Wir standen heute schon recht früh auf und machten uns das Frühstück, das uns Heinz am Tag zuvor gebracht hatte. Dazu einen Pulverkaffee, noch kurz die Herberge aufräumen, man will ja schließlich kein Chaos hinterlassen, und los konnte es gehen auf unsere letzte Etappe auf der Via Gebenensis. Bis Le Puy waren es noch 28 km, als zu den vorangegangenen Etappen geradezu eine Wohltat. Auch waren keine großen Steigungen mehr zu bewältigen, und so gingen wir entspannt auf die letzte Etappe. Dabei kam schon wieder etwas Wehmut auf, waren doch die Tage wie im Fluge vergangen. Auf teils steinigen Wegen ging es unserem Zwischenziel St. Julien Chaptuil entgegen. Das Wetter war wieder sommerlich warm und es war angenehm zu gehen. Leider trafen wir auch heute wieder keinen Pilger auf dem Weg. So kamen wir gegen Mittag am Mont Joie an eine Anhöhe vor Le Puy. Von dort konnte man das Ziel schon erkennen, ähnlich wie in Spanien am Monte de Gozo, den Berg der Freude, von dem man ja auch das Ziel Santiago de Compostela schon sehen kann. Dort machten wir noch ein Erinnerungsfoto und gingen Richtung Le Puy. Am Stadtrand machten wir zunächst im Park unsere Mittagspause und stärkten uns zunächst mal. Der Weg führte uns dann komplett um die ganze Stadt, aber man konnte schon von weiten die beiden Wahrzeichen auf den Vulkankratern erkennen. Auf dem einem Krater die Kapelle St. Michele und auf dem anderen Krater die Statue von Maria „Marie de France“. Sie kündeten schon von weiten den Wallfahrtsort Le Puy an. Aber es war ganz schön lang zu gehen und es zog sich ewig hin, wie es halt bei allen größeren Städten am Jakobsweg der Fall ist. Auf dem Weg wurden wir von einem Deutschen angesprochen. Er erzählte uns, das er den Weg zu Fuß von Stuttgart aus nach Santiago und auch wieder zurück in einem Vierteljahr gegangen ist und jetzt zeigt er seiner Frau alle Sehenswürdigkeiten des Weges. Traumhaft wenn man die Zeit hat dies so zu machen. Wir unterhielten uns eine ganze Zeitlang. Nun führte uns der Weg steil nach oben in die Altstadt wo die Kathedrale ist. Wir holten uns zunächst mal den Pilgerstempel von Le Puy um diesen Zwischenpunkt auch festzuhalten und gingen anschließend in die Kathedrale. Dort blieben wir eine ganze Weile, aber es herrschte geschäftiges Treiben dort, und man musste schon einen ruhigen Ort suchen um etwas dort zur Ruhe zu kommen. Auf dem Weg aus der Kathedrale wurden wir immer wieder als Pilger von Touristen erkannt und angesprochen. Bereitwillig unterhielten wir uns diesmal in einer Mischung aus englisch und deutsch. Schön wenn auch andere am Weg interesiert sind. Gegen frühen Nachmittag machten wir uns dann auf den Weg zu unserer Unterkunft im Le Capucins, es war ein Hotel gekoppelt mit einem Gite Etape. Wir hatten natürlich, wie es sich für Pilger gehört das Gite Etape gestern im voraus gebucht. Zum Glück sprach man dort etwas deutsch. Wir hatten ein 6 Bettzimmer, es waren bereits 3 Betten besetzt, aber nur eine Deutsche war da. Wir kamen so ins Gespräch und erzählten von unserer geplanten Rückreise morgen mit dem Zug. Sie sagte uns, ob wir denn nicht mitbekommen hätten, das in Frankreich morgen Generalstreik der Bahn wäre. Hatten wir nicht, sonst wären wir nicht so überrascht gewesen. Was tun. Wir beschlossen zunächst mal zum Bahnhof zu gehen und dort nachzufragen, hatten aber schon bedenken wegen der Verständigung. Am Bahnhof sahen wir 2 Pilger und sprachen sie an, es waren Didier und sein Sohn Benjamin. Auch sie wollten den Jakobsweg gehen und waren gerade beschäftigt Kleidung zurückzuschicken, hatten doch ihre Rucksäcke ein Gewicht von 22 kg. Beide sprachen englisch und Benjamin sprach sogar deutsch. Er war unsere Rettung und half uns natürlich am Bahnschalter. So erfuhren wir, das wir morgen früh einen Bus nach St. Etienne nehmen können und von dort mit der Bahn nach Lyon kommen würden. Die internationalen Züge würden fahren. So waren wir erst mal erleichtert und Edgar als alter „Spieß“ organisierte ein paar Büchsen Bier, das wir mit unseren „Rettern“ tranken. Dabei hatten wir noch schöne Gespräche. Auch so ist der Camino, wenn du kein Licht mehr siehst am Ende des Tunnels, kommen ein paar Engel, in diesem Fall die beiden Pilger und helfen dir. So konnte wir entspannt zurück zur Unterkunft und duschen. Anschließend ging es in die Altstadt, wo wir ein Restaurant fanden, das ein typisches Pilgermenü mit Linsen, der regionalen Spezialität von Le Puy anboten. Auch die Frau aus unserer Herberge kam hinzu und erzählte uns, das auch sie morgen mit dem Bus mitfährt, so waren wir ja schon zu dritt. Noch einen leckeren Rotwein zum Abschluss im Garten der Herberge und dann ging es ins Bett. Nachts kamen noch 2 Buspilger aus England dazu, die noch im Bett mit Taschenlampe lesen wollten, wir ließen uns davon nicht stören. Schließlich wollten wir um 4.45 Uhr aufstehen, spätestens war dann auch für sie die Nacht zu Ende. Also ausgleichende Gerechtigkeit.
Bonjour und Buen Camino