10.08.2022 Anreise nach St. Jean pied de Port

Die letzten Tage vor der Abreise waren ganz schön stressig. Sowohl auf der Arbeit, im Pfarrbüro und auch zu Hause wollte alles noch erledigt werden. Ich stresste mich da ganz schön rein, aber es ist doch ein besseres Gefühl, wenn man weis, alles ist so weit vorbereitet und auf den Weg gebracht, so das man beruhigt gehen kann. Und so brachte mich Heike und mein Enkel Anton zum Bahnhof nach Kronach. Beim Abschied war mir schon etwas wehmütig die beiden zurück zu lassen. Anton hatte ich immer wieder mal das Bild gezeigt das mich in Finisterre am Ende der Welt zeigt. Es ist auch mein Startbildschirm auf Handy und PC. Zu Anton sagte ich immer, das wir beide mal dort zusammen hingehen. Es wäre natürlich genial dort mit meinem Enkel an dieser Stelle nach einem Camino zu stehen. Aber das ist noch Wunschdenken. Mit dem 9 Euro Ticket ging es mit der Bahn nach Frankfurt. Dort übernachtete ich in einem kleinen Hotel in der nähe des Bahnhofes um am nächsten morgen den Zug nach Paris zu nehmen. Überpünktlich stand ich am Bahnsteig und wartete auf den Zug. Aber an der Anzeige stand, das der Zug ca. 45 Minuten Verspätung haben würde. Das ging ja schon mal gut los. Fast zeitgleich kam eine Mail der französischen Bahn, das der Zug in Paris eine halbe Stunde Verspätung haben würde. Man musste ja die Bahnhöfe in Paris wechseln, von Paris Est auf Paris Monteparnasse. Dafür war normal 1 Std. 20 Minuten Zeit. Da dachte ich mir, das würde ja dann trotzdem noch passen. Am Bahnsteig stand auch ein junges Mädchen. Sie hatte auf ihrem Rucksack eine Jakobsmuschel und so war zu vermuten, das auch sie auf den Camino gehen würde. Kurzerhand sprach ich sie an und sie bestätigte meine Vermutung. Sie erzählte, das sie schon in Paris war und sich auch mit der Metro auskennt. Zudem sprach sie auch französisch. Wir verabredeten uns, das wir uns auf dem Bahnsteig in Paris treffen um gemeinsam ein Ticket für die Metro zu kaufen. Im Zug ging ich zu den Schaffnern um mir Infos für den Anschlußzug zu holen. Sie schrieben mir auf französisch eine Nachricht aufs Ticket mit der Verspätungszeit. Auch gab es für die Metro keine Tickets im Zug zu kaufen, obwohl es auf der Webseite hies, es gäbe welche. Nachdem der Zug die Verspätung nicht aufholen konnte gingen wir schnellstmöglich zu den Ticketschaltern, und das was uns dort erwartete verschlug uns die Sprache. Bis auf 2 Ticketautomaten waren alle anderen außer Betrieb und vor den beiden anderen endlose Schlangen, so das es keinen Sinn machte sich dort an zu stellen. Also beschlossen wir ein Taxi zu nehmen. Das brauchte aber durch den Pariser Verkehr auch gefühlt eine halbe Ewigkeit. Wir kamen um 12.09 Uhr an und suchten auf der Anzeige nach unseren Zug. Fehlanzeige, der Zug war gerade weg vor unseren Augen, obwohl er planmäßig eigentlich um 12.11 Uhr fahren sollte, und das ohne die angekündigte Verspätung. Mit Lelia, so hieß das junge Mädchen ging ich zum Schalter der französischen Bahn. Zum Glück sprach Lelia perfektes französisch. Dort sagte man uns, das in 2 Stunden nochmal ein Zug nach Bayonne gehen würde, allerdings würden wir keine Platzreservierung im TGV bekommen. Wir dachten uns nichts dabei und warteten gemütlich am Bahnhof auf den Zug. Nach der Ankunft in Bayonne würden wir dann noch den letzten Zug nach St. Jean pied de Port bekommen. Dort hatten sowohl ich als auch Lelia eine Unterkunft gebucht. Meine Unterkunft sollte die gleiche sein wie 2016, die kirchliche Herberge Kaserna. Diese konnte man nur einen Tag vorher buchen. Dankenswerterweise hatte das Andre, mein französischer Freund, für mich erledigt. Es funktioniert eben alles besser wenn man die Sprache spricht, oder man hat jemanden der es kann. Die Zeit verging am Bahnhof nur langsam, aber endlich wurde unser Zug angezeigt. In der Warteschlange trafen wir auf einen anderen Deutschen, der eine ähnliche Verspätung hatte wie wir. Er konnte nicht glauben, das wir ohne Sitzplatzreservierung in den TGV kommen würden. Noch immer dachten wir uns nichts dabei und stiegen im hinteren Teil des Zuges ein, um von dort nach vorne einen freien Sitzplatz zu suchen. Diesen fanden wir auch recht schnell und der Zug fuhr planmäßig los. An der Anzeige erschien dann die Zugnummer 7574. Ich meinte noch zu Lelia, das muss ein Zahlendreher sein, unser Zug hatte doch die Nummer 7547. Aber darunter stand, das der Zug nach Tarbes fährt. Tarbes kannte ich noch, das war in der Nähe von Lourdes, was ja eine ganz andere Richtung ist. Jetzt wurde auch Lelia unsicher. Kein Schaffner war in der Nähe zu sehen, und so beschlossen wir am nächsten Bahnhof auszusteigen, was sich als fataler Fehler erweisen sollte. Nun standen wir irgendwo im Nirgendwo von Frankreich. Am Bahnschalter versuchte Lelia der Dame zu erklären wie das alles zu Stand gekommen ist. Ich bewunderte das junge Mädchen, wie sie diese Situation plausibel erklären konnte. Es stellte sich heraus, das der Zug in Bordeux geteilt wurde, der eine vordere Teil mit der Nummer 7547 wäre nach Bayonne gefahren, der andere hintere Teil mit der Nummer 7574 fuhr nach Tarbes. In diesen wären wir gesessen. Die Frau in Paris hätte uns nur sagen müssen, das wir in den vorderen Teil des Zuges gemusst hätten. Aber so saßen wir jetzt fest. Nach langen suchen, sagte man uns, das es noch ca. 3 Stunden später einen Zug gibt, der nach Bayonne geht. Allerdings würden wir dann erst um 22.00 Uhr dort eintreffen. Keine Chance mehr um nach St. Jean pied de Port zu kommen. Also mussten wir eine Unterkunft in Bayonne suchen. Dort gab es eine Pilgerherberge. Lelia telefonierte mit dieser, und sie hatten für uns auch noch einen Platz. Allerdings sollte diese um 21.00 Uhr schließen, aber die Frau dort sagte, sie würde auf uns warten. Das gibt es nur auf dem Camino, obwohl wir uns noch auf der Anreise befanden. Auch mussten wir unsere Unterkünfte in St. Jean pied de Port absagen. Lelia musste ihr Unterkunft leider bezahlen. Meine Unterkunft in der Kaserna konnte von Andre storniert werden. Ich hatte ja für den nächsten Tag nur die Strecke bis Orisson geplant und wollte dort auch übernachten. Diese hatte ich auch von zuhause aus reserviert. Lelia wollte keine Zwischenstation dort machen, konnte aber aufgrund, das wir erst gegen Mittag des Folgetages in St. Jean pied de Port ankommen sollten, nicht komplett mehr über die Pyrinäen gehen. Sie versuchte in Orisson anzurufen. Nach mehrmaligen Versuchen gelang es ihr auch dort ein Bett zu bekommen. Nun war erstmal alles geregelt und wir hofften, das es jetzt reibungslos nach Bayonne gehen würde. So war es auch dann. Dort angekommen mussten wir per Google Map unsere Herberge suchen. Wir fanden sie recht schnell und bekamen dort auch noch etwas zu Essen und Trinken, hatten wir doch vor lauter Aufregung das ziemlich vernachlässigt. Nun waren wir also in einer Pilgerherberge und angekommen auf dem Camino. Noch stellte sich kein Pilgerfeeling ein, was auf die anstrengende Anreise zurück zu führen war. Nach einem langen Tag fiel ich total erschöpft ins Bett und war froh hier zu sein.