112. Etappe von Muxia nach Finisterre

In der Herberge gab es heute früh die Möglichkeit ein kleines Frühstück zu machen. Bereits um 6.00 Uhr machten wir uns in der Dunkelheit auf den Weg nach Finisterre. Die letzte Etappe auf unserem langen Pilgerweg von zu Hause bis ans Ende der Welt. Wahnsinn, wie lange hatten wir auf diesen Tag gewartet und uns bei den Unterhaltingen ausgemalt. Das Tempo das Marianne und Edgar dabei an den Tag legten war schon etwas verrückt. Man hatte das Gefühl man wäre auf der Flucht so schnell liefen sie los. Mir war dies entschieden zu schnell und so hing ich den ganzen Tag immer hinter ihnen. Es hatte auch seinen Vorteil lange alleine zu laufen, so konnte man alles erlebte der vergangenen Wochen nochmal reflektieren. Unterwegs hatte Marianne noch ein etwas unschönes unappetittliches Erlebnis. An einer Bushaltestelle machten wir kurz Rast und stellten unsere Rucksäcke dort ab. In einem unbeobachteten Augenblick schlich ein ziemlich großer Hund um den Rucksack von Marianne und hob dabei das Bein. Anschließend setzte er sich mit einem treuherzigen Blick neben den Rucksack. Wir hatten eine ganze weile zu tun um ihren Rucksack einigermaßen zu säubern und in Folie einzupacken, damit sie damit weitergehen konnte. Gegen Mittag legten wir nochmals eine größere Rast ein. In die kleine Bar kam dann zu meiner Überraschung Engelbert und setzte sich zu uns an den Tresen. Eigentlich wollte er doch den Wintercamino gehen. Er musste aber aufgrund des Busstreiks umdisponieren und er entschloss sich nach Finisterre zu laufen. Mittlerweile war es wieder richtig warm geworden und das laufen fiel gegen Nachmittag schon richtig schwer, denn man hatte dann doch am Ende 30 km in den Beinen. Am frühen Nachmittag erreichten wir dann das Ortsschild von Finisterre. Hier umarmten wir uns, hatten wir doch auf diesen Augenblick lange gewartet. Wir liefen noch ein Stück Richtung Ortszentrum um uns dann eine Herberge zu suchen. Hier gab es jede Menge Herbergen und viele davon waren neu. Wir quardierten uns ein und machten uns auf den Weg zum Kap. Unterwegs machten wir noch mal Rast an einer Bar. Frank kam auch dazu, er war direkt ohne Umweg über Muxia nach Finisterre gelaufen. Wir tranken zusammen ein eisgekühltes Radler als Stärkung für den restlichen Weg ans Ende der Welt. Der Weg dorthin fiel uns allen ziemlich schwer obwohl wir keinen Rucksack bei uns hatten. Man musste ja noch fast 3 Km laufen um an den 0 Km Stein zu kommen. Dort am Stein angekommen schrie ich ein lautes „Ja“ heraus und spielte so laut wie möglich auf dem Smartphone das Lied von den Toten Hosen „An Tagen wie diesen“ ab. Alle die aussen herumstanden schauten etwas verdutzt, aber es musste einfach herausgeschreien werden. Vor dem Stein machten wir natürlich unzählige Bilder und als wir unsere Pilgerpässe zum fotografieren herausholten fragten viele nach von wo aus wir den gepilgert sind. Ein Führer einer Busgruppe stand auch dort und sagte nur zu seinen Leuten – „These are real Pilgrims“ – das sind richtige Pilger, was einem sichtlich stolz machte. Den Tag am Meer hätte man sich wettertechnisch nicht besser ausdenken können. Am Nachmittag waren noch nicht all zu viele Pilger am Kap und man konnte sich in Ruhe auf einen der Felsen setzen und aufs Meer schauen. Das Ende der Pilgerreise am Ende der Welt war gekommen. Wahnsinn welche Gedanken einem durch den Kopf gingen. Emotional ein richtig krasser Moment hier am Meer. Wir stellten am Felsen die gleichen Bilder nach wie 2007 beim erstenmal am Ende der Welt. Edgar und Marianne machten sich etwas eher auf den Rückweg. Frank und ich blieben noch länger an diesem magischen Ort. Auf dem Rückweg gingen wir an der Kirche von Finisterre vorbei um nach zu sehen, ob sie offen war. Leider hatten wir es knapp verpasst. Sie war schon wieder verschlossen. Vor uns lief eine Frau die gerade aus der Kirche kam. Ich sprach sie an, leider konnte sie kein englisch, aber irgendwie konnte sie uns verständlich machen, das heute Abend in der Kirche in der Ortsmitte Gottesdienst ist. In Finisterre konnte man ebenfalls eine Urkunde für den Weg dorthin bekommen, die Fisterra. Auch dieses „Stück Papier“ holten wir uns. Die bekam eigentlich jeder, der sich dort in der Gemeindeherberge meldete, ob er dorthin gelaufen oder gefahren ist. Den Gottesdienst feierten wir dann am Ende unserer Pilgerreise, am Ende der Welt selbstverständlich mit. Die Kirche war komplett voll, absolut ungewöhnlich, waren doch bei den meisten Gottesdiensten die Besucherzahlen überschaubar. Wahrscheinlich lag es daran, das heute der Gottesdienst zu Ehren von San Juan – des Heiligen Johannes des Täufers gefeiert wurde. Am längsten Tag des Jahres kamen wir also in Finisterre an. Für den Abend konnten wir uns irgendwie nicht auf etwas gemeinsames einigen. So trennten wir uns. Edgar ging mit Marianne Abendessen und ich machte mich auf den Weg zum Strand um dort den Sonnenuntergang zu sehen. Auf dem Heimweg setzte ich mich noch in eine Bar und trank diesmal Weißwein anstatt Rotwein, was irgendwie auch seltsam war, hatte ich doch 8 Jahre Rotwein bevorzugt. So endete für jeden von uns der Pilgertag auf unterschiedliche Art und Weise. Als ich zurück zur Herberge kam waren meine Pilgerkollegen alle schon in den Betten und schliefen.

Buen Camino