
Obwohl der Schlafsaal mit 8 Pilgern voll war konnte ich wesentlich besser schlafen als gestern in Bayonne. Ab 6.00 Uhr gab es ein gemeinsames Frühstück und anschließend machten sich alle nach und nach auf den 17 km langen Weg zum Kloster Roncesvalles. Am Morgen war es noch recht kühl und es war angenehm im Gegensatz zu gestern. Ich wollte es nach der negativen Erfahrung des Vortages langsam angehen und hoffte nicht wieder auf so ein Erlebnis wie gestern. Zudem wusste ich, das es nicht mehr so große Steigungen gibt. Lange Zeit lief ich ganz alleine, es war kein Pilger zu sehen und so nach und nach stellte sich das Pilgerfeeling wieder ein. Die Ruhe in den Bergen wurde nur von den Wildpferden und Schafherden unterbrochen. Nach einiger Zeit kam ich an die Marienstatue und verweilte dort einige Zeit. Heute hatte ich weder Muskelkater noch andere Beschwerden und mir wurde klar, das es gestern ein Ausnahmetag war. Zwischenzeitlich traf ich wieder mal Werner aus dem Hunsrück. Wir machten eine gemeinsame Pause und tauschten dabei allerhand Begebenheiten aus. Heute konnten wir schon über den gestrigen Tag wieder lachen. Ein junges Mädchen, Laura aus dem Ruhrgebiet gesellte sich zu uns und wir setzten den Weg dann zu dritt fort. Irgendwann kam der Abstieg nach Roncesvalles und Werner blieb mit Laura etwas zurück. Laura hatte keinerlei Erfahrung mit längeren Wegen und Werner gab ihr einige Tipps für den Abstieg. Ich stellte mittlerweile fest, das ich leichter Bergab als Bergauf ging. Beim Abstieg traf ich auch Magdalena aus Polen wieder und wir gingen den Weg gemeinsam bis zum Kloster. Unterwegs erzählte sie mir, das sie als junges Mädchen 1989 in Monte de Gozo und Santiago de Compostela beim Besuch von Papst Johannes Paul II dabei war. Und jetzt macht sie diesen Camino. Eine Reise in die Vergangenheit. Wir kamen gegen 13.00 Uhr schon am Kloster an und es hatte noch nicht geöffnet. Lelia war bereits mit Jenn, sie kam aus London, vor uns angekommen und beide warteten im Cafe nebenan. Werner und Laura trafen auch ein und sagten, das sie hier nicht übernachten würden, denn sie wären noch so fit um noch etwas weiter zu gehen. Es kam mir schon etwas seltsam vor, am Vortag hatte er die gleichen Probleme wie ich, er musste sich sogar im Gegensatz zu mir die letzten km fahren lassen, und heute hat er die Kraft weiter zu gehen. Schon seltsam. Ich habe ihn davor abgeraten, aber er und Laura waren optimistisch das zu schaffen. Ich für meinen Teil war froh diese Strecke geschafft zu haben und war mir nach diesem Tag sicher, das ich den Weg bis Santiago schaffe. Nach und nach trafen die Pilger ein und ich konnte mir einen Platz im Kloster buchen. Ich kannte ja alles hier und fühlte mich gleich wieder daheim. In der Viererschlafkoje war neben mir Lelia und Werner, ein Belgier. Er sprach deutsch, kam er doch aus der Nähe zur deutschen Grenze. Zunächst war Duschen und Wäschewaschen angesagt und danach etwas relaxen. Zusammen mit Lelia ging ich einen Kaffee trinken und wir konnten uns dabei unterhalten. Ich hatte meinen Caminoengel schon ins Herz geschlossen. Lelia schrieb sehr intensiv Tagebuch und ich meinte nur zu ihr, sie solle mir noch ihr Tagebuch für einen Eintrag überlassen bevor sie mir davonläuft. Ich durfte dann auch gleich etwas persönliches ins Tagebuch schreiben. Wie bereits 2016 gab es das Abendessen im Restaurant La Posada. Hier hatte sich nichts verändert. Beim Abendessen saß ich an einem Tisch mit Lelia, Werner und einigen Italienern, darunter Giacomo und seiner Freundin. Giacomo heißt ja im Italienischen Jakobus, und somit war es sein Weg. Ich grüßte ihn immer besonders, den Jakobus, was ihn immer besonders freute. Nach dem Abendessen war dann Pilgermesse und Pilgersegen in der nebenan gelegenen Kirche. Hier spürte man die Seele des Camino. Ist es das nach was man sucht? Nach dem Gottesdienst war es dann Zeit sich ins Bett zu begeben. Werner aus dem Hunsrück schickte mir ein Whatts App, in der er schrieb, das er in Roncesvalles seinen Personalausweis verloren hätte, und ich sollte mal nachfragen, was ich auch tat. Leider erfolglos. Er tat mir schon leid. Das erste mal auf dem Camino, und dann gleich am zweiten Tag den Ausweis verloren. Denn ohne Personalausweis kommt man ja nicht in die Herbergen. Zum Glück hatte er ihn als Foto auf dem Handy.