffentliche Herberge und ich ging hin zur Kirche die auf einem Hügel lag. Diese war leider geschlossen. Nebenan vor der Herberge saßen eine Frau und 2 Jugendliche. Sie warteten darauf das die Herberge aufmachte. Aber das war erst gegen 14.00 Uhr der Fall. Sie baten mich sich zu ihnen an ihren Tisch und boten mir gleich Obst an zur Stärkung. Die Pilger kamen aus Südafrika und es war nett mit ihnen zu plaudern. Irgendwie passte die Chemie, obwohl mein Englisch immer noch recht holprig war. Nun kam auch noch der Mann dazu. Eine Familie aus Südafrika auf dem Camino. Welch eine lange Anreise um diesen Weg zu gehen. Ich blieb noch eine ganze Weile sitzen und gab ihnen zum Abschied jeweils ein Kärtchen mit den Segenswünschen. Sie konnten zwar kein deutsch aber Google Translate kann ja beim übersetzen helfen. Sie freuten sich so darüber, das sie mich fragten, ob ich nicht doch hier übernachten wolle. Einen kurzen Moment dachte ich, das wäre was für mich. Aber es war ja noch recht früh am Tag und eigentlich wollte ich zur Kultherberge Casa Fernanda in Navio. Von hier waren es noch ca. 10 km. So verabschiedete ich mich von ihnen so herzlich, als wenn wir uns schon Jahre kennen würden, dabei war es nur eine halbe Stunde. So etwas gibt es nur auf dem Camino. Und so setzte ich etwas zweifelnt meinen Weg fort. Auf einem engen Steig neben der Leitplanke einer Straße stolperte ich plötzlich und fiel nach vorne. Zum Glück konnte ich mich etwas abfangen, jedoch schlug ich mir das rechte Knie ziemlich heftig auf, so das es blutete. An einem Brunnen wusch ich die Wunde aus und beim gehen dachte ich nur, „Warum bist du nicht an der Herberge bei den Südafrikaneren geblieben?“ Eine kurze Zeit überlegte ich aufgrund der Verletzung zurück zu gehen, entschloss mich dann aber doch meine heutiges Tagesziel an zu laufen. Alleine lief ich die Strecke nach Navio, was einfach herrlich war. Das Hinweisschild für die Casa Fernanda ist relativ unauffällig angebracht und weist den Weg durch eine Weinlaube hinein in die Herberge. Dort angekommen, wurde ich herzlich von Fernanda, der Herbergsmutter begrüßt. Das Ambiente der Herberge war einfach genial und es erinnerte an viele Kultherbergen vom Camino Frances. Ich fragte nach, ob sie noch ein Bett für mich hätte und sie sagte ja. Ich war erleichtert, waren es doch heute ca. 32 km geworden und das bei der heftigen Hitze. Sonst hätte ich noch weiter laufen müssen. Zu meiner Überraschung war Katharina auch schon da. Wir hatten ja gestern darüber gesprochen, das ich zur Casa Fernanada wollte und sie muss mich wohl überholt haben als ich beim Gottesdienst war. Wir freuten uns, das wir uns wieder gefunden hatten und tauschten nun unsere Handynummern aus. Eine weitere deutsche war auch noch da, Juliane, eine flippige Erzieherin aus Köln. Sie machte auch zum ersten mal den Weg und wollte aber nicht bis Santiago sondern nur bis Tui an die spanische Grenze. Etwas ungewöhnlich. Fernanda war eine Seele von Mensch, Sie brachte Kaffee und Wein und so liesen wir es uns an diesem Nachmittag bei netten Gesprächen gut gehen. Fernanada erzählte, das sich der Camino in den letzten Jahren verändert habe, nicht immer zum positiven, was ich ihr bestätigen konnte. Fernanda erzählte auch, das sie mittlerweile Pilger, die ein überzogenes Anspruchsdenken haben, nicht mehr aufnimmt. Es gab einen großen Schlafsaal und sogar ein Bett draußen auf der Veranda zum übernachten unter dem Sternenhimmel. Katharina wollte das machen, entschied sich dann trotzdem anders. Fernanda hatte ziemlich viele Haustiere. Hunde, Hühner, Katzen und sogar ein Hausschwein. Der Nachmittag verging ziemlich schnell, zumal man ja auch noch duschen und waschen musste. Später kamen dann noch 3 Französinnen, 2 Koreaner und ein italienisches Pärchen, Carla und Salvo, in die Herberge. Als ich Salvo fragte, was er denn beruflich machen würde, wich er erst aus, aber dann sagte er, das er für den Vatikan tätig ist. Ich sagte nur zum Spaß, das er die Nummer 2 nach Franziskus wäre und in der ältesten und größten Firma der Welt arbeiten würde. Das fand er lustig und so hatten wir noch eine regen Austausch. Fernanda hatte mittlerweile das Abendessen für alle in ihrer Küche vorbereitet und wir hatten dort einen der genialsten Abende auf diesem Camino. Der Wein tat sein übriges dazu. Meist kann ich dann am besten Englisch reden. In diesen Herbergen ist es wie nach Hause kommen und man trifft dort meist auch auf die Pilger, die den gleichen Spirit haben. Die anderen meiden zum Glück meist diese Herbergen. Gegen 22.00 Uhr gingen wir dann alle schlafen,
Obrigado und Bom Caminho