Die Nacht beim Alchimisten war recht ruhig, denn wir hatten ein 2 Bettzimmer und so wurde man kaum beim Schlafen gestört. Wir standen auch an diesem Sonntagmorgen recht früh auf, das Frühstück machten wir alle gemeinsam, der Alchimist und sein Helfer hatten schon alles vorbereitet. Es gab alles was man halt zu einem guten Frühstück braucht. Da lassen sich die Franzosen sich nichts nachsagen. Alle machten wie üblich ihre Tagespläne. Man plant wie weit man heute gehen will, ob es dann so kommt weis man aber meist nicht, aber das ist ja auch das schöne an diesem Weg. Ein gewisses Tagesziel braucht man schon, denn in Frankreich ist es üblich vorher zu reservieren. Sie mögen es meist nicht wenn man unangemeldet vor der Tür steht. Wir hatten uns für heute keine allzu lange Etappe vorgenommen. Aroue im Herzen des Baskenlandes sollte heute unser Ziel sein. Es waren knapp 19 km, deshalb konnten wir es recht gemütlich angehen lassen. Es war noch recht kalt nach dem gestrigen Regentag. Der erste Weg führte uns in eine Epicerie wo wir etwas Wasser, Brot, Obst und Wurst für unterwegs kaufen wollten. Auf der Straße kamen uns Marlene und Daniel händchenhaltend entgegen und sahen beide sehr verliebt aus. Wir hatten sie seit vorgestern nicht mehr getroffen und wussten nicht, das beide auch in Navarrenx übernachten wollten. Auch das sind Geschichten die der Weg schreibt. Manche finden hier die Liebe ihres Lebens. Den beiden würde ich es wünschen, denn es sind wirklich nette, sympathische junge Leute. Nach einigen kurzen Pausen, bei denen wir dann auch wieder Roger und Florian trafen kamen wir am frühen Nachmittag in Aroue an. Es war eine kleine typische baskische Ortschaft. Sie war um diese Zeit fast menschenleer. Wir liefen durch den Ort und suchten nach unserer Unterkunft, die ich im Internet gebucht hatte. Aber sie war leider nicht auffindbar, und auch war keiner auf der Straße, den man fragen konnte. Am Ortsende mussten wir überlegen, was wir nun machen wollten, weitergehen oder zurück zu einer anderen am Weg gelegenen Unterkunft. Wir beschlossen einfach mal bei einem Haus zu klopfen, nach dem alten Bibelspruch „Klopft an und euch wird aufgetan“ und siehe da es wurde uns geöffnet. Vor uns stand eine ältere Dame und bat uns erstmal ins Wohnzimmer zu gehen. Leider war die Verständigung wie immer recht schwierig, aber mit dem Google Übersetzer auf dem Smartphone konnte man die nötigsten Dinge erklären. Madame La Garde, so hieß die nette Frau machte uns zunächst mal einen Kaffee und so saßen wir an diesem 1. Mai nachmittags beim Kaffeetrinken und wussten wieder mal nicht wie uns geschah. Wir wurden von einer wildfremden Frau mit einer Gastfreundschaft behandelt die ihresgleichen suchte. Sie erklärte uns, dass die Unterkunft die wir suchten nicht mehr existiert. Daraufhin telefonierte sie in die kommunale Herberge, die war aber voll. Nach einem weiteren Kaffee telefonierte sie wieder, diesmal mit einem alten Freund von ihr. Dieser hatte eine Herberge die etwas vor Aroue lag. Wir hatten auf dem Weg die Abzweigung dahin gesehen. Früher ging der Weg direkt an seiner Herberge vorbei. Später verlegte man den Weg und so hatte er natürlich nicht mehr so viele Pilger wie früher. Es dauerte nicht lange und schon stand Marcel, der Betreiber der Herberge im Wohnzimmer. Zunächst musste er natürlich ein längeres Schwätzchen mit seiner Freundin halten, und man hatte den Eindruck, das es beiden willkommen war, das man sich heute mal wieder sah. So gesehen hatten wir sogar noch einen guten Beitrag mit unserer Herbergssuche geleistet. Nach einem weiteren Kaffee verabschiedeten wir uns von Madame La Garde und Marcel brachte uns mit seinem Auto zu Herberge „Bellevue“. Marcel sprach etwas deutsch, da er einige Jahre bei der Armee in Deutschland stationiert war und so konnte man sich gut verständigen. Die Herberge war herrlich am Berg gelegen und man konnte bei diesem Wetter schon die Berge sehen. Im Garten zu sitzen war richtig schön. Wir waren bis jetzt die beiden einzigen Pilger, jedoch kam am späten Nachmittag noch eine Pilgerin hinzu. Es war Gabi, sie kam aus Neuburg an der Donau und war schon eine erfahrene Pilgerin. Am Abend kochten wir in der Küche von Marcel. Die Zutaten konnte man in seiner kleinen Epicerie kaufen. Wir saßen mit Gabi noch lange an diesem Abend zusammen und erzählten von unseren und ihren Erlebnissen auf dem Weg. Zum Abschluss kam noch Marcel mit einem Armagnac, den wir genüsslich als Schlaftrunk zu uns nahmen. Zufrieden und mit einem herrlichen Erlebnis bei der Herbergssuche gingen wir zu Bett.
Bonjour und Buen Camino